Gesundheitspolitik

Ansätze für eine Verbesserung der Hilfsmittelversorgung

07.05.2019 -

REHAB 2019 bietet Intensiv-Workshops für Therapeuten, Fachhändler und beruflich Pflegende zur Rollstuhl- und Hilfsmittelversorgung.

Wer infolge eines Unfalls oder einer Krankheit auf Hilfsmittel angewiesen ist, muss die für ihn nötigen Hilfsmittel beantragen. Dabei durchläuft er verschiedene Stufen, die von der Bedarfsfeststellung bis zur Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels reichen. Dass dieser Prozess komplex und auch nicht unproblematisch ist, macht ein Interview mit Thomas Hildenbrand, Geschäftsführer des Reha-Netzwerks ROLLETS deutlich. Auf der REHAB – Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion, die vom 16. bis 18. Mai in der Messe Karlsruhe stattfindet, bietet der Experte Intensiv-Workshops zum Thema an. Die Seminare befassen sich zum Beispiel mit dem Versorgungsprozess von Hilfsmitteln sowie Argumentationen gegenüber Kostenträgern anhand konkreter Beispiele in der Mobilität. Außerdem werden rückenentlastende Transfertechniken oder die gerätegestützte Stehtherapie anhand individueller Hilfsmittel thematisiert.

M&K: Herr Hildenbrand, wie läuft der Prozess der Hilfsmittelversorgung in der Regel ab?
Gehen wir einmal von einer Person aus, die infolge eines Schlaganfalls oder durch eine Querschnittlähmung auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie wird bereits oft übereilt im Krankenhaus mit einem Rollstuhl mobilisiert und bekommt vom Sanitätshaus nach Verschreibung des Arztes sehr zügig den benötigten Rollstuhl für zu Hause geliefert. Das ist jetzt nur eine grobe Beschreibung, da der genaue Ablauf – abhängig von der Situation und den Beteiligten – sehr unterschiedlich ist. Allgemein kann man aber sagen, dass dieser Prozess systembedingt aufgrund der Faktoren Zeit, Kosten und Ausbildung meist nicht unproblematisch ist.

Können Sie das genauer erläutern?
Wie gesagt, die genannten Aspekte sind systembedingt. Die Beteiligten – also Therapeuten, Sanitätshäuser als Leistungserbringer und beispielsweise Krankenkassen als Leistungsträger – stehen unter einem großen Zeit- und Kostendruck. Wenn Fachhändler an einem Tag 15 Auslieferungen beziehungsweise Anpassungen von Hilfsmitteln haben, bleibt ihnen kaum Zeit für eine individuelle Einweisung und Beratung des Patienten. Auch die Frage nach den Kosten spielt im Prozess der Hilfsmittelversorgung eine zentrale Rolle. Oft wird mit Fallpauschalen gearbeitet, die vorgeben, in welchem preislichen Rahmen sich die Hilfsmittel bewegen müssen. Unter Umständen sind Klienten durch Ausschreibungen aufgrund festgelegter Verträge an bestimmte Sanitätshäuser gebunden. Oft können Mehrkosten nur über den zuzahlenden Versicherten abgerechnet werden. Therapeuten und Versorger haben außerdem kaum Möglichkeiten, Beratungen abzurechnen.

Wie lässt sich das Vorgehen verbessern?
Vor der Versorgung mit einem bestimmten Hilfsmittel sollte ein sogenanntes Anforderungsprofil für den Patienten erstellt werden, das sein Wohn- und Arbeitsumfeld sowie seine Freizeitgewohnheiten berücksichtigt. Dazu könnte man zum Beispiel einen zukünftigen Rollstuhlnutzer zunächst mit einem Leihrollstuhl die Tauglichkeit des Rollstuhls in seinem Alltag testen lassen. Therapeuten und Versorger können den Patienten in dieser Zeit zu Hause besuchen und prüfen, wie er mit dem Hilfsmittel zurechtkommt. Dabei lässt sich auch beobachten, ob es noch Entwicklungen oder Veränderungen an der Situation des Patienten gibt. Erst nach dieser gründlichen Evaluation sollte das passende Hilfsmittel verschrieben werden, so dass die Beteiligten gegebenenfalls auf einen anderen Rollstuhl umsteigen können. Ein solches Vorgehen würde Frust, Folgekosten und Fehlversorgungen vermeiden und wäre damit unterm Strich vermutlich günstiger als das jetzige Verfahren. Der Ansatz bei Anforderungsprofilen, der den Bedarf genau überprüft, braucht aber Zeit – Zeit für Beratung, Erklärung, Rückmeldung und Evaluation und das heißt Zeit, die etwas kostet. Unter anderem auch deshalb, weil Therapeuten und Versorger die Zeit natürlich abrechnen können müssten. Andererseits erreichen Menschen mit Handicap mit der richtigen Versorgung durch Hilfsmittel aber eine höhere Lebensqualität und eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Wie wichtig ist ein umfangreiches Fachwissen?
Den Patienten wäre sicher bereits sehr geholfen, wenn alle, die am Versorgungsprozess beteiligt sind, hierin besser ausgebildet würden und ein größeres Fachwissen hätten. Dabei geht es um den Prozessablauf, aber auch um die vielen administrativen Aufgaben und das Ausfüllen der verschiedenen Anträge sowie das Wissen über die meist sehr komplexen Hilfsmittel. Es gibt über 50.000 Hilfsmittel in Deutschland – da ist es schwer, den Überblick zu behalten. Ständig kommen neue Produkte hinzu. Und das ist auch gut so, weil neue Produkte Innovation und Fortschritt bedeuten. Damit die am Versorgungsprozess Beteiligten die Vor- und Nachteile eines Hilfsmittels für den einzelnen Patienten jedoch realistisch einschätzen können, bedarf es eines vertieften Wissens über Hilfsmittel. Das sollte schon in der Ausbildung vermittelt und durch Fortbildungen ständig aktualisiert werden. Fortbildungen helfen als neutrale Instanz auch dabei, die Produkte einzuordnen.

Was bieten Sie in diesem Zusammenhang auf der REHAB an?
Wir bieten auf der REHAB Intensiv-Workshops zur Rollstuhl- und Hilfsmittelversorgung an. Darin vermitteln wir Wissen zum Versorgungsprozess von Hilfsmitteln und informieren neutral über verschiedene Hilfsmittel. Außerdem stellen wir das Konzept des Anforderungsprofils als stringentes und überlegtes Vorgehen bei der Hilfsmittelversorgung detailliert und an Fallbeispielen vor. Es gibt im Versorgungsprozess viele Fehlerquellen, Irrtümer und administrative Hürden. Wir wollen in unseren Seminaren und Workshops zeigen, wie wichtig eine optimale Hilfsmittelversorgung und ein geschulter Blick sein können, und die Teilnehmer dazu ermutigen und dafür begeistern. Unsere Seminare und Workshops richten sich an alle Berufsgruppen, die im Versorgungsprozess involviert sind. Das sind Therapie- und Pflegefachkräfte, Sanitätsfachhändler, Ärzte, Kostenträger und anverwandte Berufsbilder. Für einen Workshop von je 45 Minuten erhalten Therapie- und Pflegekräfte je einen Fortbildungspunkt. Das Angebot ist für Inhaber eines gültigen Messetickets kostenlos. Interessierte müssen sich nur zuvor anmelden.

Das Programm der Intensiv-Workshops kann unter www.rehab-karlsruhe.com/rollets abgerufen werden. Messetickets und Anmeldung zu den Intensiv-Workshops unter: www.rehab-karlsruhe.com/tickets

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