Hygiene

Forschungswerkstatt Onkologie: Multikinasehemmer Sorafenib bei verschiedenen Tumoren wirksam

06.05.2012 -

Forschungswerkstatt Onkologie: Multikinasehemmer Sorafenib bei verschiedenen Tumoren wirksam. Der Multikinasehemmer Sorafenib ist zur Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zugelassen und zeigt jüngsten Daten zufolge auch beim hepatozellulären Karzinom eine signifikante Wirksamkeit. Erste Daten deuten auch bei anderen Tumoren klinisch günstige Effekte an, etwa beim Malignen Melanom und beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom. Das Entwicklungspotential des Wirkstoffs diskutierten namhafte Forscher bei der 1. Forschungswerkstatt Onkologie von Bayer Schering in Köln.

Sorafenib (Nexavar) gehört zu den modernen Antitumormedikamenten, die für die neue Richtung der „Targeted Therapy“ stehen, und zeichnet sich dadurch aus, dass gleich mehrere Signalproteine beeinflusst werden. Der Tumor wird quasi in die Zange genommen, wie bei der Forschungswerkstatt Onkologie in Köln deutlich wurde. Dort wurden die neuesten Forschungsdaten zu Sorafenib vorgestellt, die dem Wirkstoff eine breite Antitumor-Wirksamkeit bescheinigen.

Antitumor-Wirkung über zwei grundlegende Mechanismen

Konkret hemmt Sorafenib Serin-/Threoninkinasen der RAS/RAF-Familie, die Proliferation, Zellüberleben und Zelldifferenzierung steuern und inhibiert zugleich die Angiogenese (Blutgefäßneubildung) über eine Hemmung der VEGF-Rezeptor (vascular endothelial growth factor rezeptor)-Tyrosinkinase in den Blutgefäßzellen und schneidet den Tumor somit von der Nährstoffversorgung ab. Beide Wirkmechanismen sorgen für eine grundlegende Antitumorwirkung von Sorafenib. Denn der RAS/RAF-Pathway ist nach Prof. Ulf R. Rapp aus Würzburg bei vielen humanen Tumoren verändert und auch die Angiogenese scheint ein grundlegendes Prinzip beim Tumorwachstum und bei der Metastasierung zu sein. Beide Mechanismen zu hemmen, könnte sich, so die in Köln vorgestellten Daten, bei verschiedensten Tumorarten als sinnvoll erweisen.

Längeres progressionsfreies Überleben beim Nierenzellkarzinom

Zugelassen ist Sorafenib derzeit für die Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms, wenn eine vorherige zytokinbasierte Therapie versagt hat oder der Patient für eine Zytokintherapie nicht geeignet ist. Dr. Michael Staehler aus München berichtete, dass in der TARGETs-Studie (Treatment Approaches in Renal Cancer Global Evaluation Trial), einer Phase III-Studie bei 903 Patienten, bei 76 % der Sorafenib-Patienten ein Rückgang der Tumorgröße und bei insgesamt 84 % eine Tumorstabilisierung gesehen worden war. „Gegenüber Placebo bewirkte Sorafenib eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens“, berichtete Staehler in Köln. Noch bessere Ergebnisse nach Priv.-Doz. Dr. Jan Roigas, Berlin, zeigen sich ersten kleineren Studien zufolge durch die Kombination von Sorafenib mit der bisherigen Standardtherapie mit Zytokinen. Die Tumorkontrolle und Krankheitsstabilisierung werteten die anwesenden Experten als einen erheblichen Fortschritt bei dem ansonsten schwer therapierbaren Tumor.

Ein längeres progressionsfreies Überleben der Patienten bei guter Lebensqualität ist ebenso wie das längere Gesamtüberleben ein wichtiges Ziel der modernen „Targeted Therapy“, die anders als die klassische Chemotherapie schon von den Mechanismen her meist keine direkte Tumorelimination bewirkt. Die bisher gebräuchlichen RECIST-Kriterien (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors) bieten damit kein adäquates Kriterium mehr, um den Antitumoreffekt neuer Krebsmedikamente zu bewerten, so die Meinung vieler Experten in Köln. Dass sich mit den neuen Wirkstoffen tatsächlich eine Art Paradigmenwechsel in der Onkologie vollzieht, machte dort Prof. Dieter Jocham aus Kiel deutlich. Substanzen wie Sorafenib, die eindeutig eine Tumorstabilisierung bewirken, sollten nach seinen Worten deutlich früher bei Krebserkrankungen erprobt werden und zwar durchaus auch in der adjuvanten Therapie.

Gute Verträglichkeit, beherrschbare Nebenwirkungen

Dies scheint vor allem auch wegen der guten Verträglichkeit gerechtfertigt. Als häufigste potentielle Nebenwirkungen von Sorafenib, das als Tablette eingenommen wird, nannte Dr. Joachim Beck aus Mainz eine Hand-Fuß- Hautreaktion, Hautausschläge, Durchfall sowie eine Hypertension. Die Nebenwirkungen treten in aller Regel relativ rasch nach Therapiebeginn auf und sind meist gut beherrschbar. Nur bei etwa 5 % der Patienten kam es zu Grad 3/4-Nebenwirkungen und insgesamt musste die Behandlung nach Beck unter Sorafenib kaum häufiger wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden als in der Placebogruppe, was die gute Verträglichkeit des Multikinasehemmers unterstreicht.

Längeres Gesamtüberleben beim Leberzellkarzinom

Große Aufmerksamkeit hat Sorafenib im Zusammenhang mit neuen Daten zum Leberzellkarzinom erfahren. So wurde die SHARP-Studie (Sorafenib HCC Assessment Randomized Protocol Trial), in der der Multikinasehemmer bei 602 Patienten mit fortgeschrittenem hepatozellulären Karzinom geprüft wurde, vorzeitig abgebrochen. Ein unabhängiges Data Monitoring Commitee hatte diese Maßnahme empfohlen, nachdem klar war, dass der primäre Endpunkt der Studie bereits erreicht war. „Damit steht fest, dass Sorafenib das Gesamtüberleben der Patienten signifikant verlängert“, erklärte Priv.-Doz. Dr. Andreas Erhardt aus Düsseldorf. Die genauen Ergebnisse werden nach seinen Worten derzeit analysiert. Schon jetzt aber ist nach Erhardt klar, dass es sich um ein relevantes Ergebnis handelt: „Die SHARPStudie ist die erste große randomisierte Studie, in der beim fortgeschrittenen Leberkrebs Überlebensvorteile durch eine systemische medikamentöse Therapie gezeigt worden sind“, erklärte der Mediziner in Köln.

Effekte auch beim Malignen Melanom und beim NSCLC

Hoffnungsvolle Daten gibt es zudem beim malignen Melanom, bei dem in rund 80 % Mutationen im RAS/RAF-Signalweg nachzuweisen sind. Es ist nach Prof. Dirk Schadendorf, Mannheim, deshalb folgerichtig, in Studien zu prüfen, ob Sorafenib auch bei diesem Tumor wirksam ist. Hinweise aus humanen Melanom-Zelllinien und auch aus einer ersten Phase-II-Studie hierauf gibt es bereits, verschiedene weitere Studien laufen derzeit. Ähnlich sieht es beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) aus. In einer Phase II-Studie bei 54 Patienten wurde mit Sorafenib allein in 59 % der Fälle eine Stabilisierung der Situation erwirkt und ein ermutigendes progressionsfreies Überleben beobachtet. „Die Effekte sind anderen modernen Targeted Drugs, die beim NSCLC eingesetzt werden, durchaus vergleichbar“, erläuterte der Mediziner. Eine weitere Studie mit Sorafenib in Kombination mit Gefitinib erwirkte bei 63 % der Patienten mit fortgeschrittenem Tumor eine Krankheitsstabilisierung.

Bei den künftigen Studien wird Sorafenib auch bei weiteren Indikationen geprüft und das insbesondere bei Gallengangskarzinomen, bei Kopf-Hals-Tumoren, beim Schilddrüsenkarzinom, beim Glioblastom und auch bei häufigen Tumoren wie dem Prostatakarzinom und Lymphomen. Geprüft wird in einzelnen Untersuchungen, so wurde in Köln dargestellt, auch der Effekt einer Dosiseskalation sowie die Möglichkeiten der Kombination des Multikinasehemmers mit anderen Antitumormedikamenten mit dem Ziel, additive oder sogar synergistische Effekte gegen die Krebserkrankung nutzbar zu machen.

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