Aus den Kliniken

Gender Pain Gap: Frauen und Männer gehen unterschiedlich mit Schmerzen um

14.05.2025 - Frauen sind wehleidig und starke Männer kennen keine Schmerzen – solche Klischees sind nach wie vor verbreitet.

Die Forschung beschäftigt sich seit einigen Jahren mit geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Schmerzmedizin. Chefarzt Stephan Vinzelberg vom Sana Klinikum Lichtenberg erklärt, welche Unterschiede für die Therapie wichtig sind.

Chronische Schmerzen treten bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern. Etwa 70 Prozent der betroffenen Patienten sind weiblich. Zahlreiche Faktoren beeinflussen die Verarbeitung von Schmerzen im menschlichen Körper. Dazu gehören unter anderem die genetische Veranlagung, hormonelle Aspekte, soziale Faktoren und Schmerzerfahrungen in der Vergangenheit. All diese Faktoren beeinflussen auch die an der Verarbeitung von Schmerzen beteiligten Gehirnregionen.

Dr. Stephan Vinzelberg ist Chefarzt der Klinik und Tagesklinik für Manuelle Medizin am Sana Klinikum Lichtenberg. Er kennt die Forschungslage zur geschlechtersensiblen Schmerzmedizin sehr gut: „Aus Studien wissen wir, dass Frauen Druckschmerz beispielsweise stärker empfinden als Männer. Östrogen, das weibliche Hormon, führt zu einer Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit, während das männliche Hormon Testosteron die Schmerzempfindlichkeit eher reduziert.“

In den Gehirnregionen, die für die Schmerzverarbeitung eine Rolle spielen, gibt es auch Rezeptoren, das heißt Andockstellen, für Östrogen. Somit wirkt sich die Konzentration des Hormons auch auf die Schmerzwahrnehmung aus. Besonders nach den Wechseljahren führen Schwankungen des Östrogens zu einer niedrigeren Schmerztoleranz bei Frauen, wie eine Übersichtsarbeit amerikanischer Wissenschaftler zeigte.

Schmerzmedikamente wirken bei Frauen und Männern unterschiedlich

Schmerzmedikamente haben bei Frauen und Männern unterschiedliche Effekte. Die Ausscheidung von Paracetamol, einem bekannten Mittel zur Reduzierung von Schmerzen, ist bei Frauen um etwa 30 Prozent reduziert. Somit kann es bei Frauen schneller zu Nebenwirkungen kommen als bei Männern, wenn sie Paracetamol langfristig einnehmen oder überdosieren. Bei Opioiden, das heißt sehr stark wirkenden Schmerz- und Betäubungsmitteln mit hohem Suchtpotenzial, sind die Geschlechtsunterschiede sowohl bei der Effektivität als auch bei den Nebenwirkungen vorhanden. Frauen benötigen daher etwa 40 bis 50 Prozent geringere Opioid-Dosierungen. Es macht also einen großen Unterschied, ob ein Mensch mit Schmerzen weiblich oder männlich ist. Obwohl die Studien, die diese geschlechterabhängigen Unterschiede in der Wirksamkeit von Analgetika belegen, zum Teil schon zwischen zehn und 20 Jahre alt sind, ist die Durchdringung dieser Erkenntnisse in der Schmerztherapie noch unzureichend.

Umgang mit Schmerzen

Frauen neigen eher dazu, Schmerzen zu akzeptieren und einfach weiterzumachen. Männer sind diesbezüglich häufig anders gestrickt. Ein Forschungsteam aus Schweden hatte in seiner Studie mehr als 1300 Patienten einer auf Schmerzen spezialisierten Rehabilitationseinrichtung untersucht. Sie fragten verschiedene Aspekte ab, darunter Schmerzakzeptanz, Kinesiophobie, das heißt Angst vor Bewegung, den Einfluss des Schmerzes auf den Alltag, Angst, Depression sowie die Lebensqualität. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen bei gleicher Schmerzintensität ein signifikant höheres Aktivitätslevel und eine größere Akzeptanz aufweisen. Männer gaben hingegen häufiger Angst vor Bewegung und Stimmungsprobleme an. Ihr Aktivitätslevel war geringer als das der Frauen in dieser Studie. Die größten Unterschiede fanden die Forschenden im Hinblick auf Schmerzakzeptanz und Bewegungsangst.

Stephan Vinzelberg erklärt: „Männer und Frauen gehen unterschiedlich mit Schmerzen um, das stelle ich auch in unserer Klinik immer wieder fest. Ausnahmen bestätigen die Regel, das ist klar. Die Forschungsergebnisse zeigen aber auf, dass es eine geschlechtsspezifische Tendenz gibt, die wir in der Therapie mit unseren Patientinnen und Patienten berücksichtigen sollten.“

Vorurteile

Eine Untersuchung aus den USA beschäftigte sich darüber hinaus mit der Fragestellung, was Menschen über die Schmerzäußerungen von Männern und Frauen denken. Ein wichtiges Ergebnis: Menschen glauben, dass Frauen Schmerzen eher übertreiben und Männer Schmerzen eher verharmlosen. Dies könnte dazu führen, dass Frauen mit Schmerzerkrankungen weniger ernst genommen werden und dadurch erst spät oder gar keine Therapie erhalten.

„Zu Vorurteilen wie diesen müssen wir aufklären. Es ist sehr wichtig, Patienten mit chronischen Schmerzen so früh wie möglich zu identifizieren und die richtige Therapie einzuleiten. Wenn Frauen mit Schmerzerkrankungen weniger ernst genommen werden, erhalten sie die richtige Therapie womöglich erst spät oder gar nicht“, so der Schmerzexperte vom Sana Klinikum Lichtenberg.

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