IT & Kommunikation

Patientenportale können Gamechanger sein

03.06.2025 - Bis Ende 2025 sollen rund 1.700 Kliniken in Deutschland mit Patientenportalen ausgestattet sein. Krankenhäuser zeigen ihre Portale.

Rund 4,3 Milliarden Euro stellten Bund und Länder den Kliniken im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetztes (KHZG) zur Verfügung. Im Gegenzug mussten sie bis Ende 2024 bestimmte Maßnahmen umsetzen. Dazu zählt z.B. die Bereitstellung eines Patientenportals, das die Versorgung der Patienten im Krankenhaus digitalisiert. Portale dienen dem bidirektionalen Austausch medizinischer Informationen und geben Patienten die Chance, aktiv an ihrer Behandlung mitzuwirken. Verschiedene Kliniken sind längst mit der Entwicklung und Umsetzung ihrer Portale engagiert – und konzentrieren sich dabei oft auf bestimmte Patientengruppen. Das Patientenportal ist die digitale Eingangstür einer Gesundheitseinrichtung. Dahinter finden Patienten alles, was sie auf ihrem Versorgungsweg benötigen. Die Digitalisierung hat das Potenzial, Abläufe in Kliniken, Praxen und sozialen Einrichtungen deutlich einfacher und effizienter zu machen. Gleichzeitig werden digitale Dienste, wie die Online-Terminvereinbarung, digitale Rezepte oder Video-Sprechstunden von Patienten genutzt. So bestimmen sie den Takt der Innovationen. Gleichzeitig gilt: Moderne IT-Lösungen unterstützen alle wesentlichen Prozesse der Verwaltung, der Dokumentation, der Workflowsteuerung und der revisionssicheren Archivierung der Daten und Dokumente.

Voller Funktionsumfang

Ziel ist die Erfüllung nicht nur der Grundkriterien des KHZG, wie Terminbuchungen, digitale Anamnese, Dokumentenaustausch, Onboarding, Fragebögen, Patiententagebuch, Medikationsplan, Entlassdokumentation, etc. Darauf aufbauend werden perspektivisch zusätzliche Funktionen zur Verfügung stehen: Mehrsprachfähigkeit (Portale sollten mindestens deutsch und englisch, idealerweise weitere Sprachen unterstützen, insbesondere in Ballungsräumen mit multikultureller Bevölkerung), digitale Signatur, ein Familienkonto, der DICOM-Viewer, die Anbindung weiterer Medieninhalte, der E-Check, die Anzeige und Eingabe von Vitaldaten, eine Erweiterung der Buchungskonfiguration sowie die Möglichkeit, Kliniken über entsprechende Funktionen buchbar zu schalten. Somit bindet das Patientenportal Patienten aktiv ein – vom Onboarding über die Unterstützung und Orientierung während der Behandlung bis hin zum Entlassmanagement im Krankenhaus bzw. der Nachsorge und Nachbetreuung. Die Betreuung wird individueller, zeitsparender und inhaltlich passgenauer. Zusätzliche Merkmale sind gefragt: Patienten-Dashboard mit Fachbeiträgen zum Behandlungsverlauf zur Steigerung der Patienten-Compliance, Umfragen zur Lebensqualität und integrierbare Wearables für die Fernüberwachung, validierte Fragebögen für verschiedene medizinische Bereiche, digitale Patientenpfade, Symptomverfolgung und Echtzeit-Feedback, Extraktion, Erfassung und Berichterstattung von lokalen Daten an nationale und internationale Ergebnisregister (z. B. DICA, LROI, NVA, ICHOM). Dazu Interoperabilität durch offene Standards: Der Einsatz von HL7 FHIR, IHE-Standards und Schnittstellen zu ePA, KIS, RIS, LIS und PACS ist zwingend erforderlich. Verlangt wird ein ausgereiftes Patientenportal, das die Klinik-IT durch einfache Customizing-Möglichkeiten jederzeit flexibel an individuelle Anforderungen anpassen kann.

Entlassmanagement komfortabel

Die Verlegung eines Patienten ist ein übergreifender Pflegeprozess, der eine sorgfältige Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsorganisationen erfordert. Eine aktuelle Übersicht über die verfügbaren Kapazitäten und ein korrekter Status der Nachsorgeanfrage sind unentbehrlich. Um unnötige Telefonate, E-Mails und Missverständnisse zu vermeiden, ist es für die beteiligten Gesundheitseinrichtungen effizient und praktisch, wenn sie in einer gemeinsamen digitalen Transferdatei zusammenarbeiten können. Die Integration in das Entlassmanagement und die Sozialdienstdokumentation des KIS ermöglichen einen reibungslosen Workflow mit der Übergabe aller relevanten Daten und Parameter z. B. aus ORBIS. Innovativ ist, dass das gesamte Aufnahme- und Entlassmanagement in eine vor- und nachstationäre Kommunikation mit den Behandelten eingebettet ist - nach Möglichkeit zur Stärkung der Patientenautonomie. All das sollte nahtlos mit Android/Apple (native Apps) und webbasierten Geräten kompatibel sein. Allerdings muss Barrierefreiheit nach BITV 2.0 berücksichtigt werden: Inhalte müssen für Menschen mit Seh-, Hör- oder Mobilitätseinschränkungen zugänglich sein. Screenreader-Kompatibilität, Kontrastverhältnisse und einfache Sprache sind essenziell.

Nicht ohne Datenschutz

Datenschutz ist ein zentrales Element bei der Einführung von Patientenportalen. Als Verarbeitungsplattformen für hochsensible Gesundheitsdaten unterliegen diese den strengen Vorgaben der DSGVO sowie ergänzenden nationalen Gesetzen wie dem BDSG und dem Krankenhausrecht der Länder. So dürfen nur notwendige Daten verarbeitet und gespeichert werden. Eine pauschale Erhebung ohne konkreten Versorgungszweck ist unzulässig. Auch müssen Krankenhäuser dokumentieren, dass sie geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs) implementiert haben. Patienten müssen transparent informiert werden und der Datenverarbeitung aktiv zustimmen. Die Portale müssen die Einwilligung verständlich gestalten. Der Zugriff auf Gesundheitsdaten sollte rollenbasiert eingeschränkt und lückenlos protokolliert sein. Die Datensicherheit muss gemäß BSI-Standard realisiert sein. Dazu gehören Verschlüsselung, Firewalls, regelmäßige Penetrationstests sowie Backup- und Wiederherstellungskonzepte. Die Herausforderungen sind groß: Hoher Koordinationsaufwand zwischen IT, Datenschutzbeauftragten, Klinikmanagement und externen Anbietern, Unsicherheit bezüglich datenschutzkonformer Cloudlösungen und internationaler Datenübermittlung, erhöhte Anforderungen bei Nutzung durch Dritte (z. B. bevollmächtigte Angehörige). Viele Krankenhäuser entscheiden sich für Cloud-basierte Lösungen, stehen jedoch vor datenschutz- und sicherheitsrechtlichen Fragen.

Stand der Umsetzung und Ausblick

Bis Ende 2024 haben laut Bericht des BMG rund 85 % der Krankenhäuser einen Förderantrag im Bereich Patientenportale gestellt. Die Umsetzungsgrade variieren jedoch erheblich: Große Kliniken und Universitätsklinika verfügen häufiger über voll integrierte Lösungen. Kleine und mittlere Krankenhäuser kämpfen teilweise noch mit der technischen Umsetzung oder haben Basisfunktionen (z. B. Download von Arztbriefen) implementiert. Erste Studien zeigen, dass Patienten das Angebot grundsätzlich positiv bewerten, jedoch Verbesserungsbedarf bei Usability und Reichweite besteht. Erste Evaluationen zeigen, dass ältere Menschen oder wenig technikaffine User Schwierigkeiten bei der Nutzung haben. Eine einheitliche Benutzerführung fehlt bislang, was insbesondere bei wechselnden Behandlungseinrichtungen zu Verwirrung führen kann. Die digitale Patientenkommunikation wird zunehmend zum Qualitätsmerkmal im Wettbewerb der Krankenhäuser. Perspektivisch wird erwartet, dass Patientenportale enger mit der ePA, digitalen Medikationsplänen und dem eRezept verzahnt werden. KI (z. B. für Chatbots oder prädiktive Analysen) sowie mobile Apps als Portalerweiterung werden ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Datenschutz, Usability und Technik bilden das „magische Dreieck“ erfolgreicher Patientenportale. Ein zentrales Ziel bleibt es, Patientenportale nicht nur als technische, sondern als integrale Elemente der patientenzentrierten Versorgung zu begreifen – mit messbarem Nutzen für Behandlungssicherheit, Transparenz und Selbstbestimmung der Patienten.

Autor: Hans-Otto von Wietersheim, Bretten

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