Bauen, Einrichten & Versorgen

Ganzheitliche Betrachtung für Transparenz und Effizienz

03.11.2015 -

Gerade wenn es um die kostenintensive Planung und Erstellung von Krankenhausimmobilien und deren technische Ausstattung geht, stehen zunächst nur die Investitionskosten im Fokus.

Oft werden die Betriebskosten, die über den gesamten Lebenszyklus hinweg anfallen, von Planer- und Bauherrenseite nicht ausreichend berücksichtigt.

Mit Thomas Hetzel, Inhaber von IGH Ingenieurgesellschaft Hetzel, sprach Insa Lüdtke über seine Erfahrungen im Hinblick auf eine zukunftsfähige technische Infrastruktur im Krankenhaus. Hetzel ist Mitgesellschafter der Zyklu5 Beratungsgesellschaft für Immobilien und Technik, die interdisziplinär alle fünf Lebenszyklusphasen einer Immobilie betrachtet. Zudem ist er Gründungsmitglied der 360Akademie zur ganzheitlichen Weiterentwicklung im Lebenszyklus der Immobilie als Angebot für eigene Mitarbeiter und externe Teilnehmer.

M&K: Wo sehen Sie in der Praxis den größten Handlungsbedarf im Bereich Heizung und Klima im Krankenhaus?

Thomas Hetzel: Erfahrungsgemäß geht es hauptsächlich um drei Themenbereiche: Energieeinsparung, wachsende Anforderungen an die Hygiene und Sicherung einer strukturellen Flexibilität für künftige Anpassungen und Veränderungen.

Der Einsatz von zentralen Dampferzeugern mit zugehörigen, weitverzweigten Netzen etwa ist aus energetischer Sicht nicht mehr zeitgemäß. Hier sollte, wenn möglich, reduziert oder eliminiert werden. Ein weiteres Augenmerk möchte ich im Hinblick auf Hygiene auf die Trinkwassererzeugung und die Verteilung im Gebäude legen. Vielfach sind noch überdimensionierte Warmwasserspeicher im Einsatz, die Warmwasser bevorraten welches auf Temperatur zu halten ist.

Zudem ist ein bestimmungsgemäßer Betrieb einer Trinkwasseranlage, die noch in T-Installation vorhanden ist, nur mit erheblichem Aufwand herzustellen. Dabei handelt es sich um eine Hauptleitung mit einem Abzweig, der bei geschlossener Armatur nicht durchspült wird. Daher müssen nicht regelmäßig benutzte Entnahmestellen alle 72 Stunden für drei Minuten warm und kalt gespült werden bzw. werden automatische Spüleinrichtungen notwendig. Diese Beispiele zeigen, dass heutige Anforderungen der Hygienevorschriften für die Verantwortlichen große Herausforderungen in der Organisation, aber auch monetär darstellen.

Was macht die Herausforderungen im Hinblick auf diese Aspekte aus?

Thomas Hetzel: Krankenhäuser sind bis auf Neubauten der letzten Jahre über viele Jahrzehnte gewachsen und sehr komplexe Großstrukturen. Dazu kommt, das Krankenhaus besteht aus zahlreichen Bereichen mit unterschiedlichen Anforderungen und baulichen Parametern: Vom Zentral-OP, über die Großküche bis hin zum Bettenhaus und eigenem Heizkraftwerk. Die technische Infrastruktur ist also in zweifacher Hinsicht kein einheitliches System, sondern besteht aus einem Stückwerk, entstanden in mehreren Epochen – nicht selten geprägt von isolierten Insellösungen. Aus energetischer Sicht betrachtet ist der Wirkungsgrad oft eine Katastrophe.

Zudem lässt sich der Betrieb vielfach nur mit erheblichem Personalaufwand durch händischen Eingriff in die vorhandenen Strukturen und Netze sicherstellen, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.

Apropos Wartung und Betriebskosten: Worüber sollte sich der Bauherr im Vorfeld Gedanken machen, wenn er seine laufenden Kosten nachhaltig optimieren will?

Thomas Hetzel: Wir empfehlen grundsätzlich den Ansatz der ganzheitlichen Betrachtung der gesamten Immobilie. Neben der Thematik Heizung und Klima gilt es auch, den Bereich der Elektrotechnik wie die Beleuchtung zu betrachten. Zudem sollten die bauphysikalischen Belange wie der Zustand der Fenster, die Dämmung der Fassade und des Daches in Betracht gezogen werden. Dazu führen wir im Rahmen der ganzheitlichen Beratung von Zyklu5 zusammen mit unseren Immobilienexperten und Architekten zunächst Potentialanalysen des Immobilienbestands durch. Die Erfahrung zeigt, dass durch ein strategisches Immobilienkonzept oder eine Neustrukturierung des gesamten Immobilienbestands, Nutzungsflächen entfallen können und damit Betriebskosten künftig erst gar nicht entstehen. Meine Empfehlung ist daher eine ganzheitliche Betrachtung der Immobilie und damit zunächst das Herstellen von Transparenz über z. B. Leistungen der Instandhaltung, Kosten der Instandhaltung, Nutzungsqualitäten, Zuverlässigkeitsgrad, Flächen-verfügbarkeit usw. und damit die Chance am Ende, Investitionen und Wertschöpfung in Einklang zu bringen.

Haustechnik klingt erst einmal „techniklastig“. Könnte die Steuerung den Nutzer, also Klinikpersonal und Patient, im Alltag überfordern?

Thomas Hetzel: Dieser Diskussion sind wir oft ausgesetzt. Die Gebäudeautomation hat einen wesentlichen Einfluss auf die Funktion und Effizienz der Anlagen. Zunächst muss sie sorgfältig geplant und umgesetzt werden. Danach sehen wir für die Technikverantwortlichen eine Phase der Begleitung nach Inbetriebnahme vor. Nur im Dialog können sie an die neue Technik hingeführt werden, und es entsteht ein Verständnis für die Anlage.

Für die Nutzer sollten „Eingriffsmöglichkeiten“ in die Gebäudeautomation gering gehalten werden, also leicht bedienbar bei hohem Automatisierungsgrad. Wir empfehlen grundsätzlich ein Monitoring der Anlagen über einen angemessenen Zeitraum, denn so können Fehlbedienungen erkannt und abgestellt werden. Zusätzlich können betriebs- und nutzungsbedingte Optimierungen einfließen.

Industrie 4.0 ist in aller Munde. Setzen Sie auch im Krankenhaus auf Hightech?

Thomas Hetzel: Durchaus, wir sprechen von intelligenter und selbstlernender Gebäudeautomation. Wir können damit den Verlauf des Verbrauchs aufzeigen und Trends im Sinne eines Forecast erkennen und Anlagen auf den Bedarf anpassen sowie kostspielige Verbrauchsspitzen kappen. Für den ordnungsgemäßen, sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der kompletten Technik ist allerdings eine Gebäudeleittechnik mit offenen, genormten Schnittstellen zu verschiedensten Herstellern unumgänglich.

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