Labor & Diagnostik

Behandlungskosten mittels IT-Behandlungspfaden ermitteln

06.11.2015 -

Die Notaufnahme des Zollernalb Klinikum Balingen ermittelt mit Hilfe von elektronischen Behandlungspfaden reale Behandlungskosten.

Notaufnahmen in der Bundesrepublik Deutschland sind mit stark steigenden Patientenzahlen konfrontiert. Hier werden nicht nur schwere Notfälle wie Verletzungen durch Verkehrsunfälle, Apoplexe oder Myokardinfarkte behandelt, sondern immer mehr Patienten sehen die Notaufnahme als Anlaufstelle bei kleinen Problemen, wenn beispielsweise ihre ambulante Arztpraxis geschlossen hat oder sie zu lange auf einen Termin warten müssen. Eine Notaufnahme bekommt für die Behandlung eines ambulanten Patienten durchschnittlich zwischen 29 und 32 € erstattet. Dass die Kosten für die Behandlung eines ambulanten Patienten jedoch weitaus höher sind, wird schon lange vermutet. Im Februar 2015 konnte diese Annahme durch das „Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus“, welches von der Management Consult Kestermann GmbH (MCK) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) erstellt worden war, bestätigt werden.

Auch die interdisziplinäre Notaufnahme des Zollernalb Klinikum Balingen, welche ihre Behandlungsprozesse effizient strukturiert hat, ist von diesem Kosten-Erlös-Unterschied betroffen. Die baden-württembergische Klinik ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung und verfügt über rd. 260 Betten. In der Notfallambulanz finden jährlich über 33.500 Patientenkontakte statt – Tendenz stark steigend.

Mit Attributen zu realen Behandlungskosten

Die Frage, wie hoch die Behandlungskosten eines Patienten in der Notaufnahme tatsächlich sind, führte im September 2014 zu einem hausinternen Projekt zur Prozesskostenberechnung. Das Ziel des Projektteams war es, mit Hilfe des seit ca. drei Jahren in der Notaufnahme etablierten Notaufnahme-Informationssystems ERPath die tatsächlichen Kosten, die ein Patient in der Notaufnahme verursacht, mit Hilfe von elektronischen Behandlungspfaden abzubilden. Die Behandlungspfade bzw. Behandlungsleitlinien unterstützen in der Notaufnahme des Zollernalb Klinikum Balingen die Patientenversorgung, wodurch eine standardisierte und qualitativ hochwertige Behandlung und Dokumentation jederzeit gewährleistet werden kann.

Diese Behandlungspfade, welche allgemein gültige oder hausinterne Verfahrensanweisungen abbilden, setzen sich aus entsprechenden Behandlungs-pfadschritten zusammen und werden im Notaufnahme-Informationssystem als Checkliste abgebildet. Die Checkliste bietet, neben der Dokumentation und Abrechnungsunterstützung, die Möglichkeit zur Kostenerhebung, indem an jeden Pfadschritt ein sog. Attribut verknüpft werden kann. Ein Attribut kann z. B. eine Leistungskennziffer, wie eine GOÄ- oder EBM-Ziffer, sein oder aus Sicht der Prozesskostenrechnung ein Zeitwert, wie viel Minuten ein Arzt oder eine Pflegekraft zur Erledigung für einen Pfadschritt benötigt, wie auch ein Mengenwert zum Materialverbrauch. Wird ein Pfadschritt mit einem hinterlegten Attribut „abgearbeitet“, wird der dem Attribut hinterlegte Wert automatisch gespeichert.

Durchführung und Ergebnisse der Prozesskostenberechnung

Das Team der Notaufnahme führte von Oktober 2014 bis März 2015 die Prozesskostenrechnung anhand eines internistischen Beschwerdebildes (Unwohlsein beim Erwachsenen) durch, indem Mitarbeiter die Personalzeiten und den Ressourcenverbrauch für jeden Behandlungsschritt des Krankheitsbildes im Realbetrieb ermittelten und mit Hilfe der Attributfunktion dem entsprechenden Pfadschritt hinterlegten. So errechnete das Team Behandlungskosten für die Versorgung eines Patienten entsprechend des gesamten Behandlungspfads in Höhe von ca. 89 €. Jedoch ist die Behandlung eines Patienten nicht immer gleich umfangreich, und nicht alle Behandlungsschritte müssen bei einem Patienten durchgeführt werden. Oder aber es müssen ggf. sogar mehr Behandlungsschritte angesetzt werden, um den Patienten bestmöglich zu versorgen. So konnten die realen Behandlungskosten anhand der für eine Patientenbehandlung hinterlegten Attribute errechnet werden. Die tatsächlichen Kosten der betrachteten Patienten lagen in Höhe zwischen 29 bis 78 €.

Durch dieses Projekt hat es die Notaufnahme des Zollernalb Klinikum Balingen geschafft, mit Hilfe einer technologischen Möglichkeit eine höhere Kostentransparenz für ausgewählte Behandlungsmaßnahmen zu schaffen. Die Behandlungspfade führten zu einer deutlichen Verkürzung der Aufenthaltsdauer sowie zu einer effizienteren Kommunikation zwischen den Teammitgliedern, wie beispielsweise bei der Schichtwechselübergabe oder als schnelle Orientierungshilfe für jüngere Kollegen.

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