Gesundheitsökonomie

Patientenhotels - Von der Evolution zur Revolution

16.11.2010 -

Patientenhotels könnten die Lösung für die Kostenschraube im Klinikwesen sein. Dieses Statement der Deutsche Patientenhotel GmbH klingt wie Musik in den Ohren der Krankenhaus-Manager. Gefordert, sich täglich neue Konzepte zur Kostenreduktion anhören zu müssen, sind Krankenhausmanager den vielen Ideen gegenüber sicher skeptisch.

Und nun sollen Patientenhotels die Lösung sein? Der Ansatz klingt plausibel: weniger Kosten durch billigere Hotelfachkräfte statt teurem Pflegepersonal. Weniger Ressourceneinsatz durch abgestufte Versorgungskonzepte - und mehr Patientenservice. Man sieht vor dem geistigen Auge fröhliche Patienten in der Hotellobby - es riecht nach frischem Kaffee, und der Geschäftsführer der Klinik begrüßt die Patienten wie der Kapitän seine Gäste auf dem Traumschiff.

Doch zurück zur Realität. Bei langen Verweildauern können abgestufte Versorgungsstufen sinnvoll sein, um Ressourcen effizienter einsetzen zu können. Schaut man sich die VWD in Deutschland an, so sind wir im Jahr 2007 bei einer VWD von 8,3 Tagen angekommen. Doch der Blick auf den Mittelwert zeigt nur einen Teil der Wahrheit. Bei einem detaillierten Blick auf die Verteilung der VWD im Jahr 2007 sieht man, dass mehr als die Hälfte aller Patienten sogar nur fünf Tage oder kürzer im Krankenhaus verbringen. Der Durchschnitt wird durch relativ wenige Fälle mit langen Liegedauern nach oben verschoben.

Innerhalb ihres Aufenthaltes werden die Patienten im Extremfall von der Aufnahmestation auf die Normalstation verlegt, ggf. mehrfach in die Diagnostik und in den OP gebracht und vielleicht noch auf die Intensivstation und dann in die Station für IMC (Intermediate Care) verlegt - und dann sollen sie noch einmal in die „Low care"-Station gebracht werden? Die Anzahl an Schnittstellen steigert das Potential an Fehlern in der Kommunikation („Sind Sie der Bauch von der 4? Ach, Sie kommen aus der Uro ...") - und vermutlich ist der Bezug von Schnittstellen zu Fehlerquellen nicht linear.

Bei der Behandlung der Patienten sind medizinische Effektivität, effizienter Ressourceneinsatz und Patientenorientierung nur scheinbar widersprüchliche Ziele. Anstatt den Patienten in einem starren System vermeintlich optimiert hin und her zu schieben, sollten wir überlegen, die Strukturen um die Bedürfnisse der Patienten herum zu organisieren.

Die Befragung von Patienten nach einem Aufenthalt im Krankenhaus zeigt immer wieder: Das Essen ist wichtig. Fragt man aber potentielle Patienten ohne Erfahrung eines kürzlichen Aufenthaltes, dann taucht der Begriff „Essen" gar nicht auf. Die Patienten haben Angst. Angst vor der Erkrankung. Angst vor Therapiefehlern. Angst vor dem Verlust der Selbstbestimmtheit. Diese Angst wird durch den ständigen Wechsel von Ansprechpartnern verstärkt. Die Krankenhausbetreiber müssen im Wettbewerb um Patienten versuchen, dieser Angst zu begegnen, anstatt sie zu verstärken - und sich dann auch um die Qualität des Essens kümmern.

Anstatt an die bestehenden Stationsstrukturen neue Strukturen in Form von Low-Care-Stationen oder Patientenhotels anzubauen - mit Doppelvorhaltung von Sanitäreinrichtungen, Doppelung des Reinigungsaufwands, Erhöhung des Transportaufwands, Steigerung der Schnittstellen und des Kommunikationsaufwands (vom Dokumentationsaufwand ganz zu schweigen) -, sollten wir die Vorteile eines Patientenhotels in die Stationen bringen.

Was bedeutet das in der Praxis? Größere Einheiten auf einer Station mit flexibler Nutzung von Zimmern und bedarfsgerechter Ausstattung der Stationsbesetzungen je nach Schweregrad der Patienten schafft Synergien. Die Unterstützung der Pflegekräfte durch Servicekräfte für nichtmedizinische Hilfestellungen für den Patienten bringt Effizienz durch qualifikationsgerechten Personaleinsatz, schafft mehr Zufriedenheit bei den Fachkräften und mehr Patientenzufriedenheit.

Die baulichen Strukturen müssen hierbei vorangehen. Die Perspektive müssen die nächsten 20 Jahre sein und nicht nur kurzfristige Maßnahmen, um den Betrieb notfallmäßig aufrechtzuerhalten. Drei wesentliche Trends geben Hoffnung zu einem Bewusstseins- und Handlungswechsel.

 

  • Die Umstellung von individuellen Fördermitteln auf Pauschalförderung lässt Investitionen planbarer machen. Die Baupauschale in NRW gibt den Krankenhäusern im Zielzustand nach 2012 die Möglichkeit, die Fördermittel als Finanzierungsinstrument im Sinne einer Hebelwirkung einzusetzen.
  • Hinzu kommen Effizienzsteigerungen durch strukturelle Verbesserungen (z. B. Reduktion der Investitionssumme durch Flächenreduktion und Anordnung von Stationen) und Ablaufoptimierungen (z.B. Steigerung der Personalproduktivität durch geringere Wartezeiten und Unterstützung durch Servicekräfte), die die Ertragskraft erhöhen und ebenfalls als Finanzierungshebel eingesetzt werden können.
  • Darüber hinaus können über Pacht- und Leasingmodelle bis hin zu PPPs zusammen mit privaten Investoren leichter neue Strukturen geschaffen werden, um Krankenhäuser patientenfreundlicher und effizienter zu betreiben.

 

Die Entwicklung von Gesundheitsimmobilien muss sich stärker als zuvor an drei Kriterien messen lassen:

  • Beitrag zur Effizienzsteigerung,
  • Patientenorientierung,
  • Flexibilität.

Viele Krankenhäuser - auch neu gebaute - gehen nicht weit genug in ihrem Ansatz, optimale Abläufe zu ermöglichen. Viel zu oft beruhen suboptimale Ergebnisse auf der schwierigen Abstimmung zwischen den Wünschen und Forderungen der ärztlichen und pflegerischen Nutzer einerseits und den Projektentwicklern und Architekten andererseits. Sie müssen diese Forderungen mit den baulichen Anforderungen, den Budgetvorgaben, den Förderrichtlinien abgleichen - und das in einem meist sehr engen Zeitplan und häufig mit ständigen Änderungen.

Quantitative Analysen, die zu faktenbasierten Entscheidungen führen können, werden häufig durch anekdotische Evidenzen ersetzt - oft mit dem Zusatz „Ich hatte mal einen Fall - und der war so ...". Fragestellungen wie „Für wie viele Patienten ist das relevant?", „Wie verläuft der Regelfall, wie lange dauert er im Schnitt und wie oft und warum kommt es zu Abweichungen?" bleiben häufig unbeantwortet, weil den Beteiligten die analytische Vorgehensweise aus der Prozessperspektive fremd ist. Neuartige Ansätze wie „Design for six sigma", d. h. die Ausrichtung der baulichen Strukturen nach prozessidealen Aspekten, müssen dringend den Weg in die Klinik von morgen finden. Nur im Zusammenspiel aus medizinischer Expertise, analytischer Tiefe, baulicher Realisierungserfahrung und exzellentem Projektmanagement lassen sich Klinikstrukturen entwickeln, die die Finanzierbarkeit und damit auch die Zukunftsfähigkeit einer hochwertigen Medizin ermöglichen.

Neue Krankenhäuser müssen sich stärker an den Patientenbedürfnissen orientieren. Angst reduzierende Gestaltung und transparente Abläufe, in denen der Patient im Regelfall den Therapieplan kennt und aktiv an der Umsetzung mitwirken kann, tragen zur Genesung bei und senken aufgrund geringerer Verweildauer der Patienten die Kosten.

Künftige Krankenhausstrukturen müssen flexibel sein. Neben der Ambulantisierung der Behandlung sind es die Auswirkungen des medizinischen Fortschritts - wie beispielsweise der komplexen Bluthochdrucktherapie -, die die alternde Bevölkerung zunehmend zu einer gesunderen Bevölkerung werden lässt. Wer kann schon heute absehen, ob die Krebstherapie in 20 Jahren in gleicher Art stattfinden wird, oder ob die Partikeltherapie längere stationäre Aufenthalte reduzieren kann? Die Funktionsräume von heute sind vielleicht die Stationszimmer von morgen. Ambulanzen könnten vielleicht zukünftig rund um die Uhr genutzt werden, wenn sie flexibel eingerichtet werden können. Diese Flexibilität kann nur erreicht werden, wenn allgemeingültige Standards für Raumtypen entwickelt werden, die sich gleich einer pluripotenten Stammzelle in verschiedene Endformen ausdifferenzieren können.

Zukunftsmusik? Vielleicht. Sicher ist nur, dass in der genauen Definition der Anforderungen von Patienten, Ärzten, Pflege- und Funktionsdienst sowie den Sekundärbereichen der Schlüssel zu einer effizienten und menschlichen Struktur der zukünftigen Krankenhäuser liegt. Kürzlich fertig gestellte Krankenhäuser wie beispielsweise der Neubau der Endo-Klinik in Hamburg zeigen, dass es möglich ist, die drei Forderungen nach Effizienz, Patientenorientierung und Flexibilität miteinander zu verbinden. Neben der Schaffung der neuen baulichen Strukturen müssen effiziente Abläufe schon in der Konzeption entwickelt und eingeübt werden, um zu verbesserten Ergebnissen führen zu können. Die baulichen Maßnahmen dienen hierbei als Katalysator für einen weitreichenden Veränderungsprozess.

So kann die Evolution neuartiger Ansätze bei der Projektentwicklung von Gesundheitsimmobilien zur Revolution in der Klinik werden - und das Hotel zum Patienten bringen und nicht umgekehrt.

Kontakt

Damp Holding AG

Seeuferweg 10
24351 Damp
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