Labor & Diagnostik

Individuelle genetische Biomarker ausschlaggebend

12.08.2025 - Multiple Sklerose: Interferon oder Glatirameracetat? Beide Medikamente gelten als gleichwertig hilfreich gegen Multiple Sklerose. Nun gibt es einen eindeutigen Maßstab für die Medikamentenwahl.

Interferon oder Glatirameracetat? Beide Medikamente gelten als gleichwertig hilfreich gegen Multiple Sklerose (MS). Eine internationale Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Nicholas Schwab vom Institut für Translationale Neurologie der Universität Münster fand nun heraus, dass der Behandlungserfolg von individuellen genetischen Biomarkern abhängt. Damit lässt sich vor der Therapie bestimmen, welches Präparat die bessere Wahl ist.

Behandlung mit Interferon oder mit Glatirameracetat? Diese Frage stellt sich bei vielen Patienten, die erstmals die Diagnose Multiple Sklerose erhalten. Bisher konnte man für die Entscheidung quasi eine Münze werfen: Beide Präparate gelten als etablierte Basistherapien, haben vergleichsweise geringe Nebenwirkungen und können in der Schwangerschaft sowie Stillzeit zum Einsatz kommen. Und schließlich: Beide helfen - wie alle immunmodulatorischen Therapien - nicht allen Menschen gleich gut. Dank einer Studie unter Leitung der Universität Münster gibt es nun aber einen eindeutigen Maßstab für die Medikamentenwahl.

Die internationale Arbeitsgruppe hat einen genetischen Biomarker identifiziert, der vorhersagt, ob MS-Patienten besonders gut auf eine Behandlung mit Glatirameracetat (GA) ansprechen. Menschen mit dem Gewebetyp HLA-A*03:01 profitieren demnach signifikant stärker von GA als von Interferon-beta (IFN). Die Ergebnisse der multizentrischen Analyse mit mehr als 3.000 an MS Erkrankten wurden nun in „eBioMedicine“ publiziert.

„Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass ein genetischer Marker mit dem Behandlungserfolg eines MS-Medikaments verknüpft ist“, erklärt Studienleiter Prof. Nicholas Schwab von der Universität Münster. „Damit lässt sich vor Therapiebeginn vorhersagen, ob Glatirameracetat oder Interferon die wahrscheinlich bessere Wahl ist.“ Bei etwa einem von drei MS-Betroffenen fällt die Entscheidung auf GA, bei den anderen beiden Fällen wirkt vermutlich Interferon-beta besser. „Das ist ein entscheidender Fortschritt für die personalisierte MS-Behandlung“, freut sich Prof. Heinz Wiendl, Sprecher des Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS), der die Studie mit konzipiert hat.

Klinischer Nutzen in fünf unabhängigen Kohorten belegt

GA führt bei Patienten zu spezifischen T-Zell-Antworten, die sich das Team genauer anschaute. Die Forschenden analysierten die T-Zell-Rezeptor-Sequenzen (TZR) im Blut von 3.021 MS-Patienten, deren Proben ihnen aus mehreren voneinander unabhängigen internationalen Kohorten zur Verfügung gestellt wurden. Dabei fielen T-Zell-Klone auf, die sich nach GA-Therapie nur bei den Patienten fanden, die zudem Träger bestimmter HLA-Moleküle sind, und zwar von HLA-A*03:01 oder HLA-DRB1*15:01. Liegt eines dieser beiden HLA-Moleküle vor, reagiert also das Immunsystem auf die Therapie mit GA. Praktisch profitieren Patienten jedoch nur in einem der beiden Fälle: Denn ausschließlich Betroffene mit der Genvariante HLA-A*03:01 haben nachweislich einen klinischen Behandlungsvorteil, ihnen geht es also dank GA-Therapie besser. Um sicherzugehen, dass die Ergebnisse auch in der klinischen Anwendung relevant sind, untersuchte das Team fünf große Kohorten und Studienpopulationen aus den USA, Frankreich und Deutschland, darunter die NationMS-Kohorte des deutschen Kompetenznetzes Multiple Sklerose In sämtlichen Analysen zeigten Träger der Genvariante HLA-A*03:01 unter Therapie mit GA signifikant weniger Krankheitssymptome als bei Behandlung mit IFN. Statistisch betrifft das etwa 30 bis 35 % der europäischen MS-Patienten, denn sie tragen das HLA-A*03:01-Allel.

Genetik ermöglicht personalisierte Therapieentscheidung

Das Besondere an der Entdeckung: Das neue Forschungsergebnis kann schon kurzfristig in der Therapieberatung angewendet werden – denn ein HLA-Test, wie er zum Beispiel für Transplantationen oder Arzneimittelsicherheit bereits etabliert ist, findet die fragliche Genvariante.
Der Erkenntnisgewinn der Studie reicht aber noch weiter: Diese liefert nicht nur einen klinisch relevanten Biomarker, sondern auch neue Hinweise auf den Wirkmechanismus von GA: Die beobachteten öffentlichen T-Zell-Antworten deuten darauf hin, dass GA nicht alle seine Eiweißbestandteile benötigt, um zu wirken. Vielmehr spielen wenige Fragmente der GA-Mischung eine dominante Rolle, vielleicht ist sogar nur ein Einzelnes relevant. Dies könnte künftig zur gezielten Weiterentwicklung des Medikaments führen.

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