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Forschungsprojekt: Computermodelle sollen helfen, Meniskusgewebe zu züchten

30.06.2023 - Der Meniskus fungiert im Knie als Stoßdämpfer zwischen Unter- und Oberschenkel. Um verlorenes oder verletztes Meniskusgewebe zu ersetzen, gibt es derzeit nur die Möglichkeit, ein künstliches Implantat einzusetzen.

Gezüchtetes Gewebe gibt es bislang nicht. Genau damit befasst sich aber ein Projekt: An der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) arbeitet das Team um Professor Dr. Bernd Simeon mit Partnern daran, das Gewebe mit Hilfe von mathematischen Computermodellen zu züchten. Zum Projekttreffen kommen die Beteiligten am 5. Juli in Kaiserslautern zusammen. Die Arbeiten sind Teil eines Schwerpunktprogramms, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert.

Heutzutage lässt sich Knorpelgewebe schon erfolgreich züchten, um zum Beispiel kleine Stücke in Knie oder Schulter einzusetzen. „Das Gewebe wächst mit der Zeit ein. Die Reparatur erfolgt durch den Körper. Nach einer Weile ist die Stelle, die gerissen ist, auch wieder belastungsfähig“, sagt Professor Dr. Bernd Simeon, der an der RPTU in Kaiserslautern zu Differential-Algebraischen Systemen forscht. Anders sieht es aber bei Meniskusgewebe aus. „Die Strukturen sind zwar verwandt mit Knorpelgewebe, beim Meniskus bedarf es aber mehr Festigkeit“, fährt er fort. Es sei eine große Herausforderung, dieses Gewebe im Labor so zu züchten, dass es tatsächlich belastbar sei.

meniskus
Zu sehen ist in der Mikroskop-Aufnahme, wie sich Zellen in der Vliesstruktur ansiedeln. Foto: Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung in Denkendorf


 
Weltweit arbeiten verschiedene Forscherteams in diesem Gebiet des Tissue-Engineerings (auf Deutsch etwa „Züchten von Geweben“), bei dem das kombinierte Wissen aus Biologie, Mathematik, Medizin und Technik gefragt ist. In diesem Projekt kooperiert das Team aus Kaiserslautern eng mit den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung in Denkendorf und dem Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Uniklinik Ulm. In Denkendorf wird das Gewebe hergestellt, in Ulm wird es analysiert. 
 
„Wir nutzen dazu ein spezielles Vliesgewebe mit einer Struktur, die aus vielen dünnen Fäden besteht, die irregulär angeordnet sind“, erläutert Simeon das Verfahren. „Für die Versuche verwenden wir nur dünne, ein paar Millimeter große Scheiben dieses Gewebes. Sie werden in kleine Kapseln eingebracht, in der sich eine Nährlösung befindet. Hier hinein werden Stammzellen gegeben.“ Diese werden durch die Nährlösung versorgt, sollen in das Gewebe hineinwachsen und sich entsprechend differenzieren, das heißt, sich zu Meniskuszellen entwickeln. 

„Die große Herausforderung ist jetzt, wie die Parameter für dieses Experiment eingestellt sein müssen, damit am Ende ein stabiles Gewebe herauskommt“, so Simeon. Dazu zählen beispielsweise Temperatur, Druckverhältnisse und die Konzentration der Nähstoffe, aber auch Hyaluronsäure muss in der richtigen Menge zugeführt werden, damit etwa das Wachstum der Zellen stimuliert wird.  

„Würde man dies alles im Labor testen, würde man viele Jahre brauchen“, fährt er fort. Und hier kommt die Arbeit der Kaiserslauterer Mathematik ins Spiel, wie Professor Simeon erläutert: „Wir helfen mit unseren Computermodellen, die Parameter so zu bestimmen, dass wir ein erfolgreiches Experiment bekommen.“

In Kaiserslautern sind zwei Arbeitsgruppen an dem Projekt beteiligt: Das Team um Professorin Dr. Christina Surulescu aus dem Lehrgebiet Biomathematik entwickelt Modellgleichungen, die diese Prozesse in der Kapsel beschreiben. Das Team um Simeon erstellt die Algorithmen, die diese Gleichungen lösen.
 
Das Projekt ist vor rund anderthalb Jahren gestartet. Derzeit arbeiten die Forscher*innen an den Grundlagen und befassen sich mit Fragen wie: Wie viele Zellen müssen in die Kapsel eingebracht werden, damit genug anwachsen? Oder wie groß muss der Druck sein? Danach geht es darum, diese Parameter so zu optimieren, dass stabiles Gewebe herauskommt.

Um sich über den aktuellen Stand der Arbeiten auszutauschen, kommen die Projektbeteiligten am Mittwoch, den 5. Juli, im Felix-Klein-Zentrum für Mathematik an der RPTU in Kaiserslautern zusammen. 
 
Das Vorhaben ist Teil des Schwerpunktprogramms „Robuste Kopplung kontinuumsmechanischer In-silico-Modelle für aktive biologische Systeme als Vorstufe klinischer Applikationen – Co-Design von Modellierung, Numerik und Nutzbarkeit“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 2021 gefördert und an der Universität Stuttgart koordiniert wird. Hierbei geht es darum, verschiedene biologische Prozesse mit Hilfe von Simulationsmodellen nachzubilden, um damit in die vorklinische Forschung zu gehen, aber auch um Erkenntnisse zu gewinnen, die für Patienten von Nutzen sein können. Das reicht von der Blutflusssimulation über Operationsplanungen bei Aneurysmen und Gehirnoperationen bis hin zur Gewebezüchtung für Meniskusverletzungen.

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