Aus den Kliniken

Weltpremiere: Radiologen des Dresdner Uniklinikums verschließen Blutgefäße mit Mini-Spiralen

20.12.2016 -

Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann vom Institut für Radiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden setzt als weltweit erster Arzt spezielle aus Titan bestehende Minispiralen ein, um Blutgefäße zu verschließen.

Diese mit einem Kern aus Hydro-Gel versehenen Coils nutzt der Experte für interventionelle Radiologie, um Patienten für die Selektive Interne Radio-Therapie (SIRT) vorzubereiten. Das Verschließen bestimmter Gefäße ist notwendig, weil dabei mit radioaktiven Isotopen versehene Partikel per Katheter in die Leber eingeschleust werden. Damit die Isotopen nicht über abzweigende Blutgefäße in andere Organe wie Bachspeicheldrüse oder Magen gelangen, müssen sie verschlossen werden.

Bei dieser speziellen Tumortherapie arbeiten die auf Eingriffe spezialisierten Radiologen eng mit Experten der Nuklearmedizin zusammen. Gemeinsam behandeln sie Patienten, deren Leber von Tumoren oder Metastasen befallen sind und bei denen eine Operation nicht in Frage kommt beziehungsweise eine Chemotherapie nicht die gewünschten Erfolge brachte. Dank der SIRT gewinnen schwerst erkrankte Krebspatienten bis zu zwei Jahren zusätzliche Lebenszeit. Für die komplexe Vorbehandlung, der Voruntersuchungen vorangehen, bedarf es sehr erfahrener Spezialisten. Dies gilt auch für die sehr präzise zu kalkulierenden Dosierung des mit den Partikeln in die Leber eingeschleusten radioaktiven Isotops.

Um das lebensbedrohliche Wachstum von Tumoren beziehungsweise Metastasen in der Leber zu bremsen, werden sie ausgehungert und gleichzeitig bestrahlt. Dazu nutzen die Nuklearmediziner und Radiologen sogenannte Mikrosphären mit einem Durchmesser von 20 bis 40 Mikrometer. Diese winzigen Partikel werden über einen Katheter direkt in die Arterien der Leber in das Organ eingeschleust. Aufgrund ihrer Größe können sie das gesunde Gewebe weitestgehend passieren, verstopfen aber kleinere Blutgefäße der Tumore oder Metastasen und verringern so deren Durchblutung. Dieses Prinzip nennen die Mediziner Embolisation. Gleichzeitig geben die in den Gefäßen steckenbleibenden Mikrosphären radioaktive Strahlung ab, die das kranke Gewebe so stark schädigt, dass es abstirbt. Bei dem dabei verwendeten Isotop handelt sich um den Beta-Strahler Yttrium-90.

Dass mit der SIRT so gezielt Tumore und Metastasen über die Arterien erreicht werden können, liegt an einer anatomischen Besonderheit: Während das gesunde Gewebe der Leber vorrangig über die Pfortader mit Blut versorgt wird, beziehen die krankhaften Wucherungen dies über die sogenannte arterielle Strombahn. Doch von diesen Gefäßen zweigen weitere ab, die zum Beispiel die Bauchspeicheldrüse – Pankreas – und den Magen mit Blut versorgen. Beide Organe würden durch die Isotope stark geschädigt. Um das zu verhindern, bugsieren das von Prof. Ralf-Thorsten Hoffmann geleitete Team der interventionellen Radiologie die neuen Minispiralen in die Abzweige. Für die so teilweise von der Blutversorgung abgeklemmten Organe ist das kein Problem: Deren Blutzufuhr wird auch über andere Arterien sichergestellt.

Dass die feinen, nur 0,4 Millimeter dicken Spiralen die Gefäße zuverlässig verstopfen, liegt auch an einem speziellen Gel im Inneren des Coils. Diese Substanz quillt in der Arterie auf und dichtet sie so ab. Bisher standen den Radiologen nur Coils zu Verfügung, die doppelt so groß waren. Damit konnten kleinere Gefäße auf diese schnellere und schonendere Art nicht verschlossen werden, so dass bisher die SIRT für einen Teil der Patienten nicht in Frage kam. Jedes Jahr wird die Methode gut 100 Mal angewandt. Mit der neuen Mini-Spirale wird sich die Zahl deutlich erhöhen. Zudem können die Radiologen mit den neuen Coils auch innere Blutungen besser als bisher stillen. Die Spezialisten behandeln auf diese Weise rund 80 Fälle jährlich.

Präzise röntgenbasierte Diagnostik und Intervention als Erfolgsbasis

Damit die Partikel wirklich in der Leber bleiben und nicht doch in andere Bereiche des Körpers abwandern, untersuchen die Radiologen im Vorfeld der Therapie die Blutgefäße der Leber. Hierfür nutzen sie ein in den Kreislauf gespritztes Kontrastmittel und können dank angiographischer Aufnahmen Lage und Verlauf der Gefäße sichtbar machen. Wenn die Leber-Arterien zu viele Verbindungen – sogenannte Shunts – zu anderen Blutgefäßen aufweisen, muss auf die SIRT als Therapieoption verzichtet werden. Lediglich bei einer Arterie des Organs, die bei allen Menschen unter anderem auch den Zwölffingerdarm und den Magen versorgt, wird durch einen per Katheter eingebrachten Gefäßverschluss – ein sogenannter Coil – die Blutzufuhr unterbrochen. Für diese beiden Organe bleibt das folgenlos: Sie werden auch über andere Arterien ausreichend mit Blut versorgt. Danach prüfen die Nuklearmediziner mit einer diagnostischen Testsubstanz die spätere Verteilung der Partikel in einem szintigraphischen Bild.

Weitere Untersuchungen mit dem Magnetresonanztomographen (MRT) und der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) geben weitere wichtige Hinweise für die Therapie. Die MRT-Bilder dokumentieren die Größe des Tumors oder der Metastasen. Das Verhältnis zwischen krankem und gesundem Gewebe ist einerseits für die Entscheidung wichtig, ob die SIRT überhaupt in Frage kommt. Andererseits liefern die Daten der MRT dem Nuklearmediziner wichtige Hinweise zur Dosierung des therapeutisch wirksamen Isotops. Die Berechnung der Dosis ist sehr komplex und bedarf großer Erfahrung. Die Entscheidung, Krebspatienten mit der Selektiven Internen Radio-Therapie zu behandeln, fällt im Tumorboard des Universitäts KrebsCentrums. In diesem Gremium diskutieren die Experten aller mit der Behandlung von Krebsleiden befassten Fachgebiete mehrmals wöchentlich die Befunde aller Krebspatienten und entscheiden einvernehmlich über die weiteren Schritte von Diagnostik und Therapie.

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