IT & Kommunikation

Plattform für smarte medizinische Daten

07.04.2022 - Mithilfe von Künstlicher Intelligenz entwickelt das Projekt Aiqnet eine Plattform zur automatisierten Nutzung medizinischer Daten für Forschung, Entwicklung und evidenzbasierte Medizin.

Für technologische Entwicklungen im Gesundheitswesen ist es entscheidend, medizinische und klinische Daten hoher Qualität in einem austauschbaren, kontextbewahrenden Format bereitzustellen. Der datenschutzkonforme Zugriff verschiedener Stakeholder wie Klinik, Forschung, Medizintechnik und Pharmazie muss hierbei sichergestellt sein.

Das KI-Projekt Aiqnet wird im Rahmen des KI-Innovationswettbewerb vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert und macht klinische Daten aus Labor, Radiologie, Anamnese, Diagnose und Behandlungsverlauf über ein System zugänglich. Die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen für die Verarbeitung medizinischer Daten zu Forschungszwecken werden mittels eines Governance-Frameworks vollumfänglich umgesetzt und Patienten weitreichende Kontrollmöglichkeiten eingeräumt.

Regulatorische Anforderungen an Medizinprodukte

Medizintechnikunternehmen profitieren von dem Projekt, da sie aufgrund gesetzlicher Vorgaben wie etwa die Medical Device Regulation (MDR) verpflichtet sind, fortlaufend eine klinische Bewertung ihrer Produkte durchzuführen. Dies umfasst die Post Market Surveillance (PMS) sowie die klinische Beobachtung nach dem Inverkehrbringen (Post Market Clinical Follow-up, PMCF). Produkte der Klassen II und III (z.B. Implantate) müssen darüber hinaus eine initiale klinische Prüfung durchlaufen. Zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung von Leistung und Sicherheit müssen entsprechende Daten immer häufiger auch aus der Routineversorgung ausgewertet werden.

Im Aiqnet Ökosystem wird der Zugang zu datenhaltenden Systemen der Kliniken hergestellt, unstrukturierte Daten, wie Bilddaten oder Laborberichte, werden auswertbar aufbereitet, in ein universell austauschbares Format (FHIR) übersetzt und je nach Anforderung in anonymisierter oder pseudonymisierter Form abrufbar bereitgestellt. So können Daten der Routineversorgung datenschutzkonform für die Prüfung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten durch Benannte Stellen generiert werden.

Herausforderungen für die Medizintechnik

Die Analyse großer Gesundheitsdatenbestände hat das Potential, die medizinische Forschung und Produktentwicklung entscheidend voranzubringen. Demgegenüber steht die große Herausforderung, einen rechtssicheren und interoperablen Zugang zu den hierfür benötigten klinischen Daten zu erhalten. Ebenso haben sich gemäß MDR die Anforderungen der klinischen Bewertung von Medizinprodukten geändert. Diese muss z.B. nach der Markteinführung durch fortlaufendes Monitoring (PMCF) im Hinblick auf die klinische Leistungsfähigkeit und Sicherheit dokumentiert werden.

Um die Planung und Durchführung von klinischen Prüfungen und Studien zu vereinfachen, ermöglicht das KI-Projekt die Nutzung strukturierter klinischer Daten, unabhängig von Systemen, Schnittstellen und Organisationen. Das Ökosystem bietet die technologische Infrastruktur für Big-Data-Analysen, den Zugriff auf Real-World-Daten und kann damit auch Bedarfe zur Entwicklung von KI-Anwendungen abdecken. Mit dem bereits verfügbaren Clinical-Trial-Management-System lassen sich umfangreiche Analyse- und Auswertefunktionen, E-Mail-Benachrichtigungen, risikobasiertes Monitoring und intuitive Dashboards kostengünstig, transparent und effizient automatisieren sowie unter Einbeziehung aller Stakeholder planen, überwachen und analysieren.

Reduktion des Integrations- und Entwicklungsaufwands

Mit der Inbetriebnahme der Plattform lassen sich eine Vielzahl an Applikationen ohne zusätzlichen Integrationsaufwand aus der Plattform heraus bereitstellen. Auch Softwarehersteller und Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) können die in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz unabhängig validierte Plattform zur Implementierung ihrer Anwendung nutzen.

Ziel ist es, den Digitalisierungsprozess ohne Integrationsschranken auf Basis des FHIR-Standards voranzutreiben. Der Zugang zu kompatiblen Anwendungen von Drittanbietern erfolgt über einen Marktplatz und bietet Pharmazeutika- und Medizintechnikherstellern die Möglichkeit, hochspezialisierte Anwendungen, z.B. für datenbasierte Diagnostikverfahren deutlich schneller zu entwickeln, in den klinischen Workflow zu integrieren und somit in die Anwendung zu bringen.

Rechtssicherheit und Datenintegration

Patientenbezogene Daten unterliegen gemäß DSGVO strengen Datenschutz-Anforderungen. Die Plattform stellt Kliniken ein kontrolliertes „Data-Governance-Framework“ zur Verfügung, um Daten für Forschung und Entwicklung datenschutzkonform bereitzustellen.

- Umsetzung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt: Von der Berücksichtigung der Patienteneinwilligung über Regelungen zu möglichen Nutzungszwecken.

- Definition der notwendigen technischen und organisatorischen Anforderungen eines Datenempfängers zur Gewährleistung der Datensicherheit.

- Sicherstellung ausreichender Pseudonymisierungs- und Anonymisierungsgrade der Patientendaten.

Das KI-Projekt verarbeitet unstrukturierte und strukturierte Informationen aus unterschiedlichen medizinischen Systemen und Anwendungen, wie KIS, LIS, RIS und PACS. Die Anbindung erfolgt über einen Integrationsserver, der die Protokolle HL7 v2, v3, CDA, SDC, FHIR und DICOM beherrscht.

- Medizinische und klinische Daten, die als unstrukturierte Texte, PDF-Dateien und radiologische Bilder vorliegen, werden durch Applikationen von Drittanbietern strukturiert, analysiert und zur interoperablen Nutzung bereitgestellt.

- Diese extrahierten Gesundheitsdaten können von Kliniken zur Unterstützung und Automatisierung interner Prozesse genutzt und für Forschungsanwendungen und Entwicklungen externen Partnern und Organisationen zugänglich gemacht werden.

Das Konsortium von Aiqnet umfasst 16 etablierte Organisationen der Medizintechnik, Pharmaindustrie und Gesundheitsversorgung. Seit Januar 2020 entwickeln die Partner des vom BMWK im Rahmen des KI-Innovationswettbewerbs geförderten Projekts die technische Infrastruktur und darauf aufbauende Anwendungen. Im Zentrum steht die datenschutzkonforme, anonymisierte Bereitstellung strukturierter medizinischer Daten für Prozessautomatisierung, Studien, Forschung und Produktentwicklung. Besonderes Merkmal des Projekts ist die enge Kooperation zwischen Industrie, Forschung und Versorgungseinrichtungen.

Kontakt

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

Scharnhorststr. 34-37
10115 Berlin
Deutschland

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