Gesundheitsökonomie

Grundsatz der Prospektivität

06.07.2012 -

Grundsatz der Prospektivität. Die Bundespflegesatzverordnung sieht im § 6 Abs. 1 Ausnahmetatbestände vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität vor, insbesondere für den Mehrbedarf des Personals nach den Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung. Diese Tatsache sowie die Feststellung, dass eine geordnete Patientenversorgung nach den Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) deutlich mehr Personaleinsatz nach sich ziehen muss, hat einen Krankenhausträger in Hessen bewogen, entsprechende Budgetanpassungen zu fordern.

Ausgangspunkt der Berechnungen, in diesem Fall handelt es sich um die Forderung für das Jahr 2005, ist das Vorjahresbudget. Dies war insoweit jedoch schwierig, als das Budget zunächst aufgeteilt werden musste in einen Teil nach dem Krankenhausentgeltgesetz für die Neurologie und einen Teil nach Bundespflegesatzverordnung für die Psychiatrie. Damit begannen die Probleme: Die Klinik hatte im Jahr 2004 eine Schiedsstellenentscheidung erstritten, in der beide Budgetanteile nach Prozentanteilen festgelegt wurden (53,01% Neurologie, 46,99% Psychiatrie), gleichwohl war damit aber die Ausgangszahl der Personalstellen immer noch nicht definiert. Die Krankenkassen wünschten in den folgenden Verhandlungen zunächst eine Tabelle der Personal-Ist- Besetzungen des Krankenhauses. Dies verweigerte die Klinik mit dem Hinweis auf die Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips. Danach errechneten die Sozialleistungsträger einen fiktiven Personalbedarf nach den Vorgaben der Psychiatrie- Personalverordnung für das Jahr 2004. Daraus war natürlich kaum ein Personalmehrbedarf zu begründen, da dieser Mehrbedarf im fiktiven Ist enthalten war.

Dementsprechend dürftig fiel das Budgetangebot der Sozialleistungsträger aus. Dabei war die Berechnung des Personals nach Psych-PV nicht grundsätzlich umstritten, da es in den Budgetjahren zuvor gelang, eine Rahmenvereinbarung über die Prüfung der Zuordnung der Patienten zu den Behandlungsbereichen und die Prüfung der Umsetzung der Personalausstattung in ein entsprechendes Behandlungsangebot gemäß § 4 Abs. 4 PsychPV abzuschließen – ein Novum in Hessen. Die Psych-PV sieht bestimmte Rechte und Pflichten für beide Seiten über zu übermittelnde Informationen vor, die auch gelebt wurden. Dennoch – mehr Geld sollte dies alles nicht kosten. Die Klinik beschritt einen anderen Weg: Die Aufteilung der Budgets war durch die Schiedsstelle festgelegt, nachdem die Klinik auch die durchschnittlichen Personalkosten in den einzelnen Dienstarten vorgelegt hatte. In gleichen Anteilen wurden die Sachkosten herausgerechnet, so dass die Summe der Personalkosten im psychiatrischen Budget festgeschrieben werden konnte. Die Summe der Personalkosten wurde durch die vorgelegten Durchschnittspersonalkosten dividiert und ergab einen budgetierten Personalbestand nach den einzelnen Dienstarten. Hieraus wurde der Mehrbedarf nach den Vorgaben der Psych-PV berechnet, der dann eine entsprechende Budgetforderung für den Ausnahmetatbestand ergab. Es kam zu keiner Einigung zwischen den Vertragspartnern, darum musste die Schiedsstelle erneut angerufen werden.

Schon in der Schiedsstellenentscheidung des Vorjahres wurde der Klinik auferlegt, dass ein Mehrbedarf nur dann gefordert werden könne, wenn das entsprechende Personal dafür auch eingestellt werde. Diese Auflage hatte die Klinik dann in weiten Teilen umgesetzt, um für entsprechende Vorgaben gerüstet zu sein. Der Vorsitzende der Schiedsstelle hat bei der Vorbereitung der Schiedsstellensitzung u.a. auch Informationen über die Ist-Besetzung im Bereich des Psych-PV Personals angefordert, und zwar zum Stichtag 30.11. des Jahres 2005. Ebenso forderte er Informationen über die Ist-Ausfallzeiten. Nach internem Ringen, ob diesen Auflagen nachgegeben werden sollte, entschied sich die Klinik zur Übergabe dieser Daten an den Vorsitzenden. Die dann folgende Entscheidung konnte der Klinik nicht gefallen.

Natürlich hat der Vorsitzende den Ist-Personalbestand als Ausgangsbasis genommen, um festzustellen, dass das erforderliche Personal nach den Vorgaben der Psych-PV bereits eingestellt ist und dementsprechend kein bzw. nur ein geringer Mehrbedarf anstehe. Nach Vorlage der Schiedsstellenentscheidung entschloss sich die Klinik, einen Antrag auf Nichtgenehmigung bei der Genehmigungsbehörde des Landes Hessen zu stellen. Der Antrag stützte sich im Wesentlichen auf folgende Entscheidungen der Schiedsstelle:

  • Missachtung des Grundsatzes der Prospektivität durch die Schiedsstelle
  • Anrechnung des Ist-Personals als Begründung für Ausnahmetatbestand
  • Fehlerhafte und nicht beantragte Arbeitszeitauslegung
  • Unterschiedliche Vorgehensweise bei der Findung der Ausfallzeiten
  • Fehlerhafte und nicht beantragte Personalbedarfsberechnung nach Psych-PV
  • Unvollständige Darstellung des Personals nach Psych-PV in der provisorischen unterjährigen Tagesklinik.

Die beantragten Personalkosten, deutlich ausgewiesen im Antrag und noch einmal erläutert auf Nachfrage des Vorsitzenden, waren nicht berücksichtigt. Die Genehmigungsbehörde traf nach weit über einem halben Jahr die Entscheidung, dem Antrag auf Nichtgenehmigung statt zu geben. Grund für die Genehmigungsbehörde war hauptsächlich die Verletzung des Prospektivitätsgrundsatzes durch die Schiedsstelle. Auch die Genehmigungsbehörde bezog sich auf das o. g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, welches analog anzuwenden sei. Dieses habe festgestellt, dass eine ex-ante Sicht des Budgetzeitraumes immer vorzunehmen ist.

Bei dieser Entscheidung ist die Genehmigungsbehörde teilweise über den Antrag der Klinik hinausgegangen und hat zusätzlich noch entschieden, dass die Begründung der Schiedsstelle zur Ablehnung der BAT-Berichtigung nicht stichhaltig ist. Auch die unterschiedliche Festlegung der Ausfallzeiten wurde bemängelt. Diese seien immer vorauszukalkulieren. Eine Vereinbarung zu den Personalstellen und den Ausfallzeiten seien krankenhausindividuell zu treffen.

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