Labor & Diagnostik

Kai Gutesohn im Interview: Erste kombinierte öffentlich-private Nabelschnurblutbank in Europa

18.03.2012 -

Kai Gutesohn im Interview: Erste kombinierte öffentlich-private Nabelschnurblutbank in Europa. Die medizinische Anwendung von Nabelschnurblut ist aufgrund der Vielzahl an frühen Formen von Stammzellen sehr sinnvoll und wird künftig wahrscheinlich häufiger eingesetzt. Über das Einsatzgebiet und die erste kombinierte öffentlich-private Nabelschnurblutbank in Europa sprach Management & Krankenhaus mit Priv.-Doz. Dr. Kai Gutensohn vom Centrum für innovative Medizin in Hamburg.

Management & Krankenhaus: Was ist aus heutiger Sicht der besondere Wert von Stammzellen aus Nabelschnurblut?

Kai Gutensohn: Nabelschnurblut oder auch Plazentarestblut wurde bisher meist zusammen mit der Nachgeburt verworfen. Heute weiß man, dass dieses Blut reich an sehr frühen Formen von Stammzellen ist. Diese Stammzellen sind noch weniger ausgereift als die Zellen Erwachsener und weisen daher einen höheren „Informationsgehalt“ auf. Es ist deshalb zu erwarten, dass damit künftig ein sehr breiter klinischer Einsatz möglich wird.

Management & Krankenhaus: Gibt es bereits medizinische Anwendungen, bei denen Nabelschnurblut in der Klinik eingesetzt wird?

Kai Gutensohn: Stammzellen aus Nabelschnurblut wurden weltweit bereits mehr als 6.000 Mal bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt. Insbesondere in der allogenen Transplantation wurden die sofort zur Verfügung stehenden Stammzellen zur Therapie von Hämoblastosen, vor allem bei der akuten lymphatischen Leukämie, und Malignomen eingesetzt. Wir erwarten einen zunehmenden Einsatz, da aufgrund der immunologischen Unreife der Zellen die Möglichkeit besteht, auch bei nicht vollständiger Übereinstimmung der Gewebemerkmale erfolgreich zu behandeln. Bei einem Einsatz erwachsener Stammzellen ist dies nicht mehr möglich. Außerdem werden eine Vielzahl neuer Therapieansätze geprüft, so auch die gleichzeitige oder sequenzielle Gabe zweier Stammzelltransplantate aus Nabelschnurblut, die Kombination mit Knochenmark, die Verbesserung des sog. „Homings“ oder auch die zu erwartende Möglichkeit, Stammzellen in vitro zu vermehren.

Management & Krankenhaus: Wo wird man Stammzellen aus Nabelschnurblut in Zukunft einsetzen?

Kai Gutensohn: Es ist bereits heute absehbar, dass insbesondere der Einsatz bei der autologen Behandlung die klinische Therapie in großen Teilen revolutionieren wird. Drei Schwerpunkte stehen hier im Vordergrund. Zum einen wird die Therapie monogenetischer Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Außerdem wird der Bereich der direkten, zellbasierten Therapie an Bedeutung zunehmen. Insbesondere ist aber der Bereich der regenerativen Medizin mit großen Hoffnungen verbunden. Dabei wird aus den Stammzellen in vitro Gewebe gezüchtet, welches dann für vielfältige Anwendungen zur Verfügung steht. Beispielsweise ist hier an den Ersatz von Haut bei Verbrennungen zu denken, an die Behandlung von Knorpelschäden durch eigene Knorpelzellen, die Therapie von Knochendefekten mit gezüchteten Knochenzellen.

Management & Krankenhaus: Gibt es bereits ausreichend große Register für Stammzellen aus Nabelschnurblut?

Kai Gutensohn: Dies muss klar verneint werden. In den USA wurden alleine in 2006 100 Mio. US-$ von staatlicher Seite bereitgestellt, um solche Spenderegister für Stammzellen aus Nabelschnurblut aufzubauen. In Deutschland ist der Aufbau von allogenen Spenderegistern dagegen schwierig; die Finanzierung findet einzig auf privatem Weg oder durch Stiftungen statt. Gemeinsam mit dem DRK Blutspendedienst Baden-Württemberg- Hessen und seiner bereits 1996 etablierten öffentlichen Nabelschnurblutbank in Mannheim haben wir uns daher entschlossen, hier Aufbauarbeit zu leisten, indem wir ein völlig neues Konzept der Einlagerung von Nabelschnurblut umsetzen. stellacure ist die erste kombinierte, öffentlich-private Stammzellbank und vereint den Nutzen einer öffentlichen Bank für das Gemeinwohl mit dem Anspruch der Eltern auf ein Höchstmaß an Qualität und Sicherheit bei der Einlagerung des Nabelschnurblutes ihres eigenen Kindes.

Management & Krankenhaus: Wo liegt der Vorteil für die Eltern, die ihr Nabelschnurblut privat einlagern lassen und gleichzeitig die öffentliche Nabelschnurblutbank unterstützen?

Kai Gutensohn: Die Anforderungen an Stammzellprodukte, die zur Transplantation vorgesehen sind, sind in Deutschland streng reguliert. Es bedarf einer Arzneimittelzulassung durch die zuständige Bundesoberbehörde. Durch unser Konzept eines dualen Systems profitieren alle Eltern von den extrem hohen Qualitätsanforderungen für allogene Präparate, da alle Blutprodukte so aufbereitet und auf deren Qualität getestet werden, als würden sie später zur allogenen Transplantation abgegeben werden. Zudem profitieren Eltern davon, dass das Nabelschnurblut in zwei Kompartimenten eingefroren wird. Es gibt noch einen weiteren wesentlichen Vorteil: Über die klinisch eingesetzten Stammzellpräparate erhalten wir über die verschiedenen klinischen Zentren eine permanente Rückkopplung über den Erfolg der Transplantation und verfügen so über eine andauernde Qualitätskontrolle unserer Aufarbeitung und Lagerung.

Management & Krankenhaus: Ist stellacure die erste private Nabelschnurblutbank in Europa die im Sinne eines „dualen Systems“ mit einer öffentlichen Bank zusammenarbeitet?

Kai Gutensohn: Ja. Das Konzept der dualen Nabelschnurbluteinlagerung, d.h. die gleichzeitige Möglichkeit eines allogenen und autologen Einsatzes mit einem Blutprodukt, ist weltweit einmalig und wurde gemeinsam mit dem DRK Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen entwickelt. Die Kombination einer privaten mit einer öffentlichen Nabelschnurblutbank existiert bisher in Europa noch nicht.

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