Aus den Kliniken

Schlaganfall: Risiken erkennen und Wiederholungen vermeiden

06.06.2023 - Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden gehört seit 20 Jahren zu den Vorreitern bei der umfassenden Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten. Dieses erfolgreiche Engagement spiegelt sich auch im Projekt SOS-Care – Hilfe nach Schlaganfall wider.

Dieses regionale Casemanagement-Konzept einer sektorenübergreifenden Versorgung Betroffener hat sich bewährt. Das belegen nicht nur die Zahlen bezüglich erneut auftretender Schlaganfälle, sondern auch die Akzeptanz der Betroffenen für das Programm. Um die Bevölkerung über die Risikofaktoren von Schlaganfällen aufzuklären und zu beraten, macht der Infobus der Initiative „Herzenssache Lebenszeit" am 12. Juni Station in Dresden.

Es trifft viele Menschen wie ein Schlag aus dem Nichts. Erste Anzeichen eines Schlaganfalls sind häufig Störungen des Sehens, der Sprache sowie des Sprachverständnisses, Lähmungen und Taubheitsgefühle, Schwindel mit Gangunsicherheit oder sehr starke Kopfschmerzen. Wie gravierend die Folgen eines Schlaganfalls sind, hängt von dessen Schwere ebenso ab, wie von Zeitpunkt und Umfang der Akutversorgung. – Gut ein halbes Jahr nach seinem Schlaganfall beginnt für Burkhard Oppitz nun die Zeit, in der er als 1.000. Patient im Rahmen des Nachsorgeprogramms SOS-Care betreut wird. Dass ein so großer Zeitraum zwischen der stationären Versorgung im Uniklinikum und der nun begonnenen Begleitung durch die Schlaganfalllotsin Nastasja Pfaff liegt, ist ein positives Indiz: Ein Grund für den langen Aufenthalt in der Rehaklinik war, dass Burkhard Oppitz kontinuierliche Fortschritte machte, die eine Verlängerung rechtfertigten. Sein Ziel, die Klinik gehend zu verlassen, hat er mit eisernem Willen erreicht.

Die meisten Betroffenen sind glücklich, wenn sie aus Krankenhaus und Rehaklinik nach Hause zurückkehren können. Dort erwartet viele eine gewohnte Umgebung mit gewohnten Abläufen. Trotz der ambulanten Versorgung – vor allem Physio- und Ergotherapie – birgt dies jedoch die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen und damit die weitere Genesung zu gefährden. Das wiederum erhöht das Risiko eines erneuten Schlaganfalls. Hier spielt das SOS-Care-Team eine wichtige Rolle. Es begleitet und berät Betroffene wie Burkhard Oppitz dabei, sich in der neuen Lebenssituation optimal einzurichten. Ein wichtiges Thema ist die Therapietreue: Nehme ich die Medikamente so ein, wie sie mir verschrieben wurden? Ernähre und bewege ich mich so, dass mein Risiko für weitere Schlaganfälle sinkt?

„Die Zeit Zuhause mit den Terminen in Arztpraxen, der Physio- und Ergotherapie fühlt sich für viele so an, wie ein richtiger Job“, sagt Schlaganfalllotsin Nastasja Pfaff. „Doch gerade das erste Jahr nach dem Schlaganfall ist entscheidend, denn in dieser Zeit ist die Plastizität des Gehirns besonders hoch.“ Betroffene haben also verstärkt die Chance, dass nicht vom Schlaganfall betroffene Hirnregionen aktiviert werden, um Funktionen des untergegangenen Gewebes zu übernehmen. Mit einem entsprechenden Training lässt sich beispielsweise die durch einen Schlaganfall eingeschränkte Motorik häufig verbessern. Darauf setzt auch Burkhard Oppitz, der sich neben den verschriebenen Therapien zwei Trainingsgeräte angeschafft hat, um Muskeln und Motorik zu stärken.

Infobus klärt über Schlaganfallrisiken auf

Der häufig mit Übergewicht und mangelnder Bewegung verbundene Typ-2-Diabetes tritt zumeist im höheren Lebensalter auf und ist ein wesentlicher Risikofaktor für Schlaganfälle. Das liegt auch daran, dass diese auch Diabetes mellitus genannte Zivilisationserkrankung die Gefäßwände angreift und so das Entstehen von Arteriosklerose beschleunigt. Zu den besonders lebensgefährlichen Komplikationen des Diabetes gehören deshalb Herzinfarkte und Schlaganfälle: Diabetiker sind von einem zwei- bis vierfach erhöhten Schlaganfall-Risiko betroffen. Kommen weitere Faktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder schlechte Blutfettwerte hinzu, steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall noch stärker an. So haben Diabetiker mit Bluthochdruck bereits eine zehnmal höhere Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall als Menschen, die weder an Diabetes noch an Bluthochdruck leiden. Und: Je länger Patientinnen und Patienten an einem Diabetes Typ 2 leiden, desto höher ist ihr Schlaganfallrisiko.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass Vorsorge und Aufklärung immer wichtiger werden. Deshalb ist auch in diesem Jahr ein Info-Bus unter dem Motto „Herzenssache Lebenszeit“ in Deutschland unterwegs und macht in der sächsischen Landeshauptstadt Station. Vertreter der Dresdner Krankenhäuser und weiterer regionaler Partner beraten Betroffene und Interessierte im roten Doppeldecker-Bus am Montag, dem 12. Juni, von 10 bis 15 Uhr, am Kulturpalast (Schloßstraße), 01067 Dresden.

Das fachübergreifende Team – darunter Expertinnen und Experten aus den Bereichen Pflege, Therapie und Nachsorge, sowie Ärztinnen und Ärzte – stehen für individuelle, aufklärende und beratende Gespräche zur Verfügung.

Nachsorgeprogramm SOS-Care

2011 nahm Deutschlands erster Schlaganfall-Lotse am Dresdner Uniklinikum seine Arbeit auf. Uwe Helbig, der heute das Team leitet und weitere Casemanager ausbildet, war wesentlich an der Ausgestaltung des SOS-Care-Konzepts beteiligt. Ausgangspunkt von SOS-Care war, standardisierte Versorgungsangebote in der ambulanten Nachbehandlung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten zu etablieren, die auch deren persönliches Umfeld einbezogen. Deshalb setzte das an der Klinik für Neurologie des Uniklinikums mit Unterstützung der AOK PLUS entwickelte und erprobte Programm auf ein ambulantes Casemanagement, in dessen Rahmen die Betroffenen für ein Jahr persönlich betreut werden. Dies übernehmen speziell geschulte Schlaganfall-Lotsinnen und -Lotsen, welche die weitere medizinische Versorgung koordinieren sowie Patientinnen und Patienten zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil motivieren. Wichtige Ziele sind dabei, die individuellen Risikofaktoren zu reduzieren und die Therapietreue zu verbessern – etwa in Form der regelmäßigen Einnahme der Medikamente. Intention dieser Nachsorge ist es, einen erneuten Schlaganfall und dessen Folgen zu vermeiden. Bisher wird dieses Angebot im Rahmen eines bundesweit einmaligen, mit der AOK PLUS geschlossenen Selektivvertrags finanziert. Deshalb ist das Nachsorgeprogramm auf Versicherte dieser gesetzlichen Krankenkasse begrenzt.

„Die Aufnahme des 1.000. Schlaganfallpatienten in das SOS-Care-Nachsorgeprogramm zeigt, dass es uns gelungen ist, diese innovative Versorgungsform als Standard zu etablieren. Als hochschulmedizinische Institution war es wichtig, dieses Angebot weiter wissenschaftlich zu begleiten. Die Daten von gut der Hälfte aller Betroffenen, die das SOS-Care-Nachsorgeprogramm durchlaufen haben, bestätigen die in der Pilotphase ermittelten positiven Ergebnisse“, sagt Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums. „Die Ergebnisse unserer Datenauswertung von über 500 Patientinnen und Patienten sind sehr vielversprechend. Diese Personen sind jeweils in das SOS-Care-Programm aufgenommen und in diesem Rahmen ein Jahr lang begleitet und beraten worden“, sagt Professor Timo Siepmann, Ärztlicher Leiter des Netzwerks Telemedizinische Schlaganfallversorgung Ost-Sachsen SOS-TeleNET und des SOS-Care-Programms: „Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ließen sich bei den relevanten Punkten positive Ergebnisse nachweisen. Sowohl bei Zielparametern wie Blutdruckeinstellung und vollständige medikamentöse Sekundärprophylaxe als auch bei der Rezidivrate, also der Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls, zeigten SOS-Care-Patientinnen und -Patienten deutlich bessere Ergebnisse als Betroffene, die dieses Nachsorgeprogramm nicht durchlaufen haben.“ In Zahlen ausgedrückt, lag die Rückfallrate bei Betroffenen, die im Rahmen von SOS-Care mitversorgt wurden, bei 5,1 Prozent. Patientinnen und Patienten ohne diese spezielle Nachsorge waren zu 14,2 Prozent von einem erneuten Schlaganfall betroffen. „Auch erreichten deutlich mehr Betroffene. die von Schlaganfall-Lotsinnen und -Lotsen begleitet wurden, die medizinisch empfohlenen Blutdruckwerte und waren bezüglich der Medikamenteneinnahme therapietreuer“, ergänzt Privatdozentin Dr. Jessica Barlinn, frühere Leiterin des Programms und Initiatorin der Studie.

Kontakt

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