Hygiene

Biomarker zeigen längeres Überleben

05.09.2015 -

Zwei neu entdeckte Biomarker zeigen bei Patienten mit äußerst aggressiven Hirntumoren, den Glioblastomen, zuverlässig ein vergleichsweise langsames Fortschreiten der bislang unheilbaren Erkrankung an.

Bei diesen Markern, die sich vor allem bei Patienten mit längerer Überlebenszeit finden, handelt es sich um zwei gemeinsam auftretende Veränderungen am Erbgut sowie um Antikörper, die sich gezielt gegen bestimmte Tumorproteine richten. Ihre Ergebnisse haben Wissenschaftler der Universitätskliniken für Neurochirurgie sowie Radioonkologie und Strahlentherapie Heidelberg in Acta Neuropathologica und Oncotarget veröffentlicht.

„An der Frage, worin sich langsamer wachsenden Glioblastome von den extrem schnell wachsenden auf molekularer Ebene unterscheiden, wird schon seit einiger Zeit geforscht. Bisher hat man allerdings als nahezu einzige Veränderung im Erbgut, die mit einem längeren Überleben einhergeht, die IDH1-Mutation, identifiziert“, erklärt Prof. Dr. Christel Herold-Mende, Leiterin der Sektion Neurochirurgische Forschung an der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg und Seniorautorin der Artikel. „Mit unseren Ergebnissen sind wir nun einen großen Schritt weitergekommen. Nur wenn wir verstehen, was das Wachstum der aggressiven Tumoren ausbremst oder beschleunigt, können wir versuchen, gezielt darauf Einfluss zu nehmen.“

Prognosemarker verbessern zukünftig Medikamentenstudien

Bisher bringen die beiden neu entdeckten Biomarker noch keine konkreten Vorteile für Patienten, da die molekularen Zusammenhänge zwischen Marker und Tumorwachstum noch nicht geklärt sind. Sie sind allerdings höchst relevant für die klinische Forschung: Werden z.B. neue Medikamente am Patienten getestet, müssen die positiven Effekte der Chromosomenveränderungen bzw. der Antikörper-Reaktion berücksichtigt werden. Ansonsten könnte das Medikament fälschlicherweise zu gut abschneiden. „Je mehr solcher Marker wir entdecken, desto besser können wir viel versprechende Wirkstoff-Kandidaten identifizieren“, sagt die Wissenschaftlerin.

Das Glioblastom ist der häufigste und bösartigste Hirntumor bei Erwachsenen. Jährlich erkranken in Deutschland ca. 3.500 Menschen. Die Behandlung besteht aus Operation mit anschließender Bestrahlung und Chemotherapie. Eine Heilung ist derzeit allerdings nicht möglich: Aus wenigen verbliebenen Krebszellen entwickelt sich in der Regel innerhalb weniger Monate erneut ein Tumor. 16 % der Patienten überleben die ersten drei Jahre nach der Diagnosestellung, bei ihnen sprechen Mediziner von Langzeitüberlebenden. Die durchschnittliche Überlebenszeit nach der Diagnose beträgt 15 Monate.

Schwachstellen der Hirntumoren finden und nutzen

Ein neuer Prognosemarker findet sich im Erbgut der Tumorzellen. Die Wissenschaftler entdeckten ihn, als sie die Erbinformation aus Tumorproben von mehr als 600 Patienten durchforsteten. „In den Tumoren von Patienten mit langem Überleben (mehr als 36 Monate) traten auffallend häufig zwei bestimmte Veränderungen an den Chromosomen 19 und 20 zusammen auf“, berichtet Christoph Geisenberger, Universitätsklinik für Neurochirurgie Heidelberg. Beide Male ist zusätzliches genetisches Material eingefügt. „Welche Auswirkungen diese beiden Veränderungen auf die molekularen Abläufe in den Tumorzellen haben, ob sie z.B. den Tumor empfindlicher gegenüber körpereigener Abwehr oder Therapie machen, wissen wir noch nicht. Dies herauszufinden, ist der nächste Schritt. Vielleicht stoßen wir dabei auch auf Hinweise, wie wir aggressivere Glioblastome besser behandeln können“, erklärt Prof. Dr. Amir Abdollahi, Universitätsklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie Heidelberg.

Der zweite Marker ist die Reaktion des Immunsystems auf einen Eiweißbestandteil, der vor allem im Tumor zu finden ist. Zwar blockieren Tumoren die körpereigene Krebsabwehr, bei einigen Patienten bildet das Immunsystem aber dennoch Antikörper gegen einzelne Eiweiße des Tumors. Die Antikörper binden sehr gezielt an diese Eiweiße und markieren sie so für den Angriff patrouillierender Immunzellen. Nach solchen Antikörpern suchte das Heidelberger Team in einer multizentrischen Studie mit mehr als 240 Patienten. „Tatsächlich haben wir eine Sorte Antikörper entdeckt, die mit einem langen Überleben der Patienten verbunden ist“, so Erstautor Andreas Mock, Neurochirurgische Universitätsklinik. Die Antikörper richten sich gegen einen Teil des Proteins Tenascin-C, das in fast allen Tumoren in großen Mengen gebildet wird. Dazu Herold-Mende: „Das Immunsystem scheint, wenn es über diese speziellen Antikörper verfügt, den Tumor etwas besser in Schach halten zu können als dies bei anderen Patienten der Fall ist. Es bietet sich daher an, diesen Eiweißbestandteil in einem Impfstoff gegen Glioblastome einzusetzen.“ Tumorimpfstoffe sollen das Immunsystem dazu anregen die körpereigene Krebsabwehr zu verstärken.

Neuer Test für die Verlaufskontrolle

Für diese Antikörper-Tests entwickelte das Team um Mock und Herold-Mende zusammen mit der Heidelberger Firma Pepperprint ein geeignetes Analyseverfahren: Dazu werden Bruchstücke von charakteristischen Tumorproteinen mittels Laserdrucker auf einer Glasplatte fixiert und anschließend mit Blutserum der Patienten überschichtet. Gibt es im Blut passende Antikörper, binden diese an die fixierten Proteinstücke. So zeigt sich deutlich, ob und gegen welche Tumoreiweiße das Immunsystem des jeweiligen Patienten reagiert. „Mit dieser Testmethode könnte man in Zukunft mit geringem Aufwand – man benötigt nur eine sehr geringe Menge Blut – kontrollieren, wie sich das Immunsystem des Patienten im Krankheitsverlauf verhält“, so Herold-Mende. „Möglicherweise kann man so frühzeitig erkennen, ob sich gerade ein Rezidiv bildet und entsprechend früh reagieren.

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