IT & Kommunikation

Wo das eigene Krankenhaus steht

07.05.2020 -

Bundesverband Gesundheits-IT und Marburger Bund bieten Analysetool für die IT im stationären Bereich an.

„Die Dokumentationsqualität hat sich erhöht.“ und „Die Verfügbarkeit von klinischen Informationen wird erhöht.“ Das sind zwei der zehn in klinischen Prozessen erhobenen Nutzen, die Nutzer des Analysetool Check IT am häufigsten nannten. Das Analysetool Check IT gibt Ärzte im Krankenhaus die Möglichkeit, eine Nutzenbewertung digitaler Lösungen in klinischen Prozessen vorzunehmen. Gemeinsam mit dem Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) hat der Marburger Bund (MB) die Online-Checkliste entwickelt, die der Komplexität der verschiedenen Abläufe im Krankenhaus Rechnung trägt. Mehrere hundert Nutzer hat das MB-Analysetool bereits. Je mehr Krankenhäuser teilnehmen, desto aussagekräftiger wird es. Und jede neue Maßnahme im eigenen Krankenhaus verändert den eigenen Stand im Vergleich zu den anderen Teilnehmern, sodass Aktualisierungen sinnvoll sind.

Vor rund zwei Jahren war der Startschuss des Projektes gefallen. Durch Rückmeldungen soll seitdem das Analysetool stetig verbessert und verfeinert werden. Ein erstes Update dieser Art wurde November 2019 durchgeführt. Der Aufbau und die Struktur blieben unverändert. Allerdings wurde die Anwendung vereinfacht, um die Bearbeitung leichter zu gestalten. Das Analysetool wurde so verbessert, dass es dem Anwender nach Ausfüllen von Check IT schnell und einfach eine gute Analyse an die Hand geben soll. Trotz Update bleibt das Ausfüllen aufwändig. Für die vollständige Bearbeitung der Checkliste benötigen Anwender weiterhin mindestens zwei Stunden. Dafür bekommt man eine genaue Analyse des Stands der Digitalisierung im eigenen Krankenhaus und wie dies vielleicht zu verbessern wäre: „Schon allein durch die Fragen wird man auf Ideen gebracht, was alles verbesserungsfähig ist“, verdeutlicht Priv.-Doz. Dr. Peter Bobbert, Vorstandsmitglied in der Bundesärztekammer und dort Ausschussvorsitzender „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“. Er ist auch beim Marburger Bund auf Themen der Digitalisierung spezialisiert und führt aus: „Das kann z.B. die Arzneimitteltherapie betreffen, die von Planung und Kontrolle über Arzneimittelinteraktionen bis zum individualisierten Medikationsplan und der endgültigen Gabe an den Patienten komplett digital gestaltet werden könnte.“ Bobbert macht klar, dass der Aufwand notwendig ist, um die notwendige Detailtiefe zu erreichen.

IT-Lösungen in Einzelprozessen bewerten

Mehr als hundert deutsche Krankenhäuser haben dies bislang komplett ausgefüllt, sodass bereits im Oktober 2019 sehr gut analysierbare Daten für eine Zwischenauswertung vorlagen. Demnach liegt der durchschnittliche Reifegrad bei 48%. Das bedeutet: Klinische Prozesse werden nur teilweise und lückenhaft durch IT unterstützt. Und dies entspricht in der Größenordnung den Ergebnissen anderer Tools zur Erfassung des Digitalisierungsgrades in Krankenhäusern. So werden beim „Electronic Medical Record Adoption Model“ (EMRAM) die Krankenhäuser anhand einer Skala von 0 (keine Digitalisierung) bis 7 (papierloses Krankenhaus) bewertet. Im Modell der internationalen HIMSS erreichten die deutschen Krankenhäuser im Durchschnitt lediglich einen Wert von 2,3. Sie sind damit im Vergleich zu anderen Ländern nur unterdurchschnittlich digitalisiert. Der Abstand zum europäischen Durschnitt (3,6) hat sich laut Krankenhaus-Report 2019 in den letzten Jahren vergrößert. „Es ist deutlich geworden, dass die Digitalisierung in den deutschen Krankenhäusern nur langsam Einzug hält.“ Check IT betont dagegen die deutsche Sicht der Ärzte in den Krankenhäusern.

Mit Check IT können Teilnehmer den Nutzen von IT-Lösungen in 88 klinischen Einzelprozessen bewerten. Diese werden in technologische und nicht technologische Rahmenbedingungen unterteilt. Der geringe durchschnittliche Reifegrad von 48% hat Gründe. Im Gesamtergebnis werden nämlich klinische Prozesse nur teilweise und lückenhaft durch IT unterstützt, einerseits aufgrund fehlender Verfügbarkeit, andererseits aufgrund eines Nebeneinanders von analogen und digitalen Prozessen oder einer unzureichenden Funktionalität zur vollständigen Prozessunterstützung. Etwa die Hälfte der Teilnehmer gibt an, dass die notwendige Software nicht überall dort verfügbar ist, wo so sie eigentlich notwendig wäre.

Nur 16% der Teilnehmer stimmten weitgehend oder vollständig der Aussage zu, dass mobile Endgeräte und damit nutzbare klinische Programme verfügbar sind. Etwas besser sieht dies bei der WLAN-Verfügbarkeit aus. Diese ist für 26% der Teilnehmer – rund einem Viertel - weitgehend oder vollständig erfüllt.

Die mit deutlichem Abstand am ehesten erfüllten Rahmenbedingungen sind kontrollierter Datenzugriff, IT-Sicherheit und Datenschutz. Dies wirkt sich aus Sicht der Teilnehmer allerdings nicht fördernd auf die Nutzenentfaltung aus. Etwa ein Drittel der Antwortenden werteten diese Rahmenbedingungen sogar als hemmend. Als ebenso hemmend wurde die fehlende Unterstützung durch IT-Programme eingestuft, die häufig nicht die benötigten Funktionen hätten, um alle Arbeitsschritte digital umzusetzen. Die Teilnehmer bemängelten zudem die fehlende Nutzerfreundlichkeit von Hard- und Software. Vielfach empfanden sie die digitalen Arbeitsmittel als veraltet. Auch die unzureichende sektorenübergreifende Vernetzung wurde als hinderlich wahrgenommen. Laut 73% der Teilnehmer wurden die Themen „Patientenkommunikation und sektorenübergreifende Vernetzung“ gar nicht oder nur minimal umgesetzt. 67% schätzten den mobilen (internen) Datenzugriff ebenso schlecht ein, 51% die Interoperabilität.

Die zehn häufigsten Nutzenpotenziale

Aber es gab auch ermutigende Signale. So erfahren die Teilnehmer bereits jetzt eine erhebliche Entlastung durch digitale Anwendungen. Zudem wurden IT-Lösungen als eine große Hilfe bei organisatorischen Prozessen und beim Austausch von Daten wahrgenommen. Die zehn häufigsten Nutzenpotenziale von IT in klinischen Prozessen waren:

•            Die Dokumentationsqualität erhöht sich.

•            Die Verfügbarkeit von klinischen Informationen wird verbessert.

•            Die Bewältigung von Dokumentationspflichten und Bürokratie wird besser.

•            Der Status von Aufträgen und Verordnungen kann besser verfolgt werden.

•            Die Patientensicherheit wird höher.

•            Arbeitsabläufe werden durch Standardisierung von Behandlungsprozessen unterstützt.

•            Der Einsatz von Personal, Zeit, Raum und Material kann besser gesteuert werden.

•            Es erfolgt eine Standardisierung der klinischen Dokumentation in Struktur und Terminologie.

•            Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird verbessert.

•            Ein kontinuierliches Qualitätsmonitoring wird ermöglicht und verbessert.

Die Checkliste wird nicht kommerziell genutzt und ist komplett anonym. Mit Ausnahme des Anwenders selbst weiß laut Anbietern niemand, welches Krankenhaus teilgenommen hat. Die ermittelten Durchschnitte sind allerdings anonymisiert für alle Anwender von Check IT einsehbar. Am Ende erhalten die Nutzer ein vollständiges Bild des Digitalisierungsgrades ihres Krankenhauses. Auf der DMEA in Berlin wird nun eine Bilanz gezogen und geprüft, wie es weitergeht. Schon jetzt sind weitere Partner für das Projekt erwünscht, berichtet Bobbert. Vielleicht lässt sich ja schon beim Gesundheits-IT-Branchentreff ein positiver Trend der Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern erkennen.

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