Auszeichnungen

Mathieu Groussin erhält ERC-Förderung für innovative Darmmikrobiom-Forschung

03.06.2024 - Der Europäische Forschungsrat (Englisch: European Research Council, ERC) fördert das Projekt „Vesiculome: Ursprung, Entwicklung und Funktion bakterieller extrazellulärer Vesikel im menschlichen Mikrobiomsystem zwischen Wirt und Darm“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), wie der ERC kürzlich bekannt gab.

In den kommenden fünf Jahren können Professor Mathieu Groussin vom Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) an der Medizinischen Fakultät der CAU und am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und sein Forschungsteam untersuchen, wie sogenannte bakterielle extrazelluläre Vesikel (BEV) die Mikrobengemeinschaft des menschlichen Darms und damit Gesundheit und Krankheit beeinflussen.

Das zum 1. Juni beginnende Forschungsprojekt widmet sich mit den BEV einem wenig erforschten Bestandteil des Mikrobioms, dessen Einfluss auf die Zusammensetzung und Interaktionen der Mikrobengemeinschaft im Darm bislang kaum bekannt ist. Groussin erhält für die Erforschung dieser Zusammenhänge einen ERC-Consolidator Grant, der mit einer Fördersumme von rund zwei Millionen Euro verbunden ist. Das Projekt verbindet thematisch verschiedene Forschungskonsortien und Institutionen an CAU und UKSH, unter anderem den Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI), den Sonderforschungsbereich (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ und die DFG-Forschungsgruppe 5042 „miTarget“.

„Herzlichen Glückwunsch an Mathieu Groussin und sein Forschungsteam zu diesem bedeutenden Erfolg! Der Europäische Forschungsrat zeichnet damit vor allem seine exzellenten persönlichen Leistungen in der Erforschung von Wirts-Mikroben-Interaktionen aus, die für die CAU besonders wertvoll sind. Zugleich bestätigt die Förderzusage die Bedeutung der in Kiel bereits besonders stark vertretenen, gesundheitsbezogenen Mikrobiomforschung, die nun um eine gänzlich neue Facette ergänzt wird“, betont CAU-Vizepräsident für Forschung, Professor Eckhard Quandt.

Das bakterielle Vesikulom: eine neue Dimension der Mikrobiomforschung

Bakterien setzen wie viele andere Lebewesen sogenannte extrazelluläre Vesikel frei, das sind kleine Transportblasen, die sie aus ihren Zellmembranen herstellen. Sie können eine Vielzahl an Botenstoffen wie Proteine, Nukleinsäuren und Lipide beinhalten und zwischen Zellen austauschen. Die Gesamtheit dieser Vesikel in einem Organismus bezeichnen die Forschenden als das Vesikulom. Sie vermuten, dass es zur Kommunikation der Mikroorganismen untereinander und mit dem Wirtsorganismus beiträgt und dadurch verschiedene Lebensprozesse beeinflusst. Die Forschung konzentrierte sich bisher vor allem auf die Rolle von BEV bei der Krankheitsentstehung und konnte bereits Hinweise auf ihre Beteiligung an bestimmten pathologischen Prozessen gewinnen. „Wir gehen jedoch davon aus, dass bakterielle Vesikel eine weit darüberhinausgehende Rolle für die Funktionen des Mikrobioms insgesamt spielen, und dies nicht nur im Krankheitsfall. Die zurzeit noch kaum bekannte Gesamtheit der BEV, die von der großen Vielfalt an Bakterienarten des normalen Darmmikrobioms abgesondert werden, wollen wir nun in unserem Projekt erkunden und charakterisieren“, erklärt Groussin, Leiter der Arbeitsgruppe Genomik und Funktionen von Wirts-Mikrobiom-Systemen am IKMB.

Neue Erkenntnisse über BEV für die menschliche Gesundheit nutzen

Das neue ERC-Projekt hat zum Ziel, den Ursprung, die Vielfalt und die Evolution des bakteriellen Vesikuloms im menschlichen Darm zu beschreiben. Dazu gehört zum Beispiel die Untersuchung der Rolle von BEV bei der Förderung des horizontalen Gentransfers zwischen Bakterienarten und den möglicherweise damit verbundenen Auswirkungen auf Funktionen des Darmmikrobioms. „Um Einblicke in diese neuartige, hochkomplexe Dimension der Wirt-Mikroben-Interaktionen zu gewinnen, wollen wir zunächst diverse, von verschiedenen Bakterienarten produzierte BEV untersuchen. Zusätzlich stellen wir Mikrobiomdaten von menschlichen Populationen mit unterschiedlicher geografischer Herkunft gegenüber und werden gesunde und kranke Probandinnen und Probanden vergleichen. Auf diesem Weg wollen wir ein grundlegendes Verständnis der Funktionen des bakteriellen Vesikuloms im menschlichen Darm gewinnen“, erklärt Groussin, der auch im CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS) aktiv ist.

Die Forschenden hoffen dadurch im Laufe des neuen Projekts eine erste und umfassende Erhebung der Gesamtheit der bakteriellen Vesikel im Vergleich verschiedener Bakterienarten und innerhalb unterschiedlicher Gruppen von Menschen zu erstellen und ihre Merkmale und Funktionen für das Darmmikrobiom zu beschreiben. „Bislang sind die Auswirkungen des bakteriellen Vesikuloms auf die menschliche Gesundheit fast gänzlich unbekannt. Mit unserem neuen Projekt wollen wir eine wichtige Ressource schaffen, die diese Wissenslücke schließt und damit für die Biomedizin künftig von großer Bedeutung sein könnte“, blickt Groussin voraus.

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