Hygiene

Diagnostic Stewardship: Was wissen wir, was wollen wir?

01.10.2025 - Diagnostic Stewardship sollte in die Arbeit der Hygieneteams auf allen Ebenen der Patientenversorgung und im Bereich der Umgebungsuntersuchungen integriert werden.

Dem Thema Diagnostic Stewardship wird sowohl im Rahmen des Antibiotic Stewardship als auch in der Krankenhaushygiene eine wichtige Bedeutung zugeschrieben – daher steht es ist als Vortragsthema im Hauptprogramm beim diesjährigen Freiburger Infektiologie- und Hygienekongress des BZH.

Umfrage zum Wissensstand

Beim letzten Kongress des BZH 2024 wurde eine Umfrage unter deutschsprachigen Hygieneteams durchgeführt, um den Wissensstand und die Wünsche zu diesem Thema in Erfahrung zu bringen.

182 Hygienefachkräfte, hygienebeauftragte Pflegende, hygienebeauftragte Ärzte und Krankenhaushygieniker wurden per Fragebogen zum Wissen, zur Anwendung und zu ihren Einschätzungen zu verschiedenen Diagnostic-Stewardship-Maßnahmen befragt.

96% der Befragten kamen aus Deutschland, die übrigen 4% aus Österreich und der Schweiz. Hygienefachkräfte machten mit 50% die größte Berufsgruppe aus.

Diagnostic Stewardship
Einschätzung „Genau richtig“ der Befragten (n=182) zur Anwendung verschiedener diagnostischer Verfahren (in %) Quelle: Schulz-Stübner, 2025

Legende:
CDI (Clostridioides difficile), CRP (C-reaktives Protein), TSBAL (Trachealsekret oder bronchioalveoläre Lavage), PCR (Polymerase Kettenreaktion), AG (Antigen), IL (Interleukin)

 

Welche Diagnostik kommt wann zum Einsatz?

Die Einschätzung zur Anwendung „genau richtig“ für verschiedene Untersuchungen gibt die Abbildung wieder. Bei den Blutkulturen haben 28,6% der Befragten in ihren Einrichtungen eine Vorgabe, die Entnahme aller Kulturen aus einer Punktion vorzunehmen, 60% aus mehreren Punktionen. 73% der Befragten geben an, dass zwei Blutkulturpaare entnommen werden, 14% drei Pärchen („six pack“). Die „differential time to positivity“ bei katheterassoziierten Infektionen kommt bei 34% der Befragten oft zum Einsatz. Diagnostic Stewardship-Methoden wie „Reflex-Testing“ bei Harnwegsinfektionen oder gesteuerte Antibiogramme werden selten eingesetzt (nicht bekannt: 63,7% resp. 36,8%).

Die größten Unsicherheiten bestehen bei selten genutzten Labor-Untersuchungen wie IL6 und Beta-D-Glukan, die gerade an kleineren Häusern häufig nicht verfügbar sind. Die niedrigen Werte zum „genau richtigen“ Einsatz bei Urinkulturen und Urinteststreifen lassen Verbesserungspotential bei der Diagnostik von Harnwegsinfektionen vermuten. Obwohl die Bestimmung des Pneumokokkenantigens im Urin bei der Diagnostik der ambulant erworbenen Pneumonie von der deutschen S3-Leitlinie empfohlen wird, kommt diese nur selten zum Einsatz oder ist unzureichend bekannt, während das Legionellen-Antigen im Urin besser etabliert zu sein scheint.

Die Blutkulturdiagnostik erfolgt leitlinienkonform und es scheint, dass sich innovative, in der Literatur gut belegte Ansätze wie die Entnahme von drei Blutkulturpärchen aus einer einzigen Punktion bei Verdacht auf Sepsis/Septischen Schock, langsam verbreiten.

Diagnostische Stewardship-Strategien wie Reflextests und gesteuerte Antibiogramme werden nur gelegentlich eingesetzt und stoßen manchmal auf Skepsis.

Das Screening auf methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA) und vancomycinresistente Enterokokken (VRE) wurde von mehr als 60 % der Befragten als „genau richtig“ beurteilt, das Screening auf multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN) von 50 %.

Überraschende Ergebnisse

Bei den hygienespezifischen Fragen halten 32,42 % der Befragten den Umfang der Probenahme bei Oberflächenproben für unzureichend, während 33,2 % dasselbe für die Probenahme von den Händen des Personals glauben.

Die große Zahl der Befragten, die mikrobiologische Handproben als „nicht ausreichend“ ansahen, überraschte angesichts der weitaus besseren Aufklärungsinstrumente für die Überwachung der Händehygiene und der Motivation, wie fluoreszierende oder farbstoffbasierte Visualisierungstechniken in Echtzeit. Ebenso wurde die Beprobung von Oberflächen in der Umgebung häufig als unzureichend angesehen, obwohl eine routinemäßige Beprobung von Oberflächen in der Umgebung nicht empfohlen wird und Alternativmethoden mit besserem Schulungswert zur Prüfung des Reinigungserfolges (z.B. ATP-Messungen oder Fluoreszenzmarker) zur Verfügung stehen.

Die Ergebnisse der Kongressumfrage deuten darauf hin, dass die verstärkte Einbeziehung der Hygieneteams in diagnostische Stewardship-Aktivitäten auf allen Ebenen der Patientenversorgung und im Bereich der Umgebungsuntersuchungen sinnvoll ist. Weitere Details der Umfrageergebnisse sollen in „GMS Hygiene and Infection Control“ veröffentlicht werden.

Autor: 

Prof. Dr. Sebastian Schulz-Stübner, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg

Der Beitrag ist in der M&K Ausgabe Oktober auf S. 10 erschienen.

Kontakt

Deutsches Beratungszentrum für Hygiene BZH

Schnewlinstr. 4
79098 Freiburg

+49 761 202678 0
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