IT & Kommunikation

Medikationsmanagement hat Struktur

20.07.2023 - Medikationsmanagement im Krankenhaus sichert für jeden Patienten eine optimale Arzneimitteltherapie. Der Fokus liegt auf Patientenkollektiven.

Das Medikationsmanagement ist ein wichtiger Bestandteil zur Vermeidung arzneimittelbezogener Probleme (ABP) und damit der Erhöhung der Arzneimittelsicherheit. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) durch Medikationsfehler machen etwa 6,5 % der Vorstellungen in Notaufnahmen von Krankenhäusern aus. Rund ein Viertel davon wäre vermeidbar. Neben der Sicherheit der Patienten spielen auch die verursachten Ausgaben eine Rolle. Jährlich werden laut Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Behandlungskosten in Höhe von 800 Mio. bis 1,2 Mrd. € durch Medikationsfehler verursacht. Solche enormen Beträge sind durch angemessenes Medikationsmanagement grundsätzlich vermeidbar. Dabei gilt in besonderer Weise: Kostenvermeidung ist keine Kostenersparnis, denn durch die Interventionen werden überwiegend potenzielle Schädigungen von Patienten und nicht dokumentierte Schäden vermieden, die durch arzneimittelbezogene Probleme verursacht werden.

 

Aufgaben des Stationsapothekers

Bei der patientenindividuellen Arzneimittellogistik wird auf Ebene der Verordnung die initiale Anordnung und darauf folgende Veränderungen von einem Stationsapotheker geprüft und abschließend bestätigt. Stationsapotheker tragen als Teil des interdisziplinären Teams bei Aufnahme, Krankenhausaufenthalt und Entlassung dazu bei, ABP zu reduzieren, die Arzneimitteltherapie effektiver zu gestalten und Kosten zu senken. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht eine frühzeitige Identifikation und Vermeidung potenzieller ABP, bevor diese auftreten oder den Patienten erreichen. Medikationsmanagement ist grundsätzlich eine umfassende pharmazeutische Betreuung. Dazu gehören neben der Begleitung des Patienten von der Aufnahme über den stationären Aufenthalt bis zur Entlassung auch strategische Aufgaben wie die Entwicklung von Therapiestandards, Kostenauswertungen, die Schulung von Ärzten und Pflegepersonal, die Teilnahme an Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (M&M-Konferenzen) oder das Vorantreiben von Digitalisierungsprojekten. Im Vergleich zur Medikationsanalyse, die die individuelle Betreuung eines Patienten zum jeweils aktuellen Zeitpunkt abbildet, werden Patienten beim Medikationsmanagement über den gesamten Klinikaufenthalt betreut. Die Versorgung kann z. B. durch die allgemeine Verbesserung von digitalen Prozessen und das Reduzieren von Interventionen gestärkt werden. Der Apotheker wird so vom einfachen Stationsapotheker zum Spezialisten für Arzneimittelfragen im klinischen Kontext. Diese kann durch Weiterbildung und Spezialisierungen, z. B. in Geriatrie, Pädiatrie, Onkologie oder Infektiologie erreicht werden. Der Klinikapotheker kann im Zuge des Medikationsmanagements im Krankenhaus die folgenden Aufgaben übernehmen: a) Pharmazeutische Anamnese; b) Therapiebegleitung und -Überwachung; c) Teilnahme an Visiten; d) Entlassmanagement inklusive Arzneimittelversorgung, Medikationsplan, Entlassgespräch; e)     Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehlern; f) Schulung des Klinikpersonals, Mitwirken bei hausinternen Leitlinien, Therapiestandards; g) Beteiligung an Digitalisierungsprojekten: elektronischer Verordnungsprozess, inklusive elektronischer Patientenakte und Medikationsplan; h) Kostenauswertung.

 

Therapiesicherheit rechnet sich

International wird die ärztliche Unterstützung durch Stationsapotheker breit genutzt und zeigt in verschiedenen Endpunkten, z. B. Reduktion der Ursachen für ABP, Krankenhausliegedauer, Kosten und Rehospitalisierung, einen signifikanten Nutzen. Auch für die Klinik kann sich ein Stationsapotheker rechnen: Behandlungsfehler und Kosten sinken. Rein punktuelle Interventionen, z. B. alleinige Unterstützung bei der Arzneimittelanamnese, scheinen nicht generell mit einem messbaren Effekt verbunden zu sein. Für eine effektive pharmazeutische Intervention ist der Stationsapotheker daher in den gesamten Medikationsprozess einzubinden und sollte im interdisziplinären Team unter Kenntnis der Patienten sowie der Stationsabläufe arbeiten. Am meisten profitiert der Patient von der auf allen Ebenen des Medikationsprozesses verbesserten Arzneimitteltherapiesicherheit, den Schulungs- und Beratungsangeboten oder auch dem Medikationsplan bei der Entlassung. Hier sind die Krankenhausapotheker mit einer Spezialisierung im Bereich der klinischen Pharmazie aufgrund ihrer universitären Ausbildung die einzige Berufsgruppe, die das ärztliche Personal im Bereich der Arzneimitteltherapie umfassend unterstützen kann.

 

Medikation für ältere Menschen

Senioren haben zum Teil Schwierigkeiten mit der richtigen Handhabung von Medikamenten. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung von Forschenden der Medizinischen Fakultäten aus Düsseldorf und Essen-Duisburg. Der Umgang mit Medikamentenverpackungen, Blistern und Dispensern gehört für einen großen Anteil der Senioren zum Alltag. Die Studie untersuchte anhand einer Gruppe von über 70-jährigen, die regelmäßig mehr als fünf verschiedene Medikamente einnehmen müssen, wie sicher die Anwendung erfolgt. Im Rahmen der Studie wurde der Umgang mit Tabletten, Augentropfen, Tropfen, Pflastern und einem Pen untersucht. Bei der Anwendung von Tabletten ist laut der Analyse eine der größten Herausforderungen das häufig notwendige Teilen von Tabletten. Der Umgang mit der Pharmakotherapie älterer Menschen wird mittlerweile in nationalen Leitlinien adressiert. Neben der Beachtung zahlreicher Aspekte wie Patientenpräferenzen, Adhärenz und Interaktionen stellt die Vermeidung potenziell inadäquater Medikamente (PIM) eine Möglichkeit dar, die Arzneimittelversorgung im Alter sicherer zu gestalten. Viele Medikamente verursachen bei betagten Menschen mehr und zum Teil auch andere Nebenwirkungen als bei jüngeren Patienten, so dass sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis verändern kann. Dies betrifft vor allem Wirkstoffe, die Schwindel oder eine rasche Blutdrucksenkung bewirken, die Kognition beeinträchtigen oder das Sturzrisiko erhöhen können. Die individuelle Einschätzung der klinischen Situation der Patienten und die daraus folgende Auswahl der geeigneten Medikation ist und bleibt eine wichtige Aufgabe der behandelnden Ärzte. Ob ein Arzneimittel für die betroffene Person letztlich geeignet oder ungeeignet ist, kann im Einzelfall nur anhand der individuellen klinischen Situation des Patienten entschieden werden. Dies stellt einerseits eine bedeutende Limitation dar. Andererseits ermöglicht es aber Personen, die keinen kompletten Zugriff auf klinische Daten haben (z. B. Apotheker, ambulante Pflege, Angehörige), um möglicherweise ungeeignete Arzneimittel zu identifizieren. Dadurch besteht an verschiedenen Stellen des Medikationsprozesses die Möglichkeit, die Patientenmedikation zu analysieren und in Rücksprache und Zusammenarbeit mit den involvierten Ärzten möglicherweise zu optimieren. Eine Herausforderung bei der Bewertung der Sicherheit und Verträglichkeit von Arzneimitteln im Alter bleibt die oftmals mangelnde Verfügbarkeit von Daten aus klinischen Studien.

Autor: Hans-Otto von Wietersheim, Bretten

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