Gesundheitsökonomie

Bürokratie gefährdet die Versorgung

23.01.2020 -

Die jüngste Studie des Marburger Bundes zur Arbeitsbelastung von Krankenhausärzten macht deutlich, dass die den Krankenhäusern von außen aufgebürdete Bürokratie ein maßgeblicher Belastungsfaktor für die Arbeit der Ärzte ist. Die Tatsache, dass noch nie so viele Ärzte in Krankenhäusern beschäftigt waren wie heute und trotzdem Stellen nicht besetzt werden können, verdeutlicht, dass die Politik durch mehr Studienplätze und konsequenten Bürokratieabbau der erste Adressat dieser Studie sein muss. 60 Prozent der Ärzte müssen pro Tag mindestens drei Stunden für Bürokratie aufwenden, 35 Prozent sogar vier Stunden und mehr. Noch 2013 gaben gerade acht Prozent an, mehr als drei Stunden für Verwaltungsarbeit aufwenden zu müssen. 

„Es sind oft sinnlose Bürokratiearbeiten, die die Ärzte von ihrer eigentlichen Arbeit am Patienten abhalten. In zwei Millionen von 20 Mlo. Fällen lösen MDK-Prüfungen Rechtfertigungsbürokratie aus“, erklärt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft Georg Baum. Würde es gelingen, nur die drei Stunden Bürokratiearbeit der 60% zu halbieren, hätten wir die Arbeitskraft von 3750 vollzeitbeschäftigten Ärzten mehr zur Verfügung, so Baum.

Derzeit müssen 3500 Arztstellen aufgrund von Personalmangel unbesetzt bleiben. „Es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Bürokratieaufwand steigt in rasender Geschwindigkeit ins Unermessliche. Die Politik muss jetzt entschieden gegensteuern. Und die Krankenkassen müssen zur Vernunft kommen. Überzogene Dokumentation und Kontrollen gefährden die Versorgung. Wir benötigen entschiedene Reformen, Ziel muss es sein, den Bürokratieaufwand um die Hälfte zu reduzieren“, sagt Baum.

Dass trotz deutlich gestiegener Zahl der Ärzte die Arbeitsbelastung hoch ist, liegt auch an der künstlichen Verknappung durch überzogene Regulierung. Durch immer mehr Personalvorgaben in einzelnen Leistungsbereichen, einer Ausweitung der Anwesenheiten statt telefonischem Bereitschaftsdienst, werden die Arbeitskapazitäten immer mehr künstlich verknappt. Auch für diese Entwicklung ist die Gesetzgebung verantwortlich. Die regulative Last in Krankenhäusern nimmt enorm zu.

Die Krankenhäuser haben in den vergangenen Jahren massiv ärztliches und pflegerisches Personal eingestellt und damit für einen deutlichen Zuwachs in den Kliniken gesorgt. Zwischen 2007 und 2017 ist die Zahl der ärztlichen Vollzeitstellen von 126.000 auf 161.000 gestiegen. Damit verzeichnet diese Berufsgruppe den stärksten Zuwachs. Auch das Arzt-Patient-Verhältnis hat sich stark verbessert: Von 136 auf 120 Patienten pro Vollzeitarzt. Einzig die Verfügbarkeit der Fachkräfte bremst diese Entwicklung. Der Arbeitsmarkt ist praktisch leergefegt. „Die Politik muss den eklatanten Fachkräftemangel angehen. Wir brauchen schnelle aber auch langfristige Lösungen, um die Patientenversorgung weiterhin zu sichern. Es kann nicht sein, dass weiterhin Jahr für Jahr tausende Bewerber an den medizinischen Fakultäten aufgrund zu geringer Kapazitäten abgelehnt werden, während der Ärztemangel immer spürbarer wird. Wir brauchen dringend deutlich mehr Studienplätze“, so Baum.  

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Vorwürfe gegen die Kliniken ins Leere zielen. Die politischen  Versäumnisse können nicht den Krankenhausträgern angelastet werden. „Hinzu kommt, dass vor allem jüngere Mediziner natürlich auch durch die am Arbeitsplatz stattfindende Weiterbildung eine Mehrbelastung haben. Dieses Engagement wirkt sich aber im weiteren beruflichen Leben positiv aus. Auch daher sehen die vom MB selber geschlossen Tarifverträge eine Ausweitung der wöchentlichen Arbeitsstunden auf 58 Stunden vor", so Baum. Klar sei auch, dass die Kliniken zunehmend auf die neuen Bedürfnisse der Ärzte eingehen müssen. Die Tendenz zu Teilzeit und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf seien zentrale Herausforderungen für die Krankenhäuser.

 

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