Medizin & Technik

Intraossäre Punktion anstatt schwierige Venenpunktion

09.07.2012 -

Intraossäre Punktion anstatt schwierige Venenpunktion. In der Notfallmedizin ist die Gabe von Medikamenten häufig lebensrettend. Oft vereiteln insbesondere im Kleinkindes- und Säuglingsalter die Dimensionen mit reichlich „Babyspeck“ und geringe Übung der Notärzte die zügige periphere Venenpunktion.

Alternative Applikationswege für Notfallmedikamente haben zum überwiegenden Teil keine Bedeutung. Gerade bei Reanimationen erfolgt häufig eine endobrochiale Medikamentenapplikation. Hierfür eignen sich die Reanimationsmedikamente Adrenalin, Atropin u.ä. Eine Volumentherapie oder Narkoseeinleitung ist nicht möglich. Ein alternativer Zugang zum Gefäßsystem stellt die zentral-venöse Punktion dar. Aufgrund der schwierigen Anatomie, mangelnder Sterilität, der meist mangelnden Übung und der langen Zeitdauer stellt dieser Zugangsweg eine Ausnahme dar. Eine sinnvolle Alternative stellt die intraossäre Punktion dar. Sie wurde in den 20er Jahren beschrieben und Anfang der 80er Jahre in den USA bei kritisch kranken Kindern wiederentdeckt. Seit 1986 wird die intraossäre Punktion in den „Standards and guidelines for cardiopulmonary resuscitation and emergency cardiac care“ in den USA empfohlen, seit Anfang der 90er Jahre auch in Deutschland. Die intraossäre Punktionskanüle befindet sich heute in fast jedem Kindernotfallkoffer, gleich neben dem Teddybär zum Trösten. In den neuen Guidelines der ILCOR wird die intraossäre Punktion sogar der endobronchialen Medikamentengabe vorgezogen – auch beim Erwachsenen.

Punktionstechnik

Die Punktionsstelle ist die proximale Tibiafläche mit einem Einstichwinkel 45° kaudalwärts (Schonung der Epiphysenfuge). Der Unterschenkel wird hart gelagert, ausreichend desinfiziert und steril abgedeckt. Unter Drehbewegungen und konstantem Druck wird die Kanüle durch die Knochenwand gebohrt bzw. mit einem Schussgerät durch den Knochen geschossen. Teilweise kann Knochenmark aspiriert werden.

Effektivität und Komplikationen

Die Effektivität, Dosierung und Wirkeintritt der intraossären Medikamentenapplikation ist der intravenösen Gabe gleichzusetzen. Die intraossäre Punktion kann mit bis zu 100%igem Erfolg innerhalb von Sekunden bis weniger Minuten auch vom Ungeübten durchgeführt werden, nach Übung am Phantom gelingt die Punktion jedoch schneller. Durch steriles Arbeiten, kurze Liegezeit der Kanüle und korrekte Punktionstechnik kommt es nur selten zu Komplikationen. Regelhaft kommt es zu Fettembolien, die jedoch von untergeordneter klinischer Bedeutung sind. Durch Manipulationen an der Punktionsnadel ist ein Kompartmentsyndrom möglich.

Indikation und Erfahrungen

Falls bei notweniger Medikamentengabe in Notfallsituationen innerhalb von 90 Sekunden kein venöser Zugang gelingt, empfehlen die Fachgesellschaften (zuletzt ILCOR) die intraossäre Punktion – auch beim Erwachsenen – noch vor der endobronchialen Medikamentenapplikation. An unserer Klinik mit zwei Rettungshubschraubern und einem Notarztwagen wurde die intraossäre Punktionskanüle vor neun Jahren eingeführt. In 13 kindlichen Notfallsituationen wurde dieser Zugang inzwischen erfolgreich angewandt.

Zusammenfassung

Bei kindlicher Lebensgefahr ist die intraossäre Punktion eine optimale Methode, wenn innerhalb kürzester Zeit kein sicherer peripher-venöser Zugang geschaffen werden kann. Die intraossäre Punktion ist auch vom Ungeübten innerhalb kürzester Zeit mit hoher Erfolgsquote durchzuführen. Sämtliche Medikamente können in intravenöser Dosierung appliziert werden, die Risiken sind gering. Nach unseren Erfahrungen ist die intraossäre Punktionstechnik aus der präklinischen Notfallmedizin nicht mehr wegzudenken. Die Ausstattung der Rettungsmitteln mit intraossären Punktionskanülen sollte zum Standard gehören. Die Punktionstechnik sollte von jedem Notarzt beherrscht und ständig geübt werden.

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