Medizin & Technik

Neuer Fluoreszenzmarker macht Grenzen von Hirntumoren sichtbar

10.09.2010 -

Etwa 30% aller Hirntumoren bei Erwachsenen sind sogenannte Gliome. Sie können langsam wachsend (Grad II) bis schnell wachsend bösartig (Grad III und IV) auftreten, aber für alle diese Gliome gilt: Je vollständiger der Tumor entfernt werden kann, desto höher sind die Überlebenschancen der Erkrankten. Forscher am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie haben in Zusammenarbeit mit Medizinern der Universitätsmedizin Göttingen eine neue Fluoreszenzsonde entwickelt, die sich bei vielen Formen von Gliomen anwenden lässt. Der Marker macht einzelne Krebszellen im Mikroskop sichtbar und könnte Chirurgen zukünftig während Operationen das Auffinden von Tumorgrenzen erleichtern.

Bei der Diagnose eines Glioms der aggressiven Tumorgrade III und IV ist die Prognose für Betroffene äußerst schlecht. Die Erkrankten überleben nach Diagnose oft nur noch wenige Monate. Aggressive Gliome können völlig neu entstehen, entwickeln sich aber auch aus weniger malignen Stadien. Solche weniger bösartigen Tumoren nachzuweisen, ist allerdings äußerst schwierig. Mit bildgebenden Verfahren wie der Computertomografie und der Magnetresonanztomografie (MRT) lassen sich zwar viele Krebsgeschwüre hoher Tumorgrade deutlich erkennen, nicht aber die genaue Ausdehnung und Wachstumsform der weniger bösartigen Formen.

Forschern am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen ist es jetzt gelungen, einen Fluoreszenzmarker zu entwickeln, der sich zum Nachweis der Mehrheit der Glio¬me gleichermaßen gut eignet. „Wir machen uns dabei zunutze, dass in vielen Gliomen sogenannte Epidermale Wachstumsfaktor (EGF)-Rezeptoren vermehrt auftreten", erklärt die Zellbiologin Donna Arndt-Jovin. Um die Krebszellen sichtbar zu machen, koppelte das Wissenschaftlerteam um Arndt-Jovin hell fluoreszierende Halbleiter-Nanopartikel (Quantum Dots) an Antikörper gegen den EGF-Rezeptor oder den Wachstumsfakor selbst. Die Technik erlaubt höchste räumliche Auflösung: Dank des 1.000-fach stärkeren Fluoreszenzsignals im Vergleich zu normalen Zellen werden damit einzelne Krebszellen im Gewebe sichtbar. Anders als viele Fluoreszenzmarker sind Quantum Dots äußerst fotostabil und bleichen dabei nicht aus.

Dass der Fluoreszenzmarker an lebendem Biopsie-Material funktioniert, konnten die Max-Planck-Wissenschafter in Zusammenarbeit mit den Medizinern Sven Kantelhardt und Alf Giese der Abteilung Neurochirurgie der Universitätsmedizin Göttingen zeigen. Färbten die Wissenschaftler lebendes Tumorgewebe mit der neuen Fluoreszenzsonde, ließen sich unter dem Mikroskop Krebszellen niedriger wie hoher Tumorgrade als hell leuchtende Punkte deutlich erkennen. Normale Gehirnzellen nehmen die Quantum Dots dagegen kaum auf und bleiben dunkel. Gerade die Darstellung von Tumorzellen niedriger Tumorgrade war bislang mit anderen Verfahren, die Aussicht auf einen Einsatz im Operationssaal haben, kaum möglich.

Resttumorzellen aufspüren
Neurochirurgen sehen für den Fluoreszenzmarker einen möglichen praktischen Einsatz während der Operation hochgradig bösartiger Tumoren. „Nach konventionellem Entfernen des Tumors könnte das Gewebe in der Umgebung mithilfe der Fluoreszenzsonde direkt nach Resttumorzellen abgesucht und Areale hoher Tumorzelldichte dann entfernt werden", sagt der Neurochirurg Alf Giese. Da sich im Gehirn verbleibende Krebszellen zu neuen, häufig noch bösartigeren Geschwüren entwickeln, ließen sich die Überlebenschancen der Erkrankten durch eine vollständigere Entfernung beträchtlich steigern. Ein neuartiges Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenzmikroskop (Programmable Array Microscope, PAM), das vom Forscherteam um Thomas Jovin und Donna Arndt-Jovin am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie derzeit zur Produktionsreife gebracht wird, könnte dabei wertvolle Dienste leisten. Es ermöglicht, mit Quantum Dots markierte Moleküle an lebenden Zellen mit einer hohen räumlichen, zeitlichen und spek¬tralen Auflösung zu untersuchen. Ein weiteres wichtiges Ziel der Göttinger Wissenschaftler ist es, Nanopartikel auch als Werkzeug für die Krebstherapie nutzbar zu machen: als Wirkstoff-Transporter, die gezielt Wirkstoffe in die Tumorzelle einschleusen, die diese zerstören.

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