Labor & Diagnostik

Prof. Reinhard Burger im Interview über Hochsicherheitslabore und Bioterrorismus

01.07.2011 -

Prof. Reinhard Burger im Interview über Hochsicherheitslabore und Bioterrorismus. Ebola oder Lassa – diese tödlichen und hoch ansteckenden Viren dürfen nur in Laboren mit dem höchstmöglichen Sicherheitslevel untersucht werden. Das Robert Koch-Institut baut nun als erstes Bundesinstitut ein Labor dieser Schutzstufe 4 in Berlin. Kathrin Burghof von der Medica-Redaktion sprach mit Prof. Reinhard Burger, Vizepräsident des Robert Koch-Instituts (RKI) über Bioterrorismus und den Nutzen von modernen Hochsicherheitslaboren.

MEDICA.de: Herr Burger, im Robert Koch-Institut werden neue Laborgebäude gebaut. Waren die alten nicht mehr sicher genug?

Reinhard Burger: Natürlich sind unsere Laboratorien sicher. Die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde überprüft das ja auch regelmäßig. Aber es gibt bislang kein Institut des Bundes mit einem Labor der Schutzstufe 4 für Infektionskrankheiten des Menschen. Das wird jetzt am Robert Koch-Institut entstehen.

MEDICA.de: Was bedeutet Schutzstufe 4 genau?

Reinhard Burger: Als Labore der Schutzstufe 4 werden Hochsicherheitslabore bezeichnet. Erreger der Risikogruppe 4 sind zum Beispiel das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber-Virus, Lassa- oder Ebolaviren. International werden inzwischen eine Reihe von S4-Labors gebaut. Die Gründe dafür sind vielfältig. Nämlich, ist in den vergangenen Jahrzehnten nahezu jedes Jahr ein neuer Erreger entdeckt worden, der klinisch relevante Erkrankungen des Menschen hervorrufen kann. Denken Sie nur an SARS. Außerdem gibt es internationale Überlegungen der Genehmigungsbehörden, Erreger in höhere Schutzstufen als bisher einzugruppieren.

MEDICA.de: Warum?

Reinhard Burger: Seit den Milzbrandanschlägen in den USA 2001 werden die Arbeiten zur Bekämpfung bioterroristisch relevanter Erreger immer wichtiger. Um hier ohne Risiken forschen zu können, muss eine Einstufung in die nächst höhere Stufe gegeben sein. Erst in einem Labor der Schutzstufe 4 kann ohne Risiken für die Menschen mit diesen Erregern gearbeitet werden.

MEDICA.de: Ihre Labore zeichnen sich durch einen besonderen Aufbau mit mehreren Schleusensystemen und einem von anderen Gebäuden räumlich getrennten Standort aus.

Reinhard Burger: Ja, das ist richtig. Unser S4-Labor ist Bestandteil eines großen Büro- und Laborgebäudes. Aber das Hochsicherheitslabor ist räumlich und organisatorisch von umgebenden Gebäuden zu trennen. Es ist eine von der Umgebung völlig getrennte aerosoldichte Einheit mit eigener Luft-, Strom- und Wasserversorgung. Nur so kann gewährleistet werden, dass kein Erreger den Komplex verlässt. Die Sicherheit für die Menschen hat oberste Priorität.

MEDICA.de: Wie sieht es mit der Sicherheit in anderen vergleichbaren Laboren aus? Viele sind inzwischen veraltet. Muss hier, Ihrer Erfahrung nach, vermehrt etwas getan werden, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten und Infektionen zu vermeiden?

Reinhard Burger: Das müssen, je nach Fall, die zuständigen Genehmigungsund Kontrollbehörden vor Ort beurteilen.

MEDICA.de: Sie denken also nicht, dass unbedingt ein Neubau nötig wäre?

Reinhard Burger: Generell gilt natürlich wie bei allen komplexen Anlagen, dass eine sachgerechte Wartung und Kontrollmaßnahmen zwingend erforderlich sind, aber nicht unbedingt ein Neubau.

MEDICA.de: Gibt es neue innovative Methoden und Materialien, die aktuell verwendet werden?

Reinhard Burger: Beim Bau orientieren wir uns bezüglich der Methoden und Materialien an dem international üblichen modernsten Sachstand. Die sehr aufwendige Planung hat auch die Erfahrungen aus ähnlichen Bauvorhaben mit einbezogen.

MEDICA.de: Welche Rolle spielt der Standort eines modernen Hochsicherheitslabors?

Reinhard Burger: Die meisten Hochsicherheitslaboratorien weltweit werden innerhalb von Städten betrieben. Diese Wahl der Lage begründet sich damit, dass eine enge Kooperationen der Wissenschaftler eines Hochsicherheitsbereichs mit anderen Forschern vor Ort für die Leistungsfähigkeit einer solchen Einrichtung unverzichtbar sind. Ein S4-Sicherheitslabor kann aus logistischen Gründen nicht isoliert vom übrigen Institut betrieben werden, da die Wissenschaftler auf unterstützende Laboratorien angewiesen sind. Vom S4-Sicherheitslabor im Robert Koch- Institut werden die Patienten der benachbarten Sonderisolierstation des Charité-Klinikums – und damit die Bevölkerung – profitieren, da die Untersuchung der Patientenproben direkt in Berlin, ohne Zeitverlust durch einen aufwendigen Transportweg, erfolgen kann.

MEDICA.de: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Denken Sie, dass wir vor dem Hintergrund immer neuer Erreger und Krankheiten in Zukunft neue, noch schärfere Sicherheitsrichtlinien für Labore brauchen?

Reinhard Burger: Die Maßnahmen haben sich in vergleichbaren S4-Laboratorien über Jahrzehnte als wirksam bewährt. Ich denke, dass die Sicherheitsvorgaben daher im Moment ausreichend sind.

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