5. September: Internationaler Tag der Querschnittlähmung
04.09.2025 - Seit 25 Jahren gut betreut durch die BDH-Klinik Greifswald
Ein Motorradunfall veränderte schlagartig das Leben von Anke Dallmann. In der BDH-Klinik Greifswald wurde sie zunächst akut behandelt, später in der Reha gefördert und auf den Alltag vorbereitet. Seit 25 Jahren lebt sie mit ihrem Rollstuhl und kommt regelmäßig zu Untersuchungen. Aktuell ist sie mit Schulterproblemen in der Reha.
Anke Dallmann war 22, ausgebildete Friseurin und gerade auf dem Heimweg, als ihr jemand die Vorfahrt nahm. Beim Sturz vom Motorrad zog sie sich schwere Verletzungen zu. Mit Polytrauma und mehreren verletzten Brustwirbeln wurde sie ins Krankenhaus Neubrandenburg gebracht. Dort lag sie vier Wochen im Koma. Von dort aus ging es auf die Intensivstation der BDH-Klinik Greifswald, eine Spezialklinik für Querschnittlähmungen, die als Akutkrankenhaus und Rehabilitationsklinik eine möglichst frühzeitige Rehabilitation ermöglicht.
Die junge Frau musste anfangs durch eine Trachealkanüle, einem künstlichen Zugang zur Luftröhre, atmen. Seit dem Vorfall hat sie eine Paraplegie, eine beidseitige Lähmung der Beine. Insgesamt verbachte sie ein gutes Jahr im Krankenhaus, kann dieser Zeit aber auch Gutes abgewinnen: „Ich habe sehr positive Erinnerungen an die Reha. Die Therapeuten förderten mich wirklich gut. Ich hatte zwar Bedenken, wurde aber gut auf den Alltag außerhalb der Klinik vorbereitet.“
Ihr Alltag nach dem Klinikaufenthalt sah dann komplett anders aus. Die passionierte Reiterin musste ihr Hobby aufgeben und ihre damalige Beziehung ging in die Brüche. Das setzte ihr mental zu. Ein Lichtblick war das an ihre Fähigkeiten angepasste Auto, das sie Ende 2001 bekam. Mit der dazugewonnenen Mobilität kam auch ihre Motivation zurück. Der Rollstuhl kann eigenständig auf den Beifahrersitz verladen werden. Damit ist sie nicht auf Hilfe angewiesen und kann Freunde und ehemalige Kolleginnen besuchen.
Sport und Familie geben Halt
Auch das Leben im teilweise angepassten Haus ihrer Mutter stellte sie vor Herausforderungen. Ein kompletter Umbau wäre zu teuer gewesen. Daher baute sie 2003 ihr eigenes Haus nach ihren Bedürfnissen. Sie lernte ihren neuen Partner kennen und wurde schwanger.
Ihr erster Sohn kam 2005 zur Welt. Einen Tag vor der Geburt war sie wegen Nierenproblemen in der Klinik. Als sie dann beim Besuch ihrer Mutter ein Unwohlsein und Blasendruck verspürte, wurde der Notarzt alarmiert und wenig später war ein gesundes Kind auf der Welt. Mit der Geburt ihres Sohnes hatte sie eine neue Aufgabe gefunden. „Durch meine recht große Selbstständigkeit konnte ich die Kinder gut versorgen. Vor allem mobil zu sein war dabei wichtig.“ 2007 kam ihr zweiter Sohn zur Welt.
Den Kontakt zum Reitverein hat sie stets gehalten. Dort fand sie nach der Trennung vom Vater ihrer Kinder auch ihre neue Liebe. Dem Sport ist sie weiterhin verbunden. Auch ihre Kinder können reiten. Da ihr das Schwimmen in der Reha gut geholfen hatte, baute sie sich einen Pool ins Haus ein. Generell liebt sie das Wasser und ist gerne mit dem Motorboot auf der Peene oder Ostsee unterwegs. Einen Traum erfüllte sie sich dann 2015 beim Paragleiten in Österreich.
Lebenslange Nachsorge und Prophylaxe
Querschnittlähmungen können weitere körperliche Probleme und Folgeerkrankungen hervorrufen. Druckstellen, Haltungsschäden aber auch Funktionsstörungen von Blase oder Darm sowie Spastiken und chronische Schmerzen. Diese Komplikationen können in jeder Phase der Rehabilitation auftreten.
Daher muss Anke Dallmann verstärkt auf ihren Körper achten, Anzeichen früh erkennen und gezielt dagegenwirken. In der ersten Reha hatte sie ein Druckgeschwür, das durch das lange Sitzen auftreten kann. Mittlerweile kann sie das jedoch gut vermeiden. Damit sie weiterhin mobil und selbstständig bleibt, macht sie viel für ihre Gesundheit. Zweimal wöchentlich kommt die Physiotherapie zu ihr nach Hause, zweimal fährt sie ins Fitnessstudio.
Die Nachsorgetermine finden im Greifswalder Querschnittgelähmtenzentrum statt. Zweimal jährlich geht sie dort zur Urodynamik, bei der die Blasenfunktion geprüft und mit Botox unterstützend behandelt wird. Weitere Kontrollen gibt es bei Bedarf. Vor einigen Monaten bekam sie dann Probleme mit den Schultern. Die Schmerzen wurden so schlimm, dass sie nicht mehr liegen konnte und im Rollstuhl schlafen musste. In der BDH-Klinik wurden dann beim MRT beidseitige Sehnenanrisse festgestellt und operiert. Nun befindet sie sich seit 17 Wochen in der Reha. Ihr Mann unterstützt sie dabei und besucht sie morgens und abends, hilft beim Ankleiden und beim Transfer. Auch wenn das Stützen noch nicht klappt, es wird langsam besser und sie freut sich schon, wieder normal am Alltag teilnehmen zu können.
Studie zur Lebensrealität von Menschen mit Querschnittlähmung
Zum Internationalen Tag der Querschnittlähmung am 5. September stellt die Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP) e.V. aktuelle Ergebnisse der „German Spinal Cord Injury Survey“ vor.
Diese Befragungsstudie beleuchtet die Versorgung und Lebensqualität von Menschen mit Querschnittlähmung in Deutschland. Mittels 90 Fragen wurden auf dem GerSCI-Fragebogen Informationen über die Querschnittlähmung selbst sowie über das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität, gesundheitliche Probleme, die Aktivität und Teilhabe, die Aktivitäten des täglichen Lebens, die Erwerbstätigkeit, die Umweltfaktoren, das Rehabilitations- und Gesundheitssystem und Covid-19-Erkrankungen erhoben.
- Fast 50 % aller Befragten leiden unter ausgeprägten bis extremen Schmerzen.
- Über ein Drittel berichten über erhebliche Beeinträchtigungen der Blasen- und Darmfunktion.
- Über 40 % berichten über erhebliche Einschränkungen der sexuellen Funktionen.