Sichere Kommunikation zwischen Kliniken und Ärzten
17.12.2012 -
Noch sind es Pilotprojekte - aber im Frühjahr 2013 wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen eine Infrastruktur zum sicheren Versand von eArztbriefen anbieten.
Mit KV-Connect wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen eine attraktive Möglichkeit schaffen, mit der auch Krankenhäuser und Ärzte kommunizieren wollen. Dr. Gunter Hauptmann, Vorsitzender der KV-Telematik-ARGE, informiert über Chancen, die sich damit für die Telemedizin eröffnen könnten.
M & K: Ist Telemedizin ein geeignetes Mittel, dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen?
Gunter Hauptmann: Die Telemedizin wird die hausärztliche Versorgung nicht essenziell verbessern. Sie könnte vielleicht die Zahl unnötiger Facharzt-Kontakte verringern, wie bei der Herz-Insuffizienz. Hier wurde der sinnvolle Einsatz von Telemedizin bereits gezeigt. Allerdings ist die Versorgung mit spezialisierten Fachärzten im Großen und Ganzen gesichert. Wir brauchen auf dem Land Hausärzte in Wohnortnähe, wobei schon allein die Zuwendung wichtig ist. Die Telemedizin wird dies nicht ersetzen können.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) strebt ein verbessertes Schnittstellenmanagement mit Krankenhäusern an. Welche Rolle kann hier die IT haben?
Gunter Hauptmann: Die KV-Telematik-ARGE arbeitet am KV-Connect. Der Dienst soll in Form eines sicheren Kommunikationskanals den standardisierten Mail- und Datenaustausch nicht nur im System der Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglichen und verbessern - sondern auch z. B. zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern. Sie können damit medizinische Daten einfach und geschützt übertragen.
Ich denke an Einweisungen, wobei sie Röntgenbilder oder Laborbefunde mitschicken können. Auch beim Entlassbrief kann IT die Arbeit erleichtern. KV-Connect wird es auch ermöglichen, bereits existierende Standards des Arztbriefes zu versenden. Alles andere ist schwierig umzusetzen und würde dazu führen, dass der Internist den gleichen Arztbrief schreiben müsste wie der Chirurg.
Zurzeit laufen Pilotprojekte für das KV-Connect. Flächendeckend wird dies Anfang nächsten Jahres in Betrieb gehen und danach im Regelbetrieb laufen. Im Saarland haben wir zudem einige Häuser in unsere Online-Abrechnung aufgenommen, und dies klappt gut.
Wird die elektronische Gesundheitskarte (eGK) in der Zusammenarbeit künftig eine Rolle spielen?
Gunter Hauptmann: Ich glaube nicht, dass die eGK in absehbarer Zeit diesbezüglich eine Rolle spielen wird. Das System ist mit der eGK kompatibel, aber nicht darauf angewiesen. Die eGK wird die Kommunikation nicht wesentlich vereinfachen. Der elektronische Heilberufeausweis funktioniert dagegen bereits jetzt mit dem KV-Safe-Netz.
Ich kann bereits online meine Abrechnung abgeben und mit meiner Karte signieren. Dies gilt dann, als hätte ich offiziell ein Dokument abgegeben. Für die sichere Kommunikation benötigen wir tatsächlich eine Signaturkarte - und hier bietet sich der elektronische Heilberufeausweis an, weil dieser belegt, dass man Arzt ist. Schicke ich Befunde ins Krankenhaus, so muss ich sicherstellen, dass sie freigegeben sind, dass sie stimmen und dass sie passen.
Die Standard-IT-Schnittstelle für Selektivverträge sollte zum 1. Februar 2012 veröffentlicht werden. Gibt es hier Probleme?
Gunter Hauptmann: Momentan ist da Thema für Kliniken noch nicht so wichtig. Es könnte aber wichtig werden, wenn solche Verträge unter Teilnahme von Krankenhäusern geschlossen werden und sie dann entsprechend abrechnen müssten. Das betrifft nicht nur Selektivverträge, sondern auch Verträge zur Integrierten Versorgung, zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung und zum ambulanten Operieren oder der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung.
Es sollte idealerweise nur eine Schnittstelle geben. Zurzeit gibt es aber die Schnittstelle gevko der AOK Systems GmbH, der KV-Telematik-ARGE und des Hausärztebands. Auf Betreiben des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg) haben zumindest der AOK-Bundesverband und die KV-Telematik-ARGE bislang zusammengearbeitet.
Eine Möglichkeit, die Zahl der Schnittstellen zu reduzieren, liegt darin, mit dem Hausärzteverband zusammenzuarbeiten. Es liegt jedenfalls ein Beschluss der KBV-Vertreterversammlung vor, nach der die Schnittstelle in ärztlicher Hand bleiben muss. Die Kassen sind eingeladen, sich zu beteiligen - ohne ein Modul, das der Direkt-Abrechnung mit den Krankenkassen dient.
Mit dem Versorgungsstrukturgesetz sollte eigentlich das Entlassmanagement verbindlicher gestaltet werden. Merken Sie etwas? Gibt es vermehrt elektronische Arztbriefe?
Gunter Hauptmann: Bundesweit sind mir dazu keine besonderen Initiativen bekannt. In der KV Saarland, deren Vorsitzender ich bin, planen wir eine Initiative „Arzt im Saarland". Ins Paket gehören die Kommunikation und Zusammenarbeit mit der saarländischen Krankenhausgesellschaft. Das Entlassmanagement ist dabei ein Projekt, das wir zunächst noch nicht EDV-gestützt etablieren wollen. Das soll im Frühjahr anlaufen. Das Saarland hat dabei den Vorteil, dass es überschaubar ist. Die EDV kommt hinzu, wenn man KV-Connect nutzen kann.
Krankenhäuser sehen die Niedergelassenen vielfach in der Rolle des Zuweisers. Wie sollten sie in Sachen IT, Telemedizin o. Ä. auf Sie zugehen?
Gunter Hauptmann: Ich denke, die Krankenhäuser sollten sich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder zumindest mit Arztnetzen in Verbindung setzen. So lässt sich das Risiko minimieren, dass irgendwann viele Einzellösungen entstehen. Man sollte jedenfalls nicht versuchen, alles neu zu erfinden. Das typische Beispiel ist der Arztbrief. Dieser funktioniert bereits jetzt, sollte nur schneller und einfacher übermittelt werden können, um Systembrüche zu vermeiden.
Ein Einweisermanagement z. B. über ein Portal und eine gesicherte E-Mail-Adresse ist dringend mit den Zuweisern abzusprechen. Es sollte definiert werden, was man vom Zuweiser benötigt. Das sollte somit nicht von der Verwaltung, sondern von den Chefärzten der jeweiligen Abteilungen geregelt werden.
Der niedergelassene Arzt wird es jedoch nicht leisten können, für jeden Patienten irgendwo eine virtuelle Akte zu führen, auf die jeder Leistungserbringer zugreifen kann. Ich halte es für illusorisch, dass dies in absehbarer Zeit zur Grund- und Regelversorgung beiträgt. Der Austausch von elektronischen Fallakten bei ganz speziellen Krankheitsbildern mit aktuellen Röntgenbildern und Befunden ist sehr sinnvoll, wünschenswert und flächendeckend umsetzbar.
Zur Person
Dr. Gunter Hauptmann ist Vorsitzender der KV-Telematik-ARGE. Diese ist die Telematik-Arbeitsgemeinschaft der bundesdeutschen Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie organisiert und steuert die Entwicklung und den Betrieb von spezifischen Telematik-Systemen und -Diensten im KV-Verbund. Sie will die Verantwortung zur Schaffung von telematischen Infrastrukturen für den sicheren Datentransfer zwischen medizinischen Leistungserbringer sichern. Zudem ist Hauptmann seit 2005 Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und als Gynäkologe insbesondere zuständig für den fachärztlichen Bereich.