KI zwischen Potenzial, Praxis und Vertrauen
30.07.2025 - Der rasante Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) verändert die Gesundheitsversorgung grundlegend. Inmitten dieses Wandels stehen nicht nur neue Technologien, sondern auch Fragen nach Vertrauen, Transparenz und gesellschaftlicher Akzeptanz im Fokus.
Gerade in Deutschland, wo Datenschutz und Patientensicherheit einen besonders hohen Stellenwert genießen, bildet der Diskurs zwischen Forschung, Politik und Praxis die Grundlage für nachhaltige Innovation. In diesem Kontext gewinnen Initiativen und Plattformen, die den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren fördern, an Bedeutung.
Am 26. Juni 2025 hat Philips in der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Berlin den Future Health Index (FHI) 2025 vorgestellt, eine von Philips seit zehn Jahren weltweit durchgeführten Erhebung unter Ärzten und Patienten zu gesundheitsspezifischen Themen. Rund 60 Gäste aus Politik, Klinik, Patientenvertretung und Industrie diskutierten im Rahmen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion über die Ergebnisse der Befragung. Inhaltlicher Schwerpunkt in diesem Jahr: Chancen, Herausforderungen und notwendige Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI im Gesundheitswesen.
Der FHI 2025 zeigt eine deutliche Diskrepanz im Vertrauen gegenüber KI: Während 80 % der befragten Gesundheitsfachkräfte deren Potenzial zur Verbesserung der Versorgung bejahen, teilen nur 48 % der Patienten diese Einschätzung. Die Diskussion machte deutlich: Vertrauen entsteht durch Transparenz, Kommunikation und nachvollziehbare Anwendung.
Vertrauen als Schlüssel zur allgemeinen Akzeptanz
Vertreter aus der Politik betonten die Notwendigkeit, verstärkt die Chancen des Einsatzes von KI zu kommunizieren und positive Anwendungsbeispiele ins Blickfeld zu rücken– ohne dabei das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu vernachlässigen. Zudem sei eine solide Datenbasis entscheidend für den Erfolg von KI-Anwendungen. Elektronische Patientenakten und E-Rezepte gelten dabei als zentrale Bausteine, deren Integration durch standardisierte und verknüpfte Register unterstützt werden müsse.
Dr. Christine Mundlos von der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e. V.) forderte ein Registergesetz, das klinische und genetische Daten standardisiert zusammenführt. „Unsere Patientinnen und Patienten geben ihre Daten gerne – aber diese müssen sicher sein und dürfen nicht zur Diskriminierung führen.“
Datenqualität und Interoperabilität als Engpass
Einigkeit herrschte auf dem Podium darüber, dass KI nur so gut sein kann wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Prof. Dr. Christoph Herborn, Ärztlicher Direktor des Städtischen Klinikums Dessau, und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für künstliche Intelligenz in der Medizinschilderte konkrete Anwendungsbeispiele aus der Notaufnahme und Intensivmedizin. Er plädierte für eine transparente Kennzeichnung von KI-Unterstützung im klinischen Alltag gegenüber Patienten – etwa durch den Hinweis „Unterstützt durch AI“ im Befund.
Dr. Uwe Heckert, Leiter Healthcare Informatics bei Philips, betonte die Notwendigkeit praxistauglicher Lösungen: „Wir müssen KI runterdampfen – weg vom Hype, hin zu konkreten Anwendungsfällen.“ Entscheidend sei die nahtlose Integration in bestehende Systeme wie PACS, RIS und KIS. Internationale Beispiele aus Norwegen und Singapur zeigten, dass dies möglich sei – auch wenn in Deutschland regulatorische Hürden wie MDR und EU AI Act die Umsetzung erschwerten.
Künstliche Intelligenz als Gemeinschaftsaufgabe
Die Veranstaltung machte deutlich: KI ist längst Teil der medizinischen Versorgung. Ihre volle Kraft entfaltet sie jedoch nur, wenn Politik, Medizin Industrie und Zivilgesellschaft gemeinsam agieren. Oder wie es Nicolas Weber, Moderator des Abends, formulierte: „Die KI, die wir heute kennen, ist die schlechteste Version, die es jemals geben wird. Bereiten wir uns gemeinsam vor auf das, was zu erwarten ist, und lassen uns nicht von der nächsten KI-Generation überholen.“