Labor & Diagnostik

Hinweis auf Parkinson-Vorform in Stuhlprobe

14.02.2023 - Die isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist eine Krankheit, die bereits weit im Vorfeld auf eine Parkinson-Erkrankungen hinweisen kann.

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Erdem Gültekin Tamgüney von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) zeigt, dass im Stuhl der Betroffenen eine erhöhte Konzentration von α-Synuclein-Aggregaten nachgewiesen werden kann. Sie stellen sie ein Nachweisverfahren für diese Aggregate vor, die sie zusammen mit dem Uniklinikum Köln, dem Forschungszentrum Jülich und der attyloid GmbH entwickelt haben.

Es gibt zwei Formen der Parkinson-Erkrankung (kurz PD). In 70 % der Fälle nimmt sie im zentralen Nervensystem (ZNS) ihren Ausgang. Bei rund 30 % der Betroffenen liegt der Ursprung im Nervensystem des Darms („enterisches Nervensystem“). Man spricht bei letzterem von einer „Körper-originären Parkinson-Erkrankung“ (kurz „Body-first PD“). Bei dieser Form bilden sich die charakteristischen Ablagerungen von Aggregaten des körpereigenen α-Synuclein-Proteins in den Neuronen im Darmbereich.

Eine Vorform der Body-first PD ist die isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung (kurz „iRBD“). Sie drückt sich durch teilweise komplexe Bewegungen während einer bestimmten Schlafphase – dem REM-Schlaf – aus, sofern der Patient lebhafte und erschreckende Träume hat. Diese Bewegungen können zu Eigen- oder Fremdgefährdung führen.

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Erdem Gültekin Tamgüney vom Institut für Physikalische Biologie der HHU berichtet nun, dass sie in Stuhlproben betroffener Patienten einen erhöhten Spiegel von α-Synuclein-Aggregaten nachweisen. Sie nutzten dazu eine neue, oberflächenbasierte Fluoreszenzintensitätsverteilungsanalyse („sFIDA“), um einzelne Teilchen von α-Synuclein-Aggregaten zu erkennen und zu quantifizieren.

Prof. Tamgüney: „Wir konnten als Erste α-Synuclein-Aggregaten im Stuhl nachweisen. Unsere Ergebnisse zeigen einen signifikant erhöhten Spiegel von α-Synuclein-Aggregaten bei iRBD-Patienten im Vergleich zu Gesunden oder Patienten mit Parkinson. Diese Erkenntnisse können zu einem nicht-invasiven Diagnostiktool für noch symptomfreie („prodomalen“) Synucleinopathien – einschließlich Parkinson – führen. Damit könnten frühzeitig Therapien eingeleitet werden, bevor Symptome auftreten.“ Bevor das Verfahren in die klinische Praxis Einzug halten kann, sind noch weitere Forschungsarbeiten notwendig. Etwa, warum der Spiegel bei Parkinsonpatienten niedriger lag, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Die Studie wurde zusammen mit dem Institut für Biologische Informationsprozesse – Strukturbiochemie (IBI-7) am Forschungszentrum Jülich, der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln (UKK) und der HHU- und FZJ-Ausgründung attyloid GmbH durchgeführt. HHU und UKK haben dabei die Biobank mit den Stuhlproben von Patienten und Kontrollprobanden aufgebaut. HHU und FZJ haben das Testverfahren entwickelt und die Tests mit den Proben durchgeführt. Die attyloid GmbH ist Kooperationspartner und will an einer kommerziellen Verwertung der Ergebnisse arbeiten. Hier muss verifiziert werden, dass das Testverfahren sicher und im Regelbetrieb einsetzbar ist und so eine Zulassung erhalten kann.

Hintergrund

Bei der Body-first PD bilden sich die für Parkinson charakteristischen Ablagerungen von Fibrillen des körpereigenen Proteins alpha-Synuclein zuerst in Neuronen des enterischen Nervensystems aus, welches den Magendarmtrakt versorgt. Von dort aus wandern die Aggregate dann prionenartig zum ZNS. „Prionenartig“ bedeutet hier, dass ein vorhandenes Aggregat wie ein Kristallisationskeim bewirkt, dass sich in deren Nachbarschaft einzelne alpha-Synuclein-Proteine ebenfalls zu Aggregaten zusammenlagern, so dass sich diese im Körper weiter ausbreiten.

Der Einfluss von Ereignissen im Magendarmbereich aufs Hirn wird als „Magendarm-Hirn-Achse“ bezeichnet. Der Magendarmbereich ist der Umwelt ausgesetzt. Es besteht die Möglichkeit, dass mit der Nahrung aufgenommene Schadstoffe wie Chemikalien, Bakterien oder Viren direkt oder über eine Wechselwirkung mit dem Mikrobiom des Magendarmtrakts die pathologische Bildung der alpha-Synuclein-Aggregate auslösen könnten.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Tamgüney konnte bereits früher nachweisen, dass Magendarminfektionen das Risiko für PD erhöhen. Auch konnte ein Bonn-Düsseldorfer Forschungsteam um Tamgüney im Tiermodell zeigen, dass oral verabreichte α-Synuclein-Fibrillen im Magendarmtrakt aufgenommen werden und sich von dort aus prionenartig zum ZNS ausbreiten und dort eine PD-artige Krankheit auslösen können.
 

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