IT & Kommunikation

ZMS baut mobiles Krankenhaus für saudische Nationalgarde

09.09.2015 -

Der Aufbau eines Datennetzes für mobile Anlagen stellt besondere Anforderungen an Planung und Verlegung. Wie profitiert der Bau moderner Rechenzentren von den Erfahrungen mit einem mobilen Krankenhaus.

Das Krankenhaus mit sehr hohem technischen Standard ist das King Fahad National Guard Hospital in Riad, Saudi-Arabien. Dasselbe Qualitätsniveau forderte die saudische Nationalgarde auch für ihr neues mobiles Hospital, das im Januar 2014 fertiggestellt wurde. Mit einer nominellen Kapazität von 40 regulären Patientenbetten, acht Intensivbetten und einer Isolationsstation mit drei Betten übernimmt das mobile Krankenhaus verschiedene Funktionen. Es dient als medizinische Begleitung, wenn der König auf Reisen geht, steht aber auch für den Fall einer medizinischen Unterversorgung der Bevölkerung bereit – was im dünn besiedelten Saudi-Arabien nicht nur bei Katastrophen der Fall sein kann.

Die medizinischen Arbeitsräume des Hospitals bestehen aus hochwertigen Aluminium-Leichtbaucontainern, Sheltern. Darin betreibt der Sanitätsdienst der Nationalgarde beinhaltet nicht nur die medizinischen Basisstationen eines Krankenhauses wie OP, Intensivstation, Sterilisation, Röntgen, Labor oder Apotheke, sondern darüber hinaus auch Facharztbereiche wie Zahnarzt, Augenarzt oder HNO-Klinik. Für die Unterbringung der Patienten, die Schlafräume der Krankenhausmitarbeiter, die Kantine und als Verbindungsgänge zwischen den Shelter-Modulen werden aufblasbare Zelte verwendet.

Gebaut wurde das mobile Hospital beim weltweit führenden Shelter-Systemhersteller, der Zeppelin Mobile Systeme (ZMS), Meckenbeuren. Seinen Ursprung hat das Unternehmen im Bau der Zeppelin-Luftschiffe im 10 km entfernten Friedrichshafen. Die selbsttragende Aluminium-Sandwich-Leichtbauweise von ZMS ermöglicht extrem robuste Shelter mit einer akustisch wie thermisch sehr guten Isolierung. Zusätzlich zu den Versorgungsnetzwerken mit Strom, Wasser, Klimatechnik und Brandmeldeanlage verlangte das Anforderungsprofil der Nationalgarde auch ein Datennetzwerk inklusive Satellitenanlage, welches die Anforderungen eines stationären Gebäudes mehr oder weniger identisch auf das mobile System überträgt. Dabei muss nicht nur die Datenübertragung zwischen den medizinischen Geräten sowie die Telefonie innerhalb des mobilen Krankhauses sichergestellt werden. Eine zentrale Satelliten-Internetverbindung stellt über ein VPN eine direkte Voice-over-IP-Telefonanbindung an das Mutterhaus in Riad zur Verfügung.

Für die Planung und Realisierung der IT- und Netzwerkinfrastruktur für das bewegliche Krankenhaus konnte ZMS auf einen Spezialisten in unmittelbarer Nachbarschaft zurückgreifen. dtm Datentechnik Moll verfügt über langjährige Erfahrung mit der Errichtung von Datennetzen und Rechenzentren. Die mobile Anlage stellte jedoch auf verschiedenen Ebenen eine neuartige Herausforderung dar, zumal dtm nur anhand von Konstruktionszeichnungen planen konnte.

Herausforderung 1: Schneller Auf- und Abbau

Ein mobiles Krankenhaus muss in kürzester Zeit montiert und demontiert werden können. Die Anlage muss so in Boxen verpackt werden, dass sie logisch wieder aufgebaut werden kann. Das erfordert eine möglichst einfache Architektur, die sich dem Einsatzpersonal leicht erschließt, ohne dass man spezialisiertes Fachpersonal von weither hinzuziehen müsste.

Die von dtm entwickelte Lösung basiert auf der Gliederung in drei Ebenen:

1. Der zentrale Telekommunikations-Shelter (kurz TC-Shelter) beherbergt die Satellitenantenne, sowie den VoIP-Router und einen WLAN-Controller. Vom Administratorzelt mit den Server- und Storagesystemen (fünf Cisco-Bladeserver und Nimble Storage) aus ist eine Online-Überwachung von Temperatur- und Feuchtigkeitswerten im TC-Shelter möglich.

2. Die medizinischen Shelter sind mit Gigabit-Lichtwellenleitern (LWL) aus Glasfaser an den TC-Shelter angebunden. Die Zuleitung ist jeweils über eine versenkte Bucht mittels eines Steckers mit Bajonettverschluss ausgeführt. Dieses Design ermöglicht eine intuitive, leichte Handhabung beim Anschließen ebenso wie beim Verpacken der Kabel.

3. Die Verkabelung in den Zelten ist besonders schwierig, weil es dort keine starren Wände gibt, an denen man die Kabel sicher befestigen bzw. in die man sie vielleicht sogar einlassen könnte. Die Lösung besteht in einem Design, das jeweils nur sehr kurze Kabelstrecken benötigt. Dies ist möglich durch Einteilung der gesamten Anlage in Subareas, die als Unternetze dienen. Jede Subarea hat ihr eigenes Verteilergehäuse (EC) mit Switch. Der EC ist mit der nächsthöheren Ebene ebenfalls über ein LWL-Kabel verbunden. Vom EC gehen flexible Kupferkabel mit Bajonettverschluss-Buchsen und –Steckern ab. Die Übergänge zu den Clients (PCs und Telefone) erfolgen über ein sog. DT (Distributed Terminal), das mit zwei Patchkabeln von bis zu 15 m Länge ausgestattet ist.

Architekturen wie diese können auch in bestimmten stationären Netzwerken große Vorteile bringen. Ein Beispiel wäre die Verlegung von Datenkabeln in einem Gebäude mit sehr unregelmäßigem Grundriss. Man denke etwa an die nachträgliche Verkabelung bei der Sanierung historischer Gebäude. Hier wird man die Standardmethoden der strukturierten Verkabelung nicht in gleicher Weise anwenden können wie in einem Büroneubau. Die Aufgliederung in Ebenen kann in solchen Fällen die Aufgabe erleichtern.

Herausforderung 2: Komplizierte Kabelwege

Die Ausrüstung eines medizinischen Shelters ist sehr komplex. Jeder Shelter ist ausgerüstet mit einem Gehäuse für den Switch, Telefonen, PC-Anschlüssen und einem Lautsprecher für Durchsagen – und die Anschlüsse für den Datenaustausch der jeweiligen medizinischen Geräte kommen selbstverständlich noch hinzu. Die Leitungswege für die nötigen Kabel sind beschränkt oder schlecht zugänglich, weil sich die Datenkabel den wenigen vorhandenen Platz mit den Stromkabeln teilen müssen. Dies bedeutet, dass sehr lange zwischengekuppelte Verbindungen entstehen. Damit drohen hohe Dämpfungswerte und somit eine schlechte Übertragungsleistung. Drei Faktoren tragen jedoch zur Entzerrung der Situation bei:

1. Die Zahl der zu verlegenden Kabel wurde durch eine Zusammenlegung von Funktionen reduziert. Nicht nur Telefongespräche und Daten werden dank VoIP über dasselbe Kabel gesendet, sondern auch die Lautsprecherdurchsagen. Das Pagingsystem ist im Cisco-VoIP-System integriert. Mit dem speziellen patentierten SIP-Lautsprechersystem, das von dtm selbst entwickelt und gebaut wurde, sind Durchsagen von allen Telefonen aus möglich.

2. Das gesamte Krankenhaus-Areal ist zusätzlich mit WLAN abgedeckt und ermöglicht Telefonie und Datenzugriff. Dadurch wird die Datenmenge, die über die Kabelstrecken geschickt werden muss, reduziert. Das WLAN-Meshing wird über einen zentralen Accesspoint mit den Accesspoints an den Lichtmasten verbunden. Die Integration von Lichtversorgung und WLAN-Hardware leistet wiederum einen Beitrag zur Vereinfachung des Auf- und Abbaus.

3. Für die Verkabelung selbst wurde ein High-End-Produkt gewählt, das auch bei mehrfach gesteckten Verbindungen eine sehr gute Channel-Leistung erbringt. Es handelt sich um ein Schweizer Fabrikat, das dort beim Militär eingesetzt wird und für entsprechend hohe Verfügbarkeiten auch unter widrigen Bedingungen zertifiziert ist.

Ein solches intelligentes Load-Balancing von Übertragungsleistungen zwischen WLAN- und Kabel-Channels ist nicht nur für mobile Anlagen interessant. Auch in festen Netzwerken kann man mit solchen Konzepten Flexibilität mit Redundanz (und dadurch Ausfallsicherheit) in Einklang bringen.

Herausforderung 3: Thermische Belastung

Das Temperaturmanagement ist bei aktiven IT-Komponenten immer ein Thema, in der saudischen Wüste mit sommerlichen Außentemperaturen von 50 °C gewinnt es aber noch dramatisch an Brisanz. Die Kabel und Dosen, die in der Decke der Shelter verlegt sind, werden bei Sonneneinstrahlung Temperaturen bis zu 90 °C ausgesetzt. Entsprechend anspruchsvoll waren die Vorgaben, die dtm von den Lieferanten forderte. Neben den von dtm selbst gebauten Verteilern und Lautsprechern qualifizierten sich Kabel und Buchsen von Leoni für diesen Einsatzzweck.

Die größte Herausforderung stellten der TC- und der Administrator-Shelter dar. Die Kühlung der Server bei hohen Außentemperaturen wird durch die hohe Packungsdichte in den Sheltern zusätzlich erschwert. Der 1.800 mm tiefe Verteiler auf einem Schwingboden im vorderen Bereich des Shelters ist hinten und vorne mit Hardware ausgestattet. Von den Seiten muss er für Wartungszwecke zugänglich sein. Um die Wartung zu gewährleisten, wurde die Integration einer Notbeleuchtung im Verteiler notwendig.

Bedingt durch die hohe Wärmelast der Hardware musste ein spezielles Rack konstruiert und gebaut werden, damit ausreichend kalte Luft so strömen kann, dass eine sichere Kühlung garantiert ist. Diese extremen Anforderungen konnte dtm mit einem Sonderbau erfüllen. Das erworbene Know-how wird künftig auch bei ‚normalen‘ Rechenzentrumsprojekten zur thermischen Optimierung beitragen.

Nach den erfolgreichen Abnahmemessungen des fertig installierten Netzwerks bei ZMS in Meckenbeuren konnten Anfang 2014 die Shelter und Zelte für den Versand demontiert werden. 45 Seefrachtcontainer mit einem Gesamtgewicht von rund 300 Tonnen traten per Lkw, Bahn und Schiff die Reise vom Bodensee nach Riad an und wurden ohne Beanstandung vom Auftraggeber abgenommen.

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