Hygiene

Handhygiene: „Das Auge wäscht mit“

21.06.2012 -

Wie Handhygiene vor Infektionen in Krankenhaus und Pflegeeinrichtungen schützt: Jedes Jahr infizieren sich rund eine halbe Million Patienten in deutschen Krankenhäusern mit Krankheitserregern, vielfach sogar mit tödlichen Folgen.

Dr. Andreas Schwarzkopf ist öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für Krankenhaushygiene. Für Tork erläutert er, wie die richtige Händehygiene hilft, Krankenhausinfektionen zu vermeiden. Außerdem spricht er darüber, wie Krankenhausleitungen zu einer Verbesserung der Hygienesituation beitragen können.

M&K: Warum infizieren sich jedes Jahr viele Tausend Menschen im Krankenhaus mit zum Teil gefährlichen Viren und Bakterien?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Naturgemäß treffen im Krankenhaus die beiden wichtigsten Faktoren für eine Infektion zusammen: Krankheitserreger in Form von Bakterien, Viren, Pilzen und seltener Parasiten und die geschwächte Abwehr der kranken Patienten. Die Gefahr einer Übertragung besteht sowohl bei den Patienten untereinander als auch über pflegerisches und ärztliches Personal sowie die angewendeten Medizinprodukte. Mangelnde Hygiene spielt dabei natürlich ebenfalls eine große Rolle.

Können Sie die größten Hygienemängel im Krankenhaus benennen?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Zum einen mangelhaft aufbereite Medizinprodukte - nicht unbedingt chirurgische Instrumente, sondern Stethoskop, Blutdruckmanschetten, Ultraschallköpfe. Zum anderen mangelnde Händehygiene, denn die dauert vielen „gefühlt zu lang". Durch Personalmangel besteht Dauerstress, außerdem sind Waschplätze und vor allem Desinfektionsspender oft nicht in ausreichendem Maße vorhanden.

Sprechen wir über Händehygiene: Stimmt es, dass Krankheiten vor allem über die Hände übertragen werden? Welche Rolle spielt sie bei der Vermeidung von Krankheiten?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Wie alle Hygieniker bin auch ich der Auffassung, dass die Händehygiene essenziell für die Hygiene ist. Denn die Erreger können weder fliegen noch hüpfen. Sie müssen sich weitertragen lassen, und das geht am bequemsten über die Hände. Von da aus ist der Weg in den Körper nicht weit - wir fassen uns allein durchschnittlich 14 Mal am Tag an die Augen (RKI, Merkblätter für Ärzte, Keratokonjunktivitis epidemica), an Mund und Nase sehr viel häufiger. Nur die Ohren werden seltener angefasst.

Kein Wunder, dass nahezu alle bakteriellen und viralen Krankheitserreger und mancher Pilz und Parasit diesen Weg nutzen. Viel leichter ist es zu sagen, welche Erreger nicht: Legionellen, Borrelien, FSME, Tollwut, Mycobakterien, Candida und ein paar Exoten.

Deshalb ist es im Krankenhaus besonders wichtig, dass Hände regelmäßig gewaschen und desinfiziert werden.

Warum ist Händehygiene nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in Pflegeeinrichtungen besonders wichtig?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Gemäß dem generellen demografischen Trend werden auch in Pflegeeinrichtungen immer ältere und kränkere Bewohner betreut. Ihre Abwehr ist schwächer, und sie müssen häufiger ins Krankenhaus. Daher nimmt die Anzahl der mit multiresistenten Keimen besiedelten Personen zu. Händehygiene dient hier dem Selbstschutz und dem Schutz der Mitbewohner.

Wie oft und wann sollten sich Ärzte, Pfleger und Bewohner in Pflegeeinrichtungen die Hände waschen?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Zumindest morgens (wer kann nachts schon für die Position seiner Hände einstehen), nach dem Toilettengang und vor der Nahrungsaufnahme. Für Personal gilt: Vor Arbeitsbeginn, vor Pausen, nach Pausen, nach dem Toilettengang zumindest. Vor der Zubereitung oder Anreichen von Lebensmitteln selbstverständlich auch. Hier kann, wie in der Küche, eine Händedekontamination mit geruchsneutralen Präparaten sinnvoll sein.

Studien haben gezeigt, dass auch das medizinische Personal in Kliniken die Hände seltener reinigt, als dies notwendig wäre. Mit welchen Maßnahmen lässt sich die Compliance beim Händereinigen erhöhen?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Hier steht die Schulung von Pflegepersonal und vor allem der Ärzteschaft im Vordergrund. Denn nur wer die Abläufe bei der Infektionsübertragung versteht, kann die Motivation aufbringen, immer wieder die Hände zu waschen und zu desinfizieren. Geschult werden die Indikationen zur Händewäsche und Händedesinfektion sowie die Methodik. Dabei hat die „Eigenverantwortliche Einreibemethode" die 6-Schritte-Methode nach EN 1500 abgelöst. Diese muss mit der Schwarzlichtlampe geschult werden, um auch die Rückseiten der Finger und die Daumen sicher zu erreichen. Neben Schulungen ist die Infrastruktur entscheidend. Nur wo genügend leicht erreichbare Waschplätze und Händedesinfektionsmittelspender zur Verfügung stehen, gibt es kurze Wege und eine entsprechende Nutzung. Die Spender sollten einfach und hygienisch zu bedienen sein.

Wo sollte es überall Waschstationen im Krankenhaus geben?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Waschplätze muss es geben im Pflegestützpunkt, im unreinen Arbeitsraum, im Vorraum von Eingriffsräumen und im OP, in Untersuchungszimmern, in Sozialräumen, den Patientenzimmern und natürlich auf den Toiletten. An Waschplätzen, die auch vom Personal genutzt werden, müssen Spender für Waschlotion, Einmalhandtücher und Händedesinfektionsmittel bereitstehen. Handpflegemittel sind zusätzlich vorgeschrieben (TRBA 250). Die Spender werden sinnvollerweise im Pflegestützpunkt und im Sozialraum montiert.

Wie können sich die Patienten vor Krankenhausinfektionen schützen?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Patienten sollten zum Selbstschutz und zum Schutz der Mitpatienten die Hände öfter waschen. Eine angenehme, hautfreundliche Waschlotion und höherwertige Einmalhandtücher bieten dafür Anreize. Denn das Auge „wäscht mit", und harte, faserig-graue Tücher laden nicht gerade zum Abtrocknen ein.

Wie sollten Patientenwaschräume sonst noch ausgestattet sein, um bestmögliche Hygiene zu garantieren?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Spender für Waschlotionen sollten so beschaffen sein, dass eine Kontamination der Seife praktisch ausgeschlossen ist, eine sinnvolle Ergänzung bei Seifenspendern bieten Einwegpumpen. Seifenspender mit Armhebel zur Entnahme ohne Handberührung sind bei Patienten sinnvoll und bei Personal Pflicht (TRBA 250). Die Handtuchspender sollten eine berührungslose Handtuchentnahme durch entsprechende Entnahmeöffnungen ermöglichen. Das gesamte System sollte leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein.

Worauf sollte bei der Reinigung der Behandlungsräume und Patientenzimmer geachtet werden?

Dr. Andreas Schwarzkopf: Auch hier gilt: Schulung des Personals ist oberstes Gebot. Hier hapert es oft, und mancher Ausbruch nosokomialer Infektionen mit teilweise schweren Folgen wurde unwissentlich durch den Reinigungsdienst verursacht. Das Amt für Gesundheit der Stadt Frankfurt am Main stellte bei Begehungen teilweise gravierende Mängel fest. Die Schulung nach BGR 206 „Frankfurter Modell" hat hier messbar Abhilfe geschaffen - Geld und Zeit waren gut investiert. Aber auch hier gilt die Forderung nach guter Infrastruktur: intakte, funktionelle Putzutensilien, Einmaltücher in Infektionsbereichen, angemessene Schutzkleidung, verständliche Arbeitsanweisungen.

Zur Person

PD Dr. Andreas Schwarzkopf ist Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und bundesweit der erste öffentlich bestellte und beeidigte Sachverständige für Krankenhaushygiene. Der Tork Hygiene-Experte ist heute als ärztlicher Leiter der klinischen Abteilung und Gutachter des Analyselabors L+S AG tätig.

Zudem leitet er gemeinsam mit seiner Ehefrau das Institut Schwarzkopf, das Fortbildungen und Hygieneschulungen, Laboruntersuchungen anbietet, regelmäßig Kongresse veranstaltet und einen Verlag betreibt. Daneben hält der Privatdozent immer wieder Vorlesungen und ist als Fachautor und Herausgeber für verschiedene Verlage tätig. Dr. An­dreas Schwarzkopf lebt mit seiner Familie im unterfränkischen Aura an der Saale.

 

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