Gesundheitsökonomie

Kostendämpfungspolitik bedroht Kliniken: Krankenhäuser wehren sich mit bundesweiter Kampagne gegen Gesundheitsreform

20.08.2014 -

Kostendämpfungspolitik bedroht Kliniken: Krankenhäuser wehren sich mit bundesweiter Kampagne gegen Gesundheitsreform. Der von der Regierungskoalition vorgelegte Arbeitsentwurf einer Gesundheitsreform ist für die Mitarbeiter und Träger der Krankenhäuser eine herbe Enttäuschung.
Wir sehen mit großem Befremden, dass nach zweijährigem Diskussionsvorlauf die Koalitionsregierung nicht ansatzweise ihre Ziele für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem umgesetzt hat.
Herausgekommen ist ein unausgegorener Formelkompromiss, der das Prädikat Reform nicht verdient.

Der vorliegende Arbeitsentwurf bietet weder eine Lösung der strukturellen Einnahmeprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), noch stellt er – wie zugesagt – eine Verbesserung bei der Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung in Aussicht.
Die Strukturreformelemente wurden beerdigt. Stattdessen sollen dem stationären Sektor weitere massive Lasten aufgebürdet werden, durch die die flächendeckende 24-Stunden-Versorgung in den Kliniken fahrlässig aufs Spiel gesetzt wird.
Weniger Personal, mehr Stress, weniger Zuwendung, weniger Fortschritt und Wartelisten für Patienten werden die Folge sein. Worum geht es im Einzelnen?
Die Bundesregierung hat im Husarenritt an einem Wochenende entschieden, im Rahmen der Gesundheitsreform die Krankenhausbudgets über einen „Sanierungsbeitrag“ pauschal um 1 % zu kürzen.
Die Kliniken sollen damit jedes Jahr auf 500 Mio. € verzichten.
Darüber hinaus sollen die Krankenhäuser durch eine neue Anschubfinanzierung für hoch spezialisierte Leistungen jährlich um weitere 250 Mio. € zur Ader gelassen werden.
Damit ergibt sich eine Mehrbelastung für die Kliniken in Höhe von insgesamt 750 Mio. € pro Jahr. Völlig realitätsfern wird hier der Eindruck erweckt, aus dem Krankenhausbudget ließen sich beliebig weitere Millionen Euro herausquetschen.
Aber die Kliniken sind nicht die Melkkuh des deutschen Gesundheitssystems. Sie sind auch nicht der größte „Ausgabenblock“, sondern als größter medizinischer Leistungsbereich das Rückgrat der Gesundheitsversorgung in Deutschland.
Wirtschaftlichkeitsreserven sind nicht abrufbar.
Die 2.166 Krankenhäuser in Deutschland sind nicht bereit, diesen Rückfall in die leistungsfeindliche Kostendämpfungspolitik vergangener Jahre widerspruchslos hinzunehmen.
Die Krankenhauslandschaft steht in ihrem Protest gegen die Reformeckpunkte geschlossen zusammen.
Um dem Ausdruck zu verleihen, haben 11 Spitzenverbände von Krankenhausträgern sowie 16 Landeskrankenhausgesellschaften in einer gemeinsamen Resolution gegen die „Zwangsabgabe“ für die Krankenhäuser protestiert.
Am 5. September 2006 haben wir unsere bundesweite Kampagne der Krankenhäuser gegen die Gesundheitsreform 2006 mit einer flächendeckenden Plakataktion und einem Eröffnungs-Event in Berlin gestartet.
Die Kern-Botschaft lautet: Die Krankenhäuser stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Weitere Belastungen und Einschnitte sind schlichtweg nicht mehr verkraftbar, ohne dass es zu gravierenden Beeinträchtigungen bei der Patientenversorgung kommt.
Die Existenz vieler Kliniken ist unmittelbar gefährdet.
Sie müssen bereits monatelange Streiks aushalten, die Einnahmeverluste türmen sich mittlerweile im hohen dreistelligen Millionenbereich auf.
Jedes zweite Haus schreibt bereits heute rote Zahlen. Tendenz steigend.
Mit den geplanten drastischen Kürzungen für die Kliniken verkennt die Politik, dass sie dem stationären Sektor seit Jahren massive Einschnitte zugemutet hat, ohne dass dafür eine Refinanzierung erfolgt ist.
Allein die TVöD-Umstellung sowie die laufende Tarifrunde für die Klinikärzte wird mit rund 1,5 Mrd. € jährlich zu Buche schlagen.
Durch die Umstellung des Bereitschaftsdienstes bleiben die Kliniken unterm Strich auf weiteren ca. 1,3 Mrd. € Mehrkosten sitzen.
Von 2007 an müssen die Krankenhäuser zusätzlich einen Kostenschub von 500 Mio. € durch die Mehrwertsteuererhöhung schultern.
Gleichzeitig wird ignoriert, dass die Krankenhäuser in jahrelanger Vorarbeit seit 2005 ein grundlegend neues, vollpauschalierendes Vergütungssystem eingeführt haben, das für die Kliniken mehrere 100 Mio. € Umstellungskosten bedeutet.
Vor diesem Hintergrund kann die geplante 1%ige Zwangsabgabe von den 2.166 Krankenhäusern nur als Provokation oder völlige Ignoranz der Fakten interpretiert werden.
Die Krankenhäuser haben nichts abzugeben, sie sind selber sanierungsbedürftig. Sie fordern vielmehr dringend benötigte finanzielle Hilfen, um die Personalkostensteigerungen nach den erstreikten Tarifrunden überhaupt auffangen zu können.
Ein Blick auf die Straße genügt, um zu erkennen, was allein der laufende Ärztestreik für höhere Gehälter von 70.000 Krankenhausärzten an 700 kommunalen Kliniken an Mehrkosten verursachen wird.
Die Kliniken brauchen dringend Budgeterhöhungen anstatt Kürzungen und weitere Belastungen.
Mein Fazit: Diese Reform ist mutlos, wo Mut zur Überwindung starrer Abschottung notwendig wäre; sie ist maßlos bei den Belastungen der Kliniken und sie ist systemsprengend und nicht zu Ende gedacht bei der Finanzierung und Steuerung durch die Selbstverwaltung. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Wir appellieren daher eindringlich an die Politik, 1. die geplante Kürzung der Krankenhausbudgets um 750 Mio. € über den „Sanierungsbeitrag“ sowie über die Anschubfinanzierung für hochspezialisierte Leistungen angesichts der bereits jetzt erdrückenden Lasten der Kliniken zurückzunehmen, 2. die Personalmehrkosten der Kliniken von rund 1,5 Mrd. € infolge der Tarifrunde 2006 über einen gesetzlichen Zuschlag in Höhe von 3 % der Budgets zu refinanzieren und 3. die Finanzierung und Steuerung des Systems – also der Gesundheitsfonds und die Selbstverwaltung – einer grundlegenden Revision und Neuberatung in der Koalition zu unterziehen.

Kontakt:
Dr. Rudolf Kösters
Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG),
Berlin
Tel.: 030/39801-0
Fax: 030/39801-3000
dkgmail@dkgev.de
www.dkgev.de

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