Gesundheitsökonomie

Auf dem Weg zum Gesundheitspark Eppendorf

07.07.2010 -

„Solidarität im Gesundheitswesen ist kein veraltetes Prinzip, sondern Grundwert einer humanen Gesellschaft", ist Prof. Dr. Jörg F. Debatin, Chef des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) überzeugt. Nur in einer intakten Gesundheitslandschaft lässt sich dieses Prinzip umsetzen.
Ihm und seiner Führungsriege gelang, was die Basis für gemeinwohlorientierte Handeln ausmacht: Er führte das UKE in 6Jahren aus den roten Zahlen zur schwarzen Null. Und das in schwierigem Klima, gekennzeichnet von Konvergenzphase, Ausgabensteigerungen, schlechter Arbeitsmarktlage und der weltumspannenden Wirtschaftskrise.

Mit dem Ziel vor Augen, aus dem UKE einen „Gesundheitspark Eppendorf" zu entwickeln und mit einer Mitarbeiterschaft, die bereit ist, mitzutun, entstand aus visionärem Denken ein baulicher Masterplan für Forschung, Lehre und Krankenversorgung den man Schritt für Schritt in nur fünf Jahren umsetzte. Er fand mit der Einweihung des neuen UKE im Dezember 2008 sicherlich seinen Höhepunkt.

Technisch, personell und infrastrukturell hervorragend ausgestattet sowie europaweit konkurrenzfähig, bietet damit das neue UKE als wesentlicher Teil des „Gesundheitsparks Eppendorf" die Chance, Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Ein weiterer Teil beschreibt Gesundheitsdienstleistungen, die der Patient auf dem UKE-Gelände wird nutzen können: So entstand bereits eine Facharztklinik mit ca. 80 Ärzten verschiedenster Disziplinen. Ende Mai wurde mit dem Bau eines Vier-Sterne-Hotels der Dorint Hotel & Resorts begonnen. So wird die Brücke zwischen sozialem Denken und ökonomischen Herausforderungen immer stabiler.

So bietet das Uniklinikum mit der UKE Consult und Management GmbH - kurz UCM -Beratungsleistungen an, die sich aus dem Know how aus der eigenen strategischen Neuausrichtung rekrutieren.

Ulrike Hoffrichter: Welche Richtung sollte die Politik einschlagen, damit zum einen das solidarische Gesundheitssystem gestärkt wird, zum anderen die Leistungserbringer ihr unternehmerisches Denken festigen können?

Prof. Dr. Jörg F. Debatin: Solidarität der Gesunden mit den Kranken muss die stabile Grundlage unseres Gesundheitssystems bleiben. Denn schließlich gilt für mich als Arzt, dass ich jeden hilfesuchenden Patienten gleich behandeln möchte. Da der Ausgleich zwischen arm und reich nicht Aufgabe des Gesundheitssystems ist, bedeutet das eine Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnnebenkosten bei gleichzeitiger Organisation des notwendigen Sozialausgleiches über Steuermittel. Darüber hinaus tut die Politik gut daran, den bereits vor einigen Jahren eingeschlagenen Weg, hin zu mehr Wettbewerb und Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen fortzusetzen. Aufgrund des Wettbewerbs, insbesondere im Krankenhauswesen und der damit einhergehenden Möglichkeit, dass Patienten sich zwischen verschiedenen Krankenhäusern frei entscheiden können, ist die Medizin ein erhebliches Stück besser geworden.

Nicht nur mit dem Belegkrankenhaus, in dem sich etwa 80 Fachärzte engagieren, beschritt das UKE einen ungewöhnlichen Weg; auch mit dem Bau des Vier-Sterne-Hotels wird dieser Weg fortgesetzt. Wie könnte das UKE in 10 Jahren aussehen, wenn diesem Weg weiter gefolgt würde. (Hintergrund der Frage: Was gehört weiterhin zu einem Krankenhaus/ zum UKE der Zukunft? Was soll des Weiteren zum Gesundheitspark Eppendorf gehören)

Als Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf konzentrieren wir uns auf das, worin wir gut sind. Unter Motto heißt schon längst nicht mehr „Wir können und machen alles"; vielmehr sagen wir heute, „Was wir machen, machen wir besser als die Anderen". Als UKE konzentrieren wir uns auf die Behandlung komplexer Behandlungen, bei denen wir unsere Stärke, die fach- und berufsübergreifende Zusammenarbeit in besonderer Weise ausspielen können. Dies gelingt beispielsweise in ganz hervorragender Weise in unserem Hubertus-Wald-Tumor-Zentrum, das aufgrund der dort praktizierten, sehr intensiven fachübergreifenden Zusammenarbeit, erst kürzlich von der Deutschen Krebshilfe als Onkologisches Spitzenzentrum ausgezeichnet wurde. Um das UKE herum versuchen wir auf unserem Gelände andere Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen anzusiedeln. Gelungen ist dies mit der Facharztklinik Hamburg, einer der größten Belegarztkliniken in Deutschland mit über 80 Ärzten, die dort hervorragende Medizin für weniger schwer erkrankte Patienten anbieten. Auch sind wir sehr froh, dass das Reha-Centrum Hamburg auf unseren Campus gezogen ist, um ambulante, teilstationäre und stationäre Rehaleistungen für Patienten nach deren stationärer Entlassung anzubieten. Wir wünschen uns weitere Ergänzungen hin zu einem tatsächlichen Gesundheitspark, wo Patienten die gesamte Palette der Gesundheitsdienstleistungen, von der Behandlung einer Grippe bis hin zur Organtransplantation und der sich anschließenden Rehabilitation in höchster Qualität erhalten können.

Wie passt das Hotel in das Gesamtkonzept des Gesundheitsparks?

Debatin: Aufgrund des stark überregionalen Einzugsgebietes unseres Universitätsklinikums haben bereits heute über 40% der Patienten einen Anfahrtsweg von über 30 km. Für Freunde und Angehörige, die diese Patienten besuchen, wird das Hotel eine willkommene Möglichkeit für Übernachtungen bieten. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass auch Menschen vor und nach ihrer stationären Behandlung in unserem Universitätsklinikum gerne die eine oder andere Nacht in dem Hotel auf unserem Gelände verbringen werden. Dabei war uns allerdings immer wichtig hervorzuheben, dass es sich hier nicht um ein sogenanntes ‚Patientenhotel' handelt, in dem Patienten auch gepflegt werden. Pflege während des stationären Aufenthaltes sehen wir ähnlich wie die ärztlichen Behandlungen als unsere Kernkompetenz und werden sie deshalb nicht auslagern. Schließlich wertet ein Hotel das Fortbildungs- und Kongressprogramm auf unserem Campus auf.

Welche „Winde" könnte der Entwicklung des UKE entgegenwehen und den Weg erschweren? Welche fürchten Sie am meisten?

Debatin: Das UKE ist auf einem guten Weg. Der harte Sanierungskurs, den wir im Jahr 2004 begonnen haben, war erfolgreich. Stadt und Senat sind stolz auf das, was wir erreicht haben und deshalb gibt es in Hamburg keine Planspiele für eine Privatisierung, wie wir sie an einigen Standorten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft erleben. Allerdings ist klar, dass wir auch in Zukunft Investitionsmittel benötigen. Ohne sie würde das UKE auch rasch wieder verfallen und die beeindruckende Leistungsbilanz in Krankenversorgung, Forschung und Lehre stagnieren und sich vielleicht sogar zurück entwickeln.

Wie ist der Spagat zwischen Ausgabensteigerungen, Sparzwängen und Investitionsstaus auf der einen und Investitionen auf der anderen Seite zu meistern?

Debatin: Auch die Gesundheitswirtschaft muss sich in Zukunft hin zu mehr Effizienz und Produktivität entwickeln. Da können wir von anderen Wirtschaftszweigen durchaus lernen. Prozessorientierung, bessere Organisation und bedarfsgerechtere Ausbildung sind Schlagworte, die wir auch im Krankenhauswesen noch besser umsetzen müssen. Allerdings können wir von anderen Wirtschaftsbereichen auch lernen, dass es ohne Investitionen nicht geht. Aus diesem Grund brauchen wir eine verlässliche Investitionskostenabsicherung. Dieses geht nach meiner festen Überzeugung nur in einem monistischen System. Ähnlich wie im niedergelassenen Bereich müssen auch die Leistungen im Krankenhaus so kalkuliert und bezahlt werden, dass Abschreibungen auf Gebäude und Geräte möglich sind und wir damit den Anschluss an Modernität gerade im Hochleistungsbereich nicht verlieren.

Das UKE nutzt die vorhandenen Möglichkeiten, um Geld- und Fördermittel zu beschaffen oder um Einnahmen zu generieren. Auch hier hat das UKE oft „die Nase vorn", setzt frühzeitig Ideen um: Ich denke z.B. an die bereits im Januar 2008 gegründete eigene Stabsstelle Födererbetreuung und Fundraising, die u.a. die Spender der insgesamt ca. 2 Mio. € Spenden (2008) betreut. Bitte erläutern Sie kurz.

Nach der rechtlichen Verselbstständigung unseres Universitätsklinikums im Jahr 2002 mussten wir uns in sehr kurzer Zeit von einer Behörde zu einem Unternehmen entwickeln. Dabei kommt der Analyse der Rahmenbedingungen eine ganz zentrale Bedeutung zu. In Hamburg sind wir ausgesprochen stolz darauf, in der ‚Stiftungshauptstadt Deutschlands' zu leben. Da war es naheliegend, das Thema Fundraising weniger dem Zufall zu überlassen und es mit einer gezielten Betreuung zu professionalisieren. Wenn die Inhalte stimmen, sind die Menschen bereit, sich für den guten Zweck zu engagieren. Unser größtes diesbezügliches Projekt ist die hälftige Finanzierung unserer Kinderklinik über Spenden. Bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 40 Mio. € ist es unser Ziel 20 Mio. € über Stifter und Förderer zu generieren. Ich bin außerordentlich stolz darauf, dass es gelungen ist, diesem Ziel schon sehr nahe zu kommen.


Zur Person
Prof. Debatin ist verheiratet und Vater von vier Söhnen. Geboren 1961 in Bonn, studierte er Humanmedizin in Heidelberg bevor er seine Facharztausbildung an der Duke University Medical Center sowie an der Stanford University machte. 1993 wurde er Leitender Oberarzt am Universitätsspital Zürich.
Doch damit nicht genug: 1986 - 1998 erwarb er berufsbegleitend den Executive MBA an der Hochschule St. Gallen. Im August 1999 hatte er den Lehrstuhl für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Essen inne.
Seit Oktober 2003 führt er als Ärztlicher Direktor das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Als Mitglied im Bundesvorstand des Wirtschaftsrates Deutschland mit den Schwerpunkten Gesundheitswirtschaft, Wissenschaftsmanagement sowie Forschung und Innovation ist er seit April 2006 tätig.

Kontakt

UKE Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistr. 52
20251 Hamburg

+49 40 7410-54768
+49 40 7410 54932

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