Gesundheitsökonomie

Qualitätsmessung mit Routinedaten: 2. Nationaler Qualitätskongress Gesundheit in Berlin

22.11.2010 -

„Qualitätsmessung mit Routinedaten sind grobe Indikatoren und weiterentwicklungsbedürftig", führt Frau Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Bereichsleiterin Medizin und Qualitätsmanagement, Sana Kliniken AG, in ihrem Vortrag zu den Perspektiven der Qualitätsmessung mit Routinedaten aus. Sie sei notwendig und durch vorhandene Grunddaten einfach. Jedoch seien sie nur ein kleiner Teil der notwendigen Messungen und in der Öffentlichkeit überschätzt. In jeder Sana-Klinik würden die § 137-Indikatoren mit QS-Monitor validiert und zentrale Analysen in QlikView durchgeführt. Im SanaAnalyzer würden zum Beispiel komplexe Akutschmerzbehandlungen ausgewertet. Die Patientenzufriedenheit sei ein zentraler Bestandteil der Produktqualität. Aus diesem Grund habe Sana 2008 zusammen mit dem Pickert-Institut ­eine Patientenbefragung durch­geführt. Parameter wie Schmerztherapie im Sana-Klinikvergleich, Pflegepersonal-Patient Verhältnis sowie der Erfolg der Behandlung wurden ebenso abgefragt wie medizinische Qualität, Struktur-, Prozessqualität und Service sowie medizinische Abläufe, Unterstützung, Befähigung und Beziehungsqualität. „Welche Daten werden Routinedaten?" - diese Fragestellung ließ sie als zukünftige Herausforderung abschließend noch zur Klärung offen.

„Krankenhausinterne Indikatoren sind für das Klinikmanagement unverzichtbar. Die Messung muss aufwandsarm und zeitnah erfolgen sowie möglichst manipulationsresistent sein", fordert PD Dr. Thomas Mansky, Leiter medizinische Entwicklung, Helios Kliniken in seinem Vortrag „Qualitätsindikatoren mittels Routinedaten". Indikatoren seien das Mittel zum Zweck - das Entscheidende sei die Verbesserung der Abläufe und die Ergebnisqualität. Eine erfolgreiche Prozessoptimierung sei jedoch mit einer exakten Zieldefinition verbunden. Die Indikatoren sollten also auf relevante Endpunkte ausgerichtet sein. In seinen Ausführungen über die Eignung der Routinedaten im Hinblick auf Hauptdiagnosen, Prozeduren, Nebendiagnosen geht er auf viele wichtige Aspekte ein. Bei den Hauptdiagnosen sei der Aufnahmeanlass das eigentliche Objekt der Qualitätssicherung. Bei den Prozeduren gäbe es das Problem der Übererfassung durch Mehrfachcodierung. In Bezug auf die Nebendiagnosen würden die schweren Begleiterkrankungen (z. B. nosokomiale Pneumonie) eher gut kodiert, die leichten Begleiterkrankungen (z. B. Cystitis bei Katheter) unterkodiert. Die Kodierung sei fachgebietsabhängig - in der Inneren Medizin spräche man von Typ I/II Diabetes in der Chirurgie nur von Diabetes. Es gäbe auch Erfassungsbias, die bei der Indikatorendefinition berücksichtigt werden müssten. Steuerbar seien sie durch Blacklists in Kodip. Eine ungefähre Schätzung der Fehler sei möglich. Die Routinedaten seien der am besten geprüfte Datensatz - inhouse durch Medizincontrolling und bei den Kassen durch Abrechnungsprüfung. Viele US-Studien zeigten, dass die Vollständigkeit der CC-Erfassung in den Routinedaten besser sei als in den Separatdaten (clinical data). „Die Motivation der Ärzte zur Erfassung von Zusatzdaten ist nahe Null!", warnt Mansky jedoch. „Die Ergänzung einiger wichtiger Klassifikationsmöglichkeiten wäre sinnvoll und von hohem Nutzen.", fordert Mansky zum Thema Routinedaten und Klassifikationen. Vor allem TNM-Klassifikation in der ICD (3 ICD Hauptziffern); R-Klassifikation für Tumor-OP's (ICD) und die ASA-Stufe in der ICD.

„Es kommt nicht auf die Menge, sondern auf die Aussagekraft an", erläutert Mansky die Indikatorendefinition. Sterblichkeit bei Herzinfarkt sei zum Beispiel ein wichtiger Indikator, jedoch sei die Sterblichkeit auch bei low-risk OP's wichtig, so z. B. bei der Cholezystektomie: eine Sterblichkeit von 1:300 sei wenig, jedoch sei 1:800 besser, so Mansky. „Beim QRS sind die Tracer mit den Folgekomplikationen verknüpfbar, da alle Krankenhausaufenthalte und Episoden erfasst sind", merkt Mansky zum Thema QRS versus Register an. Bei den Registern seien nur die bei der Konzeption vorgesehenen Tracer und nur die vorgesehenen Komplikationen auswertbar, da andere nicht erfasst würden. Zwar sei die Erfassung eventuell differenzierter, jedoch bestünde die Gefahr von Erfassungsfehlern und die Langzeit­erfassung sei unvollständig.

„Nicht immer mehr erfassen, sondern Vorhandenes intelligenter auswerten, sonst laufen uns die Ärzte fort!", postuliert Mansky in seinem Fazit. Wenige, aber wichtige Anpassungen vor allem in der ICD seien dringend anzustreben. Auch die Zusammenführung der Langzeitdaten der Krankenkassen analog zur Datensammelstelle nach § 21 sei erforderlich. Die Auswertung solle nur durch unabhängige Einrichtungen erfolgen. Anonymisierte Datenbestände sollten allen interessierten Fachleuten (siehe z. B. HCUP und MEDPAR) zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzung neuer Methoden eröffne neue, bisher kaum genutzte Möglichkeiten für die Qualitätsverbesserung, so Mansky. Übergreifende Indikatoren (QSR) erweiterten die Möglichkeiten erheblich, fuhr er fort. Die Ergebnisanalyse von Verfahren im Routineeinsatz ermögliche eine neue Versorgungsforschung - regionale und nationale Versorungsziele könnten so definiert werden. „Auch im guten deutschen System sind erhebliche Verbesserungen möglich - die eigentliche Herausforderung sei die politische Umsetzung", postuliert Mansky abschließend.

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