Aus den Kliniken

Wichtige Erkenntnis für die Therapie der Alzheimer Demenz

07.11.2023 - Etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten mit der Alzheimer-Demenz trägt die problematische e4-Variante des Apolipoprotein-Gens im Erbgut.

Wie genau diese Genvariante das Fortschreiten des Erkrankungsprozesses beeinflusst, hat ein Team von Forschenden des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung des LMU Klinikums unter Leitung von Dr. Nicolai Franzmeier erforscht. „Unser Befund könnte Auswirkungen auf die zeitliche Planung neuer Anti-Amyloid-Therapien haben, die wahrscheinlich bald auch in Europa zugelassen werden“, sagt Anna Mary Steward, die Erstautorin der neuen Publikation, die jetzt im renommierten Fachjournal „JAMA Neurology“ erscheint.

Die Alzheimer-Krankheit (AK) zählt zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und ist die Hauptursache für Demenz im Alter. Ihre Kennzeichen: Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Sie machen die Bewältigung des Alltagslebens immer schwieriger.

Für die Entstehung der Erkrankung wesentlich ist zunächst die Verklumpung von Amyloid-Eiweißen im Gehirn, die zeitlich verzögert zur Entstehung von fehlgefalteten Tau-Eiweißen führen. Im Zuge der amyloid-assoziierten Entstehung und Ausbreitung der Tau-Ablagerungen werden schließlich die Nervenzellen und die Kontaktstellen zwischen den Neuronen, die Synapsen, immer weiter zerstört, was letztlich zur Demenz führt. „Die zeitliche Verzögerung, mit der Amyloid die Tau-Ausbreitung anstößt, variiert aber von Mensch zu Mensch“, sagt Dr. Nicolai Franzmeier vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung des LMU Klinikums.

Die Forschenden haben fast 370 Patient*innen, Durchschnittsalter 70plus, näher beleuchtet. Sie wussten dabei genau, wer schon welche kognitiven Einschränkungen hatte und wer nicht – und wer die APOE-e4-Variante in den Genen trägt. Über einen Zeitraum von rund zwei Jahren wurden die Probanden immer wieder mit ausgefeilten bildgebenden Verfahren (Tau- und Amyloid-PET) untersucht. Diese Untersuchungen können dabei die Ausbreitung der krankhaften Amyloid- und Tau-Eiweiße im Gehirn erfassen. Über die Zeit lässt sich so ermitteln, wie rasch die Krankheit fortschreitet.

Ergebnis: Bei Patient*innen mit der e4-Risikovariante im APOE-Gen entwickelt sich die Kaskade der Erkrankung offenbar schneller. „Weniger Amyloid im Gehirn ist notwendig, um die Tau-Ausbreitung auszulösen“, sagt Franzmeier. Das heißt: Bei Patient*innen mit der e4-Risikovariante scheint das Amyloid den fatalen Tau-Prozess früher zu triggern als bei Patient*innen ohne die e4-Risikovariante.

Nun ist es so, dass vermutlich bald auch in Europa neue Medikamente zugelassen werden, die das klinische Fortschreiten der Erkrankung leicht verzögern können, weil sie Amyloid-Proteine aus dem Gehirn entfernen. „Und da sagen die Daten unserer Studie, dass Patient*innen mit e4 vermutlich früher mit diesen Medikamenten behandelt werden müssten, um die Ausbreitung von Tau und damit die Entstehung von Symptomen zu bremsen“, erklärt Anna Mary Steward. Dafür spricht, dass die Anti-Amyloid Medikamente in der klinischen Erprobungsphase bei Patient*innen mit e4 eine geringere klinische Wirksamkeit zeigen, so Steward: „Sie verlangsamen den Abbau der Hirnleistung lange nicht so gut, obwohl das Amyloid-Protein aus dem Gehirn weggeräumt wird, weil wahrscheinlich der nächste entscheidende Schritt im Krankheitsprozess mit Tau früher begonnen hat.“

Die Münchner Mediziner*innen sagen, dass sich diese Hypothese mit einer spezifischen klinischen Studie erproben ließe. Franzmeier: „Der Zeitpunkt der Intervention sollte bei ApoE4-Trägern in der Alzheimer-Behandlung überdacht werden, um möglicherweise die Ausbreitung von Tau zu verlangsamen und den kognitiven Verfall abzumildern. Angesichts der Tatsache, dass 40 bis 60 Prozent der sporadischen Alzheimer-Patienten die e4-Variante tragen, ist dies für die Zukunft der Anti-Amyloid-Therapien von entscheidender Bedeutung."

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