Medizin & Technik

„Pranken-Größen“ erschweren Frauenleistung

Die Zukunft der Medizin ist weiblich – Herausforderungen

01.04.2010 -

Die Feminisierung der Medizin schreitet rapide voran. Noch vor 30 Jahren war nur jeder Dritte Studienanfänger im Fach Medizin weiblich, inzwischen ist der Anteil auf über 60% gestiegen. In einigen Universitäten sind Männer unter den Erstsemesterreihen noch seltener. Kein Wunder, dass auch in der berufstätigen Ärzteschaft der Frauenanteil stetig steigt. Die 40%-Marke ist schon überschritten. Es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis die Mehrheit in der Medizin weiblich ist.

Seit einigen Jahren dominieren in den Abiturjahrgängen die Mädchen, zurzeit mit etwa 55%. Sie sind aber nicht nur in der Mehrheit, sondern auch noch besser. Was für die Zulassung zum Medizinstudium immer noch entscheidend ist, die fleißigen Mädchen haben die besseren Abiturnoten. Sie bekommen häufiger - der Numerus clausus macht es möglich - den begehrten Medizin-Studienplatz.

Aber es sind sicher nicht nur die besseren Abiturnoten, die Frauen in der Medizin nach vorn bringen: Der Berufswunsch ist bei Schülerinnen viel öfter als bei ihren männlichen Klassenkameraden. Nach einer Allensbach-Umfrage unter Schülern steht der Arztberuf nur noch am Ende der Top Ten. Bei den Schülerinnen hingegen liegt er auf Platz zwei - hinter den Designerinnen und vor dem Berufswunsch der Journalistin.

Hat der Beruf an Attraktivität verloren?

Sind zunehmend geringer werdende Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten oder ausufernde bürokratische und administrative, patientenferne Tätigkeiten ursächlich für diese Verschiebung? Legen Männer mehr Wert auf Macht und Gelderwerb? Schätzen Frauen dagegen mehr Teamarbeit und Kommunikation.

Ist es ihnen wichtiger, in einem sozialen Beruf für andere zu sorgen? Geht der Arzt lieber in die Industrie, und die Ärztin zum Patienten?

Noch verliert der Berufsstand viele Ärztinnen an die Familie. Arbeit, Kinder und Karriere könnten zur abschreckenden Dreifach-Belastung werden, die viele mit einer Berufspause lösen wollen, sofern sie überhaupt anfangen.

Frauenfreundlichere Arbeitsbedingungen

Die Berufsperspektiven für angehende Mediziner und Medizinerinnen beurteilen derzeit viele als so gut wie noch nie. Dennoch sind zunehmend mehr Mediziner nicht bereit, im kurativen Bereich tätig zu werden. Ärztemangel in Krankenhäusern und Praxen ist ein akutes Problem.

Um dem eklatantem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken, ist dringend ein Umdenken zu familien- und frauenfreundlichen Arbeitsbedingungen in Kliniken und Praxen zu forcieren. Nur durch veränderte Arbeitsbedingungen und ein geändertes Umfeld wird es Frauen genauso möglich sein, eine Karriere in der Medizin in gleichem Ausmaß wie männliche Kollegen zu meistern. Aber eine ausgewogene „work-life-balance" könnte auch daran interessierte Männer wieder für den Arztberuf gewinnen.

Wie ein solches familienfreundliches Umfeld aussehen könnte, trug der Ärztinnenbund in drei Checklisten zusammen. Sie sind hilfreich in den entscheidenden Bereichen: Studieren mit Kind, die familienfreundliche Niederlassung und das familienfreundliche Krankenhaus. Diese Checklisten können Krankenhausadministration und junge Ärztinnen und Ärzte nutzen, um optimale Rahmendbedingungen zu finden.

Unterstützung kommt auch von einigen medizinischen Fachgesellschaften, allem voran der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).

Erklärtes Ziel der DGHC ist es nicht ohne Grund, die Frauenquote deutlich zu steigern. Mit bundesweit etwa 16% sind Frauen in der Chirurgie selten vertreten. Eine wesentliche Rolle hierfür mögen die häufig vorherrschenden langen und wenig planbaren Arbeitszeiten und das ausgeprägte hierarchische Denken in dieser Männerdomäne sein.

Ein Umdenken ist erforderlich

Besonders in den medizinisch „handwerklich" ausgerichteten Disziplinen können Frauenhände oft mehr als nur emphatisch sein. Die in der Industrie weltweit geschätzte weibliche Fingerfertigkeit, ohne die so manches Hightech-Unternehmen aufgeschmissen wäre, könnte an OP-Robotern und direkt am Tisch Spitzenleistungen erbringen. Leider wird das nicht von Geräteherstellern berücksichtigt, und „Pranken-Größen" erschweren Frauenleistungen.
Wenn die Chirurgie kein männliches Biotop mit zunehmendem Nachwuchsmangel bis hin zum Versorgungsmangel außerhalb der attraktiven Ballungszentren werden soll, so ist ein Umdenken nötig. Daher unterstützt die DGCH die Forderung des Ärztinnenbundes. Zumindest eine bessere Karriere- und Familienplanung durch die Schaffung von verbesserten klinikinternen Kinderbetreuungen und Elternzeiten sollte ermöglicht werden.

Deutlich unterrepräsentiert sind Ärztinnen jedoch auch in Forschung und Lehre sowie in Leitungspositionen in Krankenhäusern und berufspolitischen Gremien. So sind derzeit nur 11% aller Leitungspositionen mit einer Frau besetzt.

Wie essenziell dieses Missverhältnis in einzelnen medizinischen Fachdisziplinen sein kann, verdeutlicht die Gynäkologie und Geburtshilfe. Hier sind bereits 80% der Assistenzärzte und 50% der Oberärzte weiblich. Allerdings sind nur 5% aller Chefarztstellen von Frauen besetzt. Wenn Frauen nicht für leitende Positionen in Klinik und Forschung gewonnen werden, könnte in diesem Fachgebiet ein Existenz bedrohender Engpass entstehen, weil der Nachwuchs heute schon überwiegend weiblich ist und eine Karriere bis nach ganz oben nicht die Ausnahme sein sollte.

Um künftig hoch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte in allen Fachgebieten in ausreichender Zahl zu finden, ist ein Umdenken dringend angesagt!

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