Hygiene

Dr. med. Udo Geipel im Interview über den Expertenkreis IKOP und Multiresistente Erreger

02.06.2011 -

Dr. med. Udo Geipel im Interview über den Expertenkreis IKOP und Multiresistente Erreger. Postoperative Wundinfektionen bleiben ein qualitativ und quantitativ bedeutendes Problem. Umso wichtiger erscheint die Schaffung einheitlicher Sicherheits- und Qualitätsstandards, die für eine Risikominimierung entscheidend sind. Sterilität, Hygiene und Infektionsverhütung sind daher die Themen, denen sich seit Sommer 2003 der Arbeitskreis „IKOP – Infektionskontrolle im OP“ widmet, den Mölnlycke Heath Care, Erkrath, unterstützt. Sieben Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen wollen die wissenschaftliche Arbeit auf diesem Gebiet vorantreiben. So schreibt der Expertenkreis zweijährlich den „IKOP Innovationspreis für angewandte Infektionsprävention“ aus, der sich an Wissenschaftler richtet, die sich mit nosokominalen Infektionen beschäftigen. Ebenso wurde eine Online-Umfrage unter chirurgisch tätigen Ärzten der ambulanten Chirurgie durchgeführt. Nachzulesen sind die Ergebnisse im Cleanikum 2008 sowie weitere Informationen zu IKOP unter www.ikop.org. Ulrike Hoffrichter sprach mit Dr. Udo Geipel, Oberarzt am Universitätsklinikum des Saarlandes und gleichzeitig Boardmember der IKOP.

Management & Krankenhaus: Der Expertenkreis für Infek­tionskontrolle im OP trat 2003 mit dem Ziel an, einheitliche OP-­Stan­dards umzusetzen. Wie versuchen Sie, dieses Ziel zu erreichen?

Udo Geipel: Nach wie vor stellen postoperative Wundinfektionen eine bedeutende Krankheitsursache im Klinikalltag dar. Unsere Arbeit konnte für dieses Thema sensibilisieren und die Auswertungen unserer Umfrage zum ambulanten Operieren dabei helfen, die Schwachstellen transparenter darzustellen. In einem Consensus Papier haben wir einmal Daten und Fakten zum Schwerpunkt „Barrieremaßnahmen bei Operationen und invasiven Eingriffen“ zusammengefasst. Darüber hinaus fördert der von uns ins Leben gerufene „IKOP Innovationspreis für angewandte Infektionsprävention“ wertvolle Arbeiten auf diesem Fachgebiet. Er wird mit der Unterstützung von Mölnlycke Health Care alle zwei Jahre vergeben.

Bitte belegen Sie diese positiven Entwicklungen mit Zahlen.

Udo Geipel: Jede Form einer an die Gegebenheiten angepassten, strukturierten Infektionssurveillance führt zu einer Verbesserung der Hygiene und in direkter Folge zu einem Rückgang nosokomialer Infektionszahlen. In Analogie zu den unterschiedlichen Personal-, Abteilungs- und baulichen Strukturen einerseits und der Spannbreite der durchgeführten medizinisch-therapeutischen Aufgaben der Kliniken auf der anderen Seite belaufen sich die Reduktionen, z. B. im Bereich der postoperativen Wundinfektionen auf bis zu 50 % und mehr.

Selbstredend ist das Anfangsniveau im Bereich des Verständnisses zur Wichtigkeit der Krankenhaushygiene hierzulande sehr unterschiedlich, so dass die Variabilität der Krankenhaus-individuellen Zahlen die differenten Ausgangspunkte widerspiegelt.

Gibt es ein Modellprojekt, das sich durch eine besonders erfolgreiche Infektionskontrolle hervortut?

Udo Geipel: Der Gewinner des IKOP Innovationspreises 2007 ist hier sicher als gutes Beispiel zu nennen. Cand. med. Christian Krickhahn vom Universitätsklinikum des Saarlandes entwickelte eine Software zur MRSA-Überwachung, die einen schnellen bidirektionalen Informationsfluss zwischen den behandelnden Ärzten, dem Pflegepersonal und dem mikrobiologischen Labor ermöglicht. Das Computerprogramm erstellt aus den medizinischen Patientendaten individuelle und an die jeweilige Situation angepasste Vorgaben zu MRSA-Nachweis und -Therapie im Krankenhaus, Krankenhaushygiene und Pflege der betroffenen Patienten.

Die Auswertungs- und Alarmmodule der Software zeigen zudem das Auftreten importierter und nosokomialer MRSA-Patienten an und liefern entsprechende Maßnahmen. Ergebnis ist eine konsequente Umsetzung der Sanierungs-, Isolierungs- und Pflegemaßnahmen, die zu einer Senkung der MRSA-Prävalenz, Reduktion der MRSA-Ausbrüche und einer Optimierung der infektiologisch-tätigen Krankenhaushygiene insgesamt führen. Weitere Informationen hierzu unter www.methios.de.

Um die Rate der nosokomialen In­fektionen in ambulanten Einrich­tungen zu registrieren, gibt es das Ambulante Krankenhaus-­Infektions­-Surveillance-­System (AMBU-­KISS). Die Ergebnisse zeigen, dass ambu­lantes Operieren im Vergleich zum stationären Operieren nicht mit ei­nem höheren Infektionsrisiko für Pa­tienten verbunden ist. Was sind hier­ für die entscheidenden Kriterien?

Udo Geipel: Grundsätzlich gelten für das ambulante Operieren natürlich die gleichen Vereinbarungen von Qualitätssicherungsmaßnahmen wie bei stationären Eingriffen. Doch gerade ambulant tätige Chirurgen haben hier einen Nachteil, da sie in der Regel nicht auf ein Netzwerk aus Verwaltung, Pflegedienstleitung, Haustechnik und Hauswirtschaft zurückgreifen können und ihnen kein Hygienefachpersonal und Sterilisationsassistenten zur Verfügung stehen.

Dieser Nachteil wird jedoch durch eines der Hauptprobleme im Krankenhaus, die Verbreitung von Antibiotika-resistenten Keimen, beispielsweise MRSA, die zu Wundinfektionen führen können, ausgeglichen. Aufgrund der Antibiotikaresistenz sind diese Keime schwieriger zu therapieren, führen zu eine höheren Letalität, Verlängerung der Liegedauer sowie steigenden Kosten. In ambulanten Einrichtungen wurde die Ausbreitung von Problemkeimen nicht beobachtet, da hier hauptsächlich Patienten mit gutem Allgemeinzustand behandelt werden und Wundheilungsstörungen eher seltener auftreten.

Was bleibt zu tun? Wo sehen Sie die dringlichsten Probleme bei der In­fektionskontrolle im OP?

Udo Geipel: Eine der Hauptquellen für die postoperative Wundinfektion ist die eigene Hautflora des Patienten, aber auch die Hände des Personals und in selteneren Fällen die Flora der unbelebten Umgebung. Die sorgfältige präoperative hygienische Vorgehensweise am Patienten, am Personal sowie im OP sind deshalb unverzichtbare Maßnahmen zur Verhütung postoperativer Wundinfektionen. Das chirurgische Instrumentarium sollte mittels spezieller Reinigung- und Desinfektionsautomaten aufbereitet werden, da sich die manuelle Aufbereitung als fehleranfällig erwiesen hat und die Verletzungsgefahr erhöht wird.

Ein weiterer Weg der Kontamination besteht in der Übertragung über die Luft. Daher sollten bei jedem operativen und invasiven Eingriff sterile Handschuhe, eine dicht abschließende Maske, eine Haube, die alle Haare komplett abdeckt, sowie ein Operationsmantel aus nicht permeablem Material getragen werden. Denn die Permeabilität von Operationskleidung und Abdeckmaterialien stellt einen weiteren großen Risikofaktor dar. Die Durchnässung des Frontbereiches und der Ärmel führt zu einer ineffektiven Barriere vor bakterieller Penetration. Einwegmaterialien schützen dagegen deutlich besser.

Welche Ziele verfolgt die IKOP in den kommenden 12 Monaten konkret?

Udo Geipel: Multiresistente Erreger, die MRE, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft neben MRSA auch einige andere Erreger wie Enterokokken und Pseudomonaden, die gegen verschiedene Antibiotikaklassen resistent sind. Deren Bekämpfung ist besonders aufwendig und teuer und kann sogar die vorübergehende Schließung des betroffenen Bereiches nach sich ziehen.

In den kommenden 12 Monaten möchten wir mit Hilfe von Fragebogen-gestützter Untersuchung in mehreren Kliniken eruieren, welche Infektionskontroll- und Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, um bei betroffenen Patienten eine Weiterverbreitung auf andere Patienten und das Personal zu verhindern. Ziel ist es herauszufinden, inwieweit ein rationaler Konsens über notwendige und nicht notwendige Präventionsmaßnahmen erreicht werden kann.

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