IT & Kommunikation

HIMSS 2007: Healthcare IT-Kongressmesse

18.03.2012 -

HIMSS 2007: Healthcare IT-Kongressmesse. Eine Umfrage hatte belegt, dass die Mehrzahl der Mitglieder der Healthcare Information Management Systems Society (HIMSS) den geplanten Standort für den Jahreskongress 2007 beibehalten wollte. New Orleans – an der Mündung des Mississippi gelegen und von den Nachwirkungen der Orkane Katrina und Rita schwer getroffen – stellte eine passende Bühne für die Veranstaltung dar, die Ende Februar die enorme Zahl von gut 24.000 Fachleuten und Entscheidern anzog. Rund 900 Aussteller und mehr als 300 Sessions zu wichtigen Trendthemen – OP der Zukunft, regionale Informationsnetzwerke (RHIOS), nationale Patienten-ID, persönliche Gesundheitsakten (insbesondere von Versicherern vorangetrieben), Technologien für Patientensicherheit und Versorgungsqualität etc. – boten Ende Februar einen immensen Fundus an Informationen.

Fehlende Fensterscheiben in modernen Hochhäusern, Wohnwagensiedlungen für die Wohnungslosen, und Kühlschränke, die in Außengebieten nach wie vor in den Bäumen hängen, erzählen von dem Horror und dem Leid jener Wochen. Eineinhalb Jahre danach kämpft „Big Easy“ noch immer mit den sichtbaren und unsichtbaren Folgen der Katastrophe, die vor allem durch unangemessene Deichkonstruktionen hervorgerufen wurden. Die Busfahrerin, die Teilnehmer zum Kongresszentrum fuhr, erläuterte die Bedeutung der schmutzigbraunen Linie, die sich – ja nach Strecke – 1,5–2 m über Straßenniveau an den Schallschutzwänden abzeichnet: Auf dieses Niveau hatten sich die Wassermassen stabilisiert. Niedrig liegende Gebiete waren sehr in Mitleidenschaft gezogen, und die Menschen mussten sich auf die am höchsten liegenden Brücken zurückziehen; dort verharrten sie gemeinsam mit den Strafgefangenen des benachbarten Gefängnisses, die sich ebenfalls vor dem Ertrinken gerettet hatten.

Dass die Sträflinge mit Nahrungsmitteln versorgt und dann evakuiert wurden, bevor die anderen Flüchtlinge an die Reihe kamen, führte zu Unwillen in der Bevölkerung. Dagegen, die Menschen auf höher gelegene Gebiete auf der anderen Seite des Flusses zu transportieren, hatte man sich entschieden, weil die dortigen Bewohner Angst vor einem Zustrom hungriger Flüchtlinge hatten. Als schließlich die Evakuierung Richtung Norden stattfand, blieb eine Anzahl meist Älterer zurück – man hatte ihnen verboten, ihre Haustiere mitzunehmen. Die Folge für viele dieser Menschen war der Tod. – Die Situation wurde noch verschlimmert durch die Tatsache, dass die US-Katastrophenorganisation FEMA Ärzte zurückschickte, die freiwillig helfen wollten; sie hatten sich nicht vorab registriert. „Wir sind insbesondere den deutschen Ingenieuren sehr dankbar, die mit ihren starken Pumpen zu uns kamen und halfen, die Wassermassen aus der Stadt zu schaffen“, erklärte die Busfahrerin, die auch wusste, dass die letzten der Kinder, die zu ihrer Rettung von den Eltern getrennt worden waren, erst kürzlich mit ihren Familien wiedervereint worden waren.

IT fürs Gesundheitswesen – Teil von Katastrophenplänen

Die medizinische Versorgung der Flüchtlinge wurde damals dadurch erschwert, dass die Fluten die konventionellen Patientenakten tausender Kranker weggespült hatten. „Wenn für die Notwendigkeit von IT fürs Gesundheitswesen ein Exempel statuiert werden musste, dann war es diese Katastrophe“, so hatte Health and Human Services-Minister Mike Leavitt auf einem Kongress in Washington 2005 unterstrichen: “Dieses Desaster zeigt die Unentbehrlichkeit“. Die Fälle insbesondere chronisch und schwer Kranker liefern ein deutliches Beispiel; Glück im Unglück hatten die Patienten des Ochsner Health System.

Die Klinikgruppe geht zurück auf Dr. Alton Ochsner, der 1939 die Verbindung zwischen dem Rauchen von Tabak und Lungenkrebs entdeckte. 1942 richtete er gemeinsam mit vier Ärztekollegen die erste Poliklinik mit unterschiedlichen Disziplinen in den US-Südstaaten ein. Heute ist die Gruppe die größte im Südosten Louisianas, mit 8.100 Mitarbeitern, darunter 600 Medizinern aus 80 Disziplinen und Spezialgebieten. Ochsner führt jährlich mehr als 750 laufende klinische Studien durch und publiziert 200 Fachartikel; es ist eines der größten nichtuniversitären Ausbildungszentren der Nation. In der Folge von Katrina versuchten viele Patienten in New Orleans, ihrer Patientenakten habhaft zu werden – mit dem Ergebnis, dass ihre Ärzte evakuiert worden und/ oder Unterlagen den Fluten zum Opfer gefallen waren.

Die Akten der rund 300.000 Ochsner-Patienten jedoch waren sicher und bequem zugreifbar, innerhalb des elektronischen Patientenaktensystems „Ochsner Clinical Workstation“ (OCW). OCW, so erläuterte Cristina Guthrie, Assistant Vice President, Clinical/Ancillary Systems, ermöglicht es, auf Patienteninformationen von beliebigen Ochsner-Standorten der Region aus zuzugreifen – innerhalb eines Netzwerks auf Basis von Cisco-Equipment, das rund 7.000 PCs miteinander verbindet. – „Gleich nach Katrina wurde dieses System zur ersten Anlaufstelle für Information und Kommunikation“, berichtete Kurt Induni, Netzwerkmanager bei Ochsner. Für Schwerkranke bedeutete dies die sofortige Wiederaufnahme der lebensnotwendigen Therapie. „Ich habe viele Patienten behandelt, die nach Baton Rouge evakuiert wurden“, berichtet Dr. Jay Brooks, MD, Chairman Hämatologie/ Onkologie bei Ochsner in Baton Rouge, Louisiana.

„Eine von ihnen konnte beispielsweise ihre Medikamente nur nach Farbe und Größe beschreiben; ich griff sofort auf ihr Profil in OCW zu und behandelte sie. Sie war eine Herztransplantations- Patientin, war auf Chemotherapie und Bestrahlung gesetzt. Ohne ihre Behandlungen wäre sie nicht lange am Leben geblieben und wir waren froh, ihre Behandlung angemessen fortführen zu können.“ „OCW ist einzigartig in der Hinsicht, dass wir Patienten Profile von der Geburt bis zum Tod zuordnen – und nicht nur episodisch, etwa aus Anlass eines Herzinfarkts“, fügte Dr. Lynn Witherspoon zu. Der CIO bei Ochsner erläuterte, dass es dieses Format „den Medizinern erlaubt, ihre Patienten über lange Fristen hinweg zu managen; man kann über 20, 30 Jahre zurückblicken und historische Information für eine wirksamere Behandlung nutzen“. – Auch PACS, früher eine eigenständig vernetzte Lösung, „ist jetzt vollständig integriert“ – Induni.

Diese elektronischen Patientenakten sind allerdings bislang auf die Ochsner-Gruppe beschränkt. Ochsner und das lokale M.D. Anderson Cancer Center engagieren sich in einem Pilotprogramm, das die gemeinsame Nutzung elektronischer Kommunikation für Patienten ermöglichen soll, die in beiden Zentren behandelt werden. „Dies könnte einen spürbaren Vorteil für Patienten bringen, da Ärzte somit die Behandlung konsistent durchführen können“, erklärte Brooks. Ochsner und M.D. Anderson behandeln gemeinsam eine Reihe von Krebspatienten in Louisiana; ferner ist Ochsner an dem Projekt „LaHIE“ des Louisiana Department of Health and Hospitals beteiligt, dessen Ziel die Entwicklung eine Austauchs klinischer Informationen zwischen Leistungserbringern im Süden Louisianas ist. Und Ochsner will die Zugriffsmöglichkeiten erweitern – „Wir planen, Patienten online-Zugang zu ihren eigenen Patientenakten zu ermöglichen“, erläuterte Witherspoon. „Dies wird es Patienten gestatten, ihre Unterlagen in einem Notfall selbst zu verwalten“. Dr. Joseph Guarisco, Chairman Emergency Medicine, erwähnte bei der Führung in New Orleans stolz, dass Ochsner drei Jahre hintereinander zum „Most Wired“ Leistungserbringer gekürt worden ist.

Standards und Interoperabilität

Ein Treppenwitz während HIMSS 07 lautete „dass Tolle im Hinblick auf Standards ist, dass man unter so vielen von ihnen auswählen kann“, so Michael Strübin, Executive Director HIMSS EMEA. „Die Veranstaltung hat die Nachteile des Mangels an technischen Standards verdeutlicht. Es ist unstrittig, dass die Nutzer von Healthcare IT – Krankenhausmanager und -direktoren, Niedergelassene und der öffentliche Bereich – Lösungen suchen, die ihre Prozesse und Systeme effizienter und effektiver machen, und dass Anbieter hiernach streben“, fuhr Strübin fort. Der Mangel an Standards behindert den Fortschritt des IT fürs Gesundheitswesen – Abrechnungssysteme, Datenschutzrichtlinien, sogar Alphabete variieren von Land zu Land. Grundlegende Parameter, etwa zur eindeutigen Identifizierung von Patienten, sind nicht harmonisiert. Die Fortentwicklung von Standards ist essentiell für den Fortschritt der Lösungen in diesem Bereich.

HIMSS 07 präsentierte wieder den IHE Interoperability Showcase, in dem die Industrie zeigen konnte, wie ihre Systeme integeriert miteinander funktionieren; Teilnehmer konnten ihre eigene Patientenakte einrichten (oder ihre Laborergebnisse, Untersuchungsergebnisse etc.) und auf sie über verschiedene Szenarien hinweg zugreifen. Mehr als 50 Anbieter nahmen an dem Showcase teil, darunter eine größere Anzahl aus EMEA. In Europa ist IHE seit 2001 aktiv, und Anbieter sowie Nutzer auf dem Kontinent haben die Interoperabilität vorangetrieben. „Connectathons“ – mehrtägige Workshops, in denen Techniker der anbietenden Unternehmen zusammenkommen und die Interoperabilität ihrer Lösungen unter realen Bedingungen testen – sind zu jährlichen Ereignissen geworden.

In 2007 wird der „IHE Europe Connectathon“ während eHealth week in der deutschen Hauptstadt stattfinden (Messe Berlin, Halle 6.2, 15.–20. April). Ferner ist ein europäischer IHE Showcase für den World of Health IT-Kongress geplant, der vom 22. bis 25. Oktober 2007 nach Wien einlädt – http://emea.himss.org. Die Community der IT im Gesundheitswesen trifft sich wieder für den großen Jahreskongress im nächsten Jahr – in Orlando, Florida, vom 24. bis 28. Februar: www.himss08.org.

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