IT & Kommunikation

Telematik geht (fast) jeden an

10.11.2010 -

Per Flugzeug lässt sich in wenigen Stunden der abgelegenste Erdwinkel erreichen, noch schneller geht´s per Internet ... sofern dort hinten ein Anschluss besteht. Die Welt rückt also immer näher zusammen, sagt man. Gleichzeitig weitet sich auch der persönliche Blickwinkel rasant: Räumliche Beweglichkeit und digitale Welt sprengen die umgrenzten Mauern der eigenen regionalen Lebenswelt, des eigenen Arbeitsplatzes. So diskutieren Ärzte über Erdteile hinweg miteinander, um im Bedarfsfall die beste Therapie für einen Patienten festzulegen; überprofessionell sind Spezialisten in Netzwerken verbunden und diskutieren über Problemfälle. Mittlerweile ist das deutsche Gesundheitswesen ohne E-Health nicht mehr vorstellbar.

Auch pHealth - die personalisierte Medizin - lässt sich europaweit nur unter Zuhilfenahme leistungsfähiger E-Health-Systeme vorantreiben. Sie ist einfach unverzichtbar, wenn es darum geht, das Gesundheitswesen fortzuentwickeln, Stichwort Digitale Agenda 2020.

Unglaublich viel Stoff also für das unabhängige viertägige Forum für Gesundheitstelematik und medizinische Informationstechnologie „Medica Media". Dennoch ist es dem zehnköpfigen Fachbeirat, an dessen Spitze Projektleiter Dr. Volker Hempel steht, gelungen, ein hochkarätiges Programm mit über 100 Referenten aus Wissenschaft, Praxis und Indus¬trie zusammenzustellen. Sie berichten fachübergreifend und nutzerorientiert über den jüngsten Stand der Forschung, Entwicklung und Anwendung der Telematik. So ist die Veranstaltung Wissensforum, Fortbildungsstätte und Diskussionsplattform in einem.

Der modulare Aufbau des Programms gliedert sich in einstündige Sessions aus einführenden oder vertiefenden Workshops und Podiumsdiskussionen. Ganz neu kommen in diesem Jahr Expertengespräche zu Spezialthemen und anwendungsorientierte Präsentationen hinzu.

Der Nachwuchs wird in diesem Jahr mit einer eigenen Themenreihe bedacht: Unter dem Signum „Young Potential" erwartet die jungen Kräfte in den Querschnittsfächern der Medizin ein buntes Programm zu Berufschancen und -bildern, Förderlandschaften etc. und die Vergabe eines Nachwuchspreises.

M & K: Das Medica Media Forum zeigt jüngste Entwicklungen in Europa und Indien auf. Wie sehen diese aus? Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?

Dr. Volker Hempel: Deutschland hat im europa- und weltweiten Vergleich eine herausragende Position in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Deutsche medizintechnische Unternehmen sind Vorreiter bei zahlreichen innovativen Produkten.

Auf dem Medica Media Forum wird z.B. das Netzwerk Deutsche Gesundheitsregionen (NDGR) zeigen, was an Kooperation mit ausländischen Partnern möglich ist. Als Ergebnis einer gut einjährigen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Anbahnungsphase wurden bereits konkrete Kooperationsprojekte mit indischen Partnern auf den Gebieten der Unfallforschung, der Schlaganfallbehandlung und der Medizintechnik angestoßen.

Darüber hinaus wurde ein zielgerichteter Maßnahmenplan erarbeitet, der als „Roadmap" für deutsch-indische Kooperationen in den kommenden Jahren dienen soll. Im Rahmen des Workshops soll erörtert werden, wie die künftige internationale Zusammenarbeit vor allem mit Schwellenländern ausgebaut werden kann.

Zudem wird die digitale Agenda als europaweit relevantes Thema beim Medica Media Forum diskutiert. Mit einer breiteren Einführung und effektiveren Nutzung digitaler Technik soll Europa in die Lage versetzt werden, seine großen Herausforderungen zu meistern, während die europäischen Bürger eine höhere Lebensqualität bekommen, z.B. durch bessere Gesundheitsfürsorge, wie sie die Telematik ermöglicht.

Die Hoffnung ist konkret, dass neue telemedizinische Dienstleistungen wie Online-Konsultationen, verbesserte Notdienste und tragbare Geräte zur Überwachung des Gesundheitszustands chronisch kranker oder behinderter Menschen den Patienten eine bisher nicht bekannte Bewegungsfreiheit verschaffen.

An welchen Stellen hakt es in Deutschland bei der Umsetzung? Werden telematische Mehrwerte und Dienste ausreichend erkannt und gewertschätzt?

Hempel: Generell ist der Weg von der medizintechnischen Innovation bis in die Regelversorgung in Deutschland sehr weit. Die telemedizinischen Mehrwerte und Dienste mögen zwar zumindest von einigen erkannt werden, jedoch ist der Übergang in die Regelversorgung sehr zäh. Es gibt aber Telemedizin-Projekte, die sich bewährt haben und die die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren.

Im Medica Media Forum werden besonders für den Bereich Kardiologie erfolgreiche Projekte vorgestellt. Selbst im Bereich der Mehrwertdienste beim Aufbau der Telematik-Infrastruktur im Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) scheint es Bewegung zu geben. Im GKV-Änderungsgesetz wurden die Krankenkassen verpflichtet, Online-Dienste anzubieten, mit denen Ärzte und Krankenhäuser die eGK auf ihre Gültigkeit überprüfen können. Zudem entwickelt die Deutsche Kranken¬hausgesellschaft federführend die elektronische Fallakte (eFA) mit. Solche Telematik-Projekte werden bis zum Medica Media Forum mehr an Kontur gewinnen.

Sehen die Kostenträger ausreichende Möglichkeiten, Geld für die Umsetzung telematischer Dienste einzusetzen?

Hempel: Die gesetzlichen Krankenkassen sind in diesem Jahr auf dem Medica Media Forum erstmals sehr präsent. Das zeigt, dass das Interesse auch auf Seite der Kostenträger wächst. Laut Presseberichten wurde zumindest im Diskussionsentwurf für das GKV-Finanzierungsgesetz der Aufbau der Telematik-Infrastruktur explizit von der Deckelung der Verwaltungskosten für die Krankenkassen ausgenommen: Diese Ausgaben seien keine Verwaltungsausgaben der Kassen und damit nicht von deren Begrenzung erfasst. Beim derzeitigen Stand wären also den gesetzlichen Krankenkassen die Hände zumindest aus gesetzgeberischer Sicht nicht gebunden.

Wo glaubt die Forschung gehemmt zu werden in ihrem Bemühen, Hightech-Entwicklungen voranzubringen. Ist es nur eine Frage des Geldes?

Hempel: Die klare Antwort: Dies ist nicht nur eine Frage des Geldes. Speziell im deutschen Gesundheitswesen gibt es zahlreiche Akzeptanzprobleme, die sich gegen Hightech richten.
Die Akteure im Gesundheitswesen haben zudem sehr hohe Erwartungen an die Telemedizin, die teilweise recht unterschiedlich sind. Das Medica Media Forum bemüht sich gerade wegen dieser Akzeptanzprobleme in Deutschland, eine Brücke zwischen internationaler Entwicklung, technischen Innovationen und den Berufsgruppen in Deutschland zu bauen.

Welche Leistungen werden in deutschen Kliniken besonders nachgefragt?

Hempel: Die Krankenhäuser werden prüfen, welche Krankenhaus-IT in ihrer Kosten-Nutzen-Bewertung den größten Vorteil verspricht. Ganz sicher muss die Informationstechnologie dazu beitragen, den Krankenhausbetrieb trotz der aufgelegten und zu erwartenden Budgetbeschränkung aufrechtzuerhalten.

Dies wird Thema einer eigenen Podiumsdiskussion auf dem Medica Media Forum sein. Angesprochen werden dort z.B. der Stellenwert und die Kosten der Informationstechnologie im klinischen Prozessmanagement. Jedenfalls laut IT-Report Gesundheitswesen der FH Osnabrück von 2010 wird die IT zunehmend als ein Instrument zur Lösung unternehmerischer Probleme angesehen.

In der Hälfte der Häuser gibt es einen strategischen IT-Plan und in einem Drittel wird dieser bereits in der Krankenhausstrategie umgesetzt. Dafür liefert das Forum wertvolle Informationen.

Erstmals bietet das Forum Expertengespräche zu Spezialthemen und anwendungsorientierte Präsentationen.

Hempel: Ja, das stimmt. Das Medica Media Forum hält auch in diesem Jahr am bewährten modularen Aufbau aus Podiumsdiskussionen und Workshops fest.

Zusätzlich werden Expertengespräche zu Spezialthemen und anwendungsorientierte Präsentationen hinzukommen. Sie ermöglichen es, sich noch intensiver Themen mit allgemeinem Interesse zu widmen, wozu ein kritischer Blick auf die „Ambient Assisted Living" (AAL) zählt. Besonders wichtig sind für uns auch die Anregungen aus der aus der Medica Media Forum Community.

Insgesamt verlagert sich der Schwerpunkt des Forums mit seinem neuen Web-Auftritt von einem Informations- zu einem Kommunikationsforum. Dazu trägt auch die Reihe „Young Potential" bei. Hier sind Nachwuchskräfte im Bereich eHealth und Telemedizin angesprochen und aufgerufen, an ihren Berufschancen mitzuarbeiten. Der Workshop-Charakter vieler Veranstaltungen bietet dazu gute Gelegenheiten.

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