IT & Kommunikation

Archivierung und Dokumentation: Nicht nur Prüfungen durch den MDK gewappnet

28.03.2017 -

Das Thema Archivierung und Dokumentation bleibt aktuell. M&K sprach mit Dr. Carl Dujat, Leiter der GMDS-AG „Archivierung von Krankenunterlagen“, nach dem Treffen der GMDS-Arbeitsgruppe „Archivierung von Krankenunterlagen“. Der Leiter der Arbeitsgruppe berichtet über neue Herausforderungen.

M&K: Archivierung und Dokumentation werden auch bei der diesjährigen conhIT thematisiert. Was ist an diesem Thema sexy?

Dr. Carl Dujat: Nun, das Thema ist nicht unbedingt „sexy“ für die Krankenhäuser, sondern seit jeher eine „Notwendigkeit“. Insbesondere durch die neuen und verschärften Regularien der Prüfverfahrensvereinbarung zur Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sind die Anforderungen an eine zeitnahe Dokumentation, lückenlose Verfügbarkeit und revisionssichere Archivierung von Patientenunterlagen gestiegen.

Welche neuen Anforderungen kommen auf die Archivierung der Krankenhäuser durch die Vernetzung ärztlicher Fachgruppen zu?

Dr. Carl Dujat: Das kann man noch nicht eindeutig beurteilen. Auch hier sind aber Geschwindigkeit und Optimierung im vernetzten Behandlungsprozess gefragt. Man muss davon ausgehen, dass sowohl Ärzte als auch Patienten zukünftig ihre digitalen Akten unmittelbar dann haben wollen, wenn die Entlassung oder das Ende der Behandlung ansteht bzw. erfolgt ist.

Wie gut sind deutsche Krankenhäuser hier aufgestellt?

Dr. Carl Dujat: Grundsätzlich fehlen in mindestens 50 % der deutschen Krankenhäuser noch die IT-Strukturen und -Lösungen, um in vernetzten Umgebungen und interoperabel mit Partnern wie Ärzten zu kommunizieren. Der Markt entwickelt sich hier aber rapide weiter. Viele großen Kliniken und Krankenhausverbünde haben erkannt, dass sie hier investieren müssen, um lokale und regionale Partner zu binden und zu gewinnen.

Seit Herbst 2016 haben Patienten, die mindestens drei Medikamente einnehmen, ein Anrecht auf einen standardisierten Medikationsplan. Wie verändert dies die Anforderungen an die Archivierung?

Dr. Carl Dujat: Der Medikationsplan gehört sicherlich zu denjenigen Dokumenten, welche revisionssicher und langzeitstabil zu archivieren sind. Die Anforderungen sind hier aber – technisch gesehen – dieselben wie bei einem Arztbrief oder Befund: Das Dokument ist nachvollziehbar mit einer Änderungshistorie, einer unveränderlich archivierten (End-)Version (z. B. im PDF-Format) und ggf. versehen mit einer Signatur des erstellenden Arztes zu speichern.

Das Universitätsklinikum Jena scheint hier führend zu sein. Nicht umsonst fanden die GMDS-Archivtage in 2016 dort statt. Wie sehen Sie die Möglichkeiten auch bei anderen Krankenhäusern?

Dr. Carl Dujat: Das UK Jena gehört sicherlich zu denjenigen Krankenhäusern, welche bei der Archivierungslösung schon auf neue Standards wie IHE und Interoperabilität setzen. Man muss allerdings auch bedenken, dass das UK Jena erst relativ spät in die digitale Archivierung eingestiegen ist und daher bei der Konzeption seiner Lösung auf aktuelle und schon weiter entwickelte Produkte zurückgreifen konnte. Es gibt eine Reihe von Krankenhäusern (ca. 50 % Prozent), welche bereits in den letzten 15 Jahren auf die digitale Archivierung gesetzt haben, auch mit z. T. proprietären Lösungen. Grundsätzlich kann man hier aber sehr positiv in die Zukunft blicken, was die weitere Verbreitung digitaler Akten angeht.

Auch die neuen Anforderungen an die Dokumentation der Aufklärung von Patienten können neue Herausforderungen bringen. Wie sollten Krankenhäuser darauf reagieren?

Dr. Carl Dujat: Hier kommen dieselben Argumente wie beim Medikationsplan zum Tragen, mit einem wichtigen Unterschied: Den Aufklärungsbogen muss auch der Patient unterschreiben. Hier gibt es noch immensen Nachholbedarf bei der digitalen Signatur, u. a. weil die neue EGK eine Signaturfunktion nur als „Option“ enthält und die meisten Patienten somit keine eigene digitale Signatur besitzen. Die momentan entwickelten und durchaus Erfolg versprechenden Verfahren setzen daher eher auf mobile und biometrische Signaturen im Rahmen des Aufklärungsprozesses, z. B. über Tablets, iPads und andere mobile Medien.

Gibt es weitere Auswirkungen beispielsweise des E-Health-Gesetzes, die aus Ihrer Sicht im Zusammenhang mit der Archivierung relevant sind?

Dr. Carl Dujat: Grundsätzlich wird durch das E-Health-Gesetz ja festgeschrieben, dass jeder Patient Anspruch auf eine (im Zweifel auch druckbare) elek­tronische Patientenakte hat. Dies ist nur möglich mit einer digitalen Archivierungslösung.

Immer wieder wird über einen Investitionsstau in deutschen Krankenhäusern diskutiert. Diese müssen also priorisieren. Wie könnte eine solche Prioritätenliste in Sache Archivierung aussehen?

Dr. Carl Dujat: Hier würde ich nicht ganz so schwarzsehen, denn mittlerweile haben deutlich mehr als 50 % der deutschen Krankenhäuser eine digitale Archivierungslösung im Einsatz. Das zeigt, dass das Thema auch in den Geschäftsführungen und Budgetplanungen angekommen ist. Wenn ich Prioritäten setzen würde, dann weniger bei der Archivierung selbst, sondern bei der Vermeidung von Papier in den originären Dokumentationsprozessen. So kommt man mittelfristig weg von (teuren) Scanprozessen und hin zu originär digital verfügbaren Dokumenten.

Die rechtssichere Langzeitarchivierung scheint immer noch problematisch zu sein. Wann ist diese wirklich sinnvoll und wie viel muss eine Einrichtung investieren, um dies zu erreichen?

Dr. Carl Dujat: Die Problematik liegt nach wie vor darin, dass niemand exakt vorhersagen kann, ob die heutigen digitalen Verfahren wirklich 30 Jahre überdauern bzw. wie die Migrationsprozesse aussehen müssen. Früher hatten wir den Mikrofilm, der als analoges Medium bis zu hundert Jahren Les- und Haltbarkeit garantiert hat. Zu den Kosten lässt sich sagen, dass die digitale Langzeitarchivierung heute nicht teurer ist als ein Mikrofilm-Bild in den früheren Jahren. Dies liegt natürlich auch daran, dass digitale Speichermedien zunehmend performanter und gleichzeitig günstiger werden.

Wann sollte eine Archivierung IHE-kompatibel sein?

Dr. Carl Dujat: Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn ich mich als Gesundheitsversorger mit anderen Partnern vernetzen will und muss. Derzeit bietet nur IHE die Möglichkeit eines standardisierten und langzeitstabilen Dokumentenaustausches zu gemeinsamen Patienten sowie deren sichere und wiederauffindbare Verwaltung.

Muss diese wirklich rechtssicher sein?

Dr. Carl Dujat: Nach dem derzeitigen Stand der rechtlichen Grundlagen: eindeutig ja. Es sei denn, ich kann es mir als Krankenhaus leisten, doppelte Strukturen vorzuhalten.

Welche Entwicklungen sind jenseits von IHE wichtig?

Dr. Carl Dujat: Hier sehe ich vor allem die aktuellen europäischen Entwicklungen zum Datenschutz und zu den Signaturverfahren: Durch die hier anstehenden Vereinheitlichungen werden sich auch im deutschen Gesundheitswesen einfachere und standardisierte Lösungen etablieren. Dies wird u. a. dazu führen, was ich sehr begrüße, dass die von den Herstellern anzubietenden Softwarelösungen nicht mehr „national proprietär“, sondern international einsetzbar und damit attraktiver und günstiger werden.

 

Zur Person

Dr. Carl Dujat ist Leiter der GMDS-AG „Archivierung von Krankenunterlagen“, Caretaker „Archivierung“ bei IHE Deutschland und erster stellv. Vorsitzender des „Competence Centers für die Elektronische Signatur im Gesundheitswesen“ (CCESigG). Dujat ist zudem Vorsitzender des Vorstands der promedtheus.

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