Aus den Kliniken

Die Bedeutung des Lebensstils für die Immunzelltherapie bei Krebs

26.05.2023 - Die CAR-T-Zelltherapie gegen bestimmte Formen von Blut- und Lymphdrüsenkrebs ist eine der TOP-Innovationen in der Tumortherapie.

Nun zeigen neue Studien unter anderem von Medizinern des LMU Klinikums: Patient*innen, die von der Behandlung besonders profitierten, hatten überraschenderweise mehr Fett zwischen den Bauchorganen, zusätzlich mehr Muskelmasse - und eine gute Ernährung, die vor allem zu einer ausbalancierten Darmflora führen sollte, in der bestimmte Bakterien nicht fehlen dürfen. „Die CAR-T-Zelltherapie erfordert deshalb ein ganzheitliches Programm für die Patient*innen“, sagt Prof. Dr. Marion Subklewe, Leiterin des CAR-T Programms der Medizinischen Klinik III des LMU Klinikums.

Ob und wie gut CAR T-Zellen gegen den Tumor kämpfen, hängt von vielen Faktoren ab: zum Beispiel von bestimmten Mutationen in den Tumorzellen oder biologischen Eigenschaften der CAR T-Zellen. „Aber offenbar auch von gewissen körperlichen Gegebenheiten der Patient*innen“, erklärt Dr. Kai Rejeski, mit Dr. David Cordas dos Santos Ko-Erstautor einer neuen Studie eines Teams um Marion Subklewe und Prof. Dr. Sebastian Theurich.

Für ihre Studie werteten die Forschenden die Daten von über 100 Lymphom-Patient*innen aus, die am LMU Klinikum und am Moffitt Cancer Center in Tampa (Florida) mit einer CAR-T-Zelltherapie behandelt wurden. Sie alle wurden vor Start der Therapie routinemäßig mit einem (PET-)CT durchleuchtet. Anhand der CT-Bilder konnten die Forschenden exakt bestimmen, wie sich im Körper das Fett verteilte und wie viel Muskelmasse vorhanden war. Darüber hinaus ermittelte das Team einen Indikator für den Ernährungszustand, der sich unter anderem aus Entzündungswerten wie CRP und dem Proteingehalt im Blut berechnet. Alle Faktoren wurden dahingehend analysiert, ob und wie stark sie mit dem Therapieerfolg zusammenhängen.

Die Resultate

- Patient*innen mit kompakt-robuster Körperstatur mit nicht zu wenig Muskulatur und ordentlich Körperfett um den Bauch - idealisiert vergleichbar beispielsweise mit der Figur eines Sumo-Ringers – und mit niedrigem CRP und einem guten Ernährungszustand hatten in dieser Studie die besten Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang der CAR-T-Zell-Therapie. Mithin die „rustikale Patient*in, die täglich ihre drei Kilometer geht oder im Garten arbeitet, die trotzdem gut isst und einige körperliche Reserven hat“, wie Kai Rejeski sagt.

- Patient*innen von der Statur eines Marathonläufers – wenig Speck am Bauch, aber mit ordentlich vorhandener Muskelmasse – lagen im Mittelfeld, was den Erfolg der Behandlung betraf.

- Und sehr schlanke, ausgehungert erscheinende Patient*innen mit wenig Bauchfett und Muskelschwund schnitten am schlechtesten ab.

Die Ergebnisse der Studie betonen, dass Bewegung und Ernährung mit den entsprechenden körperlichen Reserven auch für moderne Therapien wie die CAR-T Zelltherapie wichtig sind. Insbesondere Patient*innen unter laufender Chemotherapie sollten darauf achten, dass sie Therapiepausen für moderate Bewegungen nutzen und kein Gewicht verlieren - mit guter und ausgewogener Kost.

Letzteres umso mehr im Lichte einer anderen Studie, an der die Ärzt*innen um Marion Subklewe beteiligt waren. Ko-Erstautorin Dr. Viktoria Blumenberg und ihre Kolleg*innen werteten die Daten von über 170 Lymphom-Patient*innen aus, die in Deutschland und den USA mit einer CAR-T-Zelltherapie behandelt wurden. Vorrangig ging es um individuelle Analyse des Mikrobioms im Darm der Patient*innen und wie es die Symptomatik und Überleben beeinflusst.

Die Ergebnisse

- Patient*innen mit vorheriger Breitband-Antibiotika-Behandlung sprachen deutlich schlechter auf die CAR-T-Zelltherapie an und überlebten nicht so lange wie Studienteilnehmenden ohne Antibiotika-Therapie.

- Analysiert man mit Hilfe moderner Methoden der KI nur die Patient*innen ohne vorherige Antibiotika-Behandlung, zeigt sich, wie wichtig ein ausgewogenes Mikrobiom für den Erfolg der CAR-T-Zelltherapie ist. Konkret sind Bakterien der Gattungen Bacteroides, Ruminococcus, Eubacterium und Akkermansia im Darmmikrobiom bei Lymphompatienten mit einem Ansprechen auf eine CAR-T-Zelltherapie assoziiert, vor allem nach Monat 6. „Das ist deshalb wichtig“, sagt Viktoria Blumenberg, „weil nach allem Wissen nur noch wenige Patient*innen sechs Monate nach einer CAR-T-Zelltherapie noch einen Rückfall erleiden.“

Was bedeuten die neuen Erkenntnisse?

Marion Subklewe: „Es bedeutet auf jeden Fall, dass wir im Rahmen einer CAR-T-Zelltherapie Ansatzpunkte haben für Interventionen. Denn der Lebensstil hat einen hochrelevanten Einfluss darauf, wie die Patient*innen auf die Therapie ansprechen.“

Kai Rejeski: „In diesem Sinne sollten wir früh ansetzen und bereits bei der Erstdiagnose eines Tumors ganzheitlich denken und Bewegungs- und Physiotherapie, Ernährungsberatung und psychoonkologische Begleitung in unsere Therapiekonzepte integrieren.“

Viktoria Blumenberg: „Dazu müssen wir noch forschen, um zu verstehen, wie sich die Bakterien-Stämme, die wir identifiziert haben, auf das Immunsystem und auf den Effekt einer CAR-T-Zelltherapie auswirken und welche Faktoren ihr Vorhandensein bedingen. Perspektivisch könnte das den Weg für bestimmte Diäten oder einen bakteriellen Transfer etwa durch eine Stuhltransplantation bahnen.“

Referenzen:

1. Rejeski K, Cordas Dos Santos DM, Parker NH, Bucklein VL, Winkelmann M, Jhaveri KS, et al. Influence of adipose tissue distribution, sarcopenia, and nutritional status on clinical outcomes after CD19 CAR T-cell therapy. Cancer Immunol Res. 2023.

2. Stein-Thoeringer CK, Saini NY, Zamir E, Blumenberg V, Schubert ML, Mor U, et al. A non-antibiotic-disrupted gut microbiome is associated with clinical responses to CD19-CAR-T cell cancer immunotherapy. Nat Med. 2023;29(4):906-16.

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