Aus den Kliniken

Neue Notfallpraxis wird erste Anlaufstelle für Notfälle

21.07.2023 - Zum Jahresende schließt die Notfallambulanz in Geislingen.

In der Kreistagssitzung am vergangenen Freitag (14.07.2023) stimmte eine Mehrheit der Kreisrät*innen dem Beschlussantrag zur Notfallversorgung in Geislingen zu. Damit wird nun zum 31.12.2023 die Notfallambulanz in der Helfenstein Klinik geschlossen. Ab dem 01.01.2024 wird dann eine Allgemeinmedizinische / Hausärztliche Notfallpraxis tagsüber für Notfälle zur Verfügung stehen.

Basis des Beschlussantrags war die abschließende Evaluation der Notfallversorgung am Standort Geislingen. Diese Evaluation war im Kreistag im Mai 2021, bei der damaligen Entscheidung zur Schließung der stationären Versorgung an der Helfenstein Klinik, beschlossen worden. Auch schon in den Kreistagssitzungen dazwischen hatten die Geschäftsführer der Alb Fils Kliniken, Dr. Ingo Hüttner und Wolfgang Schmid, immer wieder aktuelle Zahlen über die Notfallversorgung in Geislingen vorgestellt. „Der Trend, der sich dabei seit Beginn des Jahres 2022 abzeichnete, hat sich nun bei dieser abschließenden Evaluation bestätigt: Eine rund um die Uhr betriebene Notfallversorgung ist nach der kompletten Schließung des stationären Betriebs personell nicht darstellbar und angesichts der sehr geringen Anzahl von Patienten mit medizinischen Notfällen – insbesondere in der Nacht – auch nicht notwendig“, so das Fazit von Dr. Ingo Hüttner.

Für die Evaluation wurden die Daten des Zeitraums Januar 2022 bis Juni 2023 ausgewertet. Diese Daten wurden insbesondere vom Team der Notfallambulanz der Helfenstein Klinik selbst erhoben. Es zeigt sich, dass mehr als 75 % der Patienten Selbsteinweiser sind, die restlichen werden durch niedergelassene Ärzte eingewiesen oder durch den Rettungsdienst gebracht. Die durchschnittliche Patientenzahl in der Notfallambulanz pro Tag liegt bei etwa 30, je zur Hälfte mit einer chirurgischen oder internistischen Indikation. 90 % der Selbsteinweiser werden ambulant weiterbehandelt, nur 10 % werden stationär aufgenommen. Erhoben wurde auch das Patientenaufkommen im Tagesverlauf: Von den Selbsteinweisern kommt die Mehrzahl tagsüber, ein Drittel nutzt die Abendstunden (18-24 Uhr), nur etwa 2,5 Personen kommen in der Nacht (0-8 Uhr).

Auch was die Dringlichkeit einer Behandlung betrifft, sprechen die Zahlen gegen die Notwendigkeit einer 24/7- Notfallversorgung: Im Bereich der Chirurgie ist bei den Selbsteinweisern alle drei Tage ein zeitkritischer Patient dabei, im Bereich der Inneren Medizin sind es 1,5 Patienten pro Tag. Zeitkritisch bedeutet, dass eine zügige Behandlung des Patienten notwendig ist. Ähnlich sieht es bei den radiologischen Leistungen aus. So wurden in dem 18-monatigen Beobachtungszeitraum lediglich 600 CT- und/oder Röntgenuntersuchungen in den Nachtstunden registriert, also circa eine Untersuchung pro Nacht. Für Dr. Hüttner lassen diese Zahlen nur einen Schluss zu: „Der Bedarf für eine breite allgemeinmedizinische / chirurgische Versorgung besteht am Standort der Helfenstein Klinik tagsüber, aber keineswegs in der Nacht.“

Was die personelle Seite betrifft, zeigt sich ein zweigeteiltes Bild. So ist bis Dezember 2023 – durch den stationären Betrieb der Medizinischen Klinik – auf internistischer Seite eine 24/7-Besetzung der Notfallambulanz jederzeit gegeben. Auf chirurgischer Seite dagegen ergeben sich einige Zeiten ohne entsprechende fachliche Besetzung. Für die ärztliche Besetzung der Notfallambulanz der Helfenstein Klinik sind chirurgische Fachärzte notwendig – hier konnten mit einer intensiven, Baden-Württemberg-weiten Suche zehn chirurgische Fachärzte für einzelne Dienste gewonnen werden. Dennoch kommt es zu Lücken im Dienstplan. „Wenn nun zum Jahresende die Medizinische Klinik geschlossen wird, werden sich die personellen Engpässe auch auf den internistischen Bereich ausweiten. Eine dauerhafte ärztliche Besetzung der Notfallambulanz wäre von Seiten der Alb Fils Kliniken nicht mehr möglich, da dann auch internistische Fachärzte gegenüber dem heute gültigen Facharztstandard notwendig würden“, bedauert Wolfgang Schmid. Der Hauptgrund für die schwierige Besetzung der chirurgischen Dienste: „Ohne einen OP im Hintergrund ist für viele, vor allem junge Chirurginnen und Chirurgen die Attraktivität dieser Tätigkeit gering.“

Die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat der Alb Fils Kliniken haben daher in ihrem Beschlussantrag den Kreisrät*innen die Schließung der Notfallambulanz und die nahtlos anschließende Einrichtung einer Allgemeinmedizinischen Notfallpraxis empfohlen. Dieser Antrag wurde angenommen, so dass ab Januar 2024 die neue Notfallpraxis erste Anlaufstelle für Notfälle im Raum Geislingen sein wird. „Mit dieser neuen Einrichtung werden wir dem Bedarf, der sich aus der Evaluation ergeben hat und deutlich auf die Notwendigkeit eines Tagesangebots hinweist, gerecht“, betont Wolfgang Schmid. Die Praxis wird in den Räumlichkeiten der heutigen Notfallambulanz untergebracht werden und von zwei internistischen Fachärzten betrieben. Sie wird werktags zu den in der Branche üblichen Zeiten geöffnet haben. Radiologische Angebote (z.B. Röntgen) wird die Praxis nicht anbieten, dies soll über Kooperationen mit entsprechenden Fachpraxen abgebildet werden. Die Beantragung der Praxis bei der KV Baden-Württemberg wurde nach der Zustimmung im Kreistag in die Wege geleitet.

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