IT & Kommunikation

Telemedizin verbessert Brustkrebs-Vorsorge: Netzwerk-Projekte in NRW angelaufen

31.08.2014 -

Telemedizin verbessert Brustkrebs-Vorsorge: Netzwerk-Projekte in NRW angelaufen. Besonders gesicherte Computernetze ermöglichen den elektronischen Austausch von Mammographieaufnahmen und die Fernkonsultation von Experten. Erste Projekte sind in Nordrhein- Westfalen angelaufen.

In den kommenden beiden Jahren wird bundesweit jede Frau zwischen 50 und 70 eine Einladung zum freiwilligen Mammographie-Screening in ihrem Briefkasten vorfinden.
Alle zwei Jahre soll die Untersuchung wiederholt werden; die Kosten dafür tragen die Krankenkassen. Vorbild sind Screening-Programme bei den europäischen Nachbarn. Damit gelang es in Holland, England, Frankreich und Schweden, die Brustkrebssterblichkeit um 30 % zu senken.
Die technischen und organisatorischen Dimensionen des hiesigen Screening-Programms sind gewaltig.
Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen leben 2,2 Millionen Frauen im betreffenden Alter.
Bei jeder Mammographie entstehen vier Einzelaufnahmen. Somit müssen innerhalb eines Zweijahresturnus in NRW bis zu 8,8 Millionen Röntgenbilder erstellt, bewertet und archiviert werden.
Wiederum zwei Jahre später dienen diese Aufnahmen als Vergleichsmaterial für neue Mammographien.

Experten erstellen Befunde übers Datennetz
„Die Telematik-Infrastruktur war eine Voraussetzung, um ein solches Projekt überhaupt umsetzen zu können“, erklärt Prof. Dr. Walter Heindel, Leiter des NRW-Referenzzentrums Mammographie an der Universitätsklinik Münster.
Moderne Computernetze transportieren die Röntgenbilder zwischen Medizinern, Kliniken und Forschern. Die Screening- Standorte sind aus psychologischen Gründen keine normalen Arztpraxen und werden separat betrieben.
Meist arbeiten die beiden ärztlichen Fachgutachter einer Screening- Einheit gar nicht vor Ort, da die Mammographien von einer Medizinisch-Technischen Radiologie- Assistentin erstellt werden.
Diese schickt die Aufnahmen als elektronische Datei an die andernorts arbeitenden Fachärzte. Dort begutachten die Mediziner die Bilder direkt am Computerschirm.
Über das Datennetz gehen die Mammographien auch an das zentrale NRW-Krebsregister in Münster, wo Forscher sämtliche Mammographien aus NRW auswerten.
Durch den Einsatz von Computer und Datennetz reduziert sich der Archivaufwand auf einen Rechner mit leistungsfähigen Festplatten.
Allerdings stellt sich beim Onlinezugriff auf elektronische Mammographiearchive natürlich auch die Frage nach der Sicherheit der Patientendaten, zumal Ärzte durch ihre Schweigepflicht persönlich für den Schutz des Patientengeheimnisses haften.
„Ärzte sind keine Netzwerkspezialisten.
Woher sollen sie wissen, welche Technik die nötige Sicherheit für ihre Screening-Einheit bietet?“, so Andreas Lüddeke, verantwortlicher Projektleiter beim ITK-Dienstleister Pironet NDH.

Knackpunkt Daten- und Gerätesicherheit
Das Unternehmen gehört zu einer Hand voll Anbieter, die nach den strengen Sicherheitsanforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV-Safenet-Standard) Screening- Einheiten vernetzen dürfen.
Danach übertragen die ITK-Dienstleister die Patientendaten ausschließlich über besonders gesicherte Geschäftskundennetze, die unabhängig vom öffentlichen Internet arbeiten.
Jeder Screening-Standort erhält gegen eine monatliche Pauschale eine Anschlussbox, die den Mammographie- Computer mit dem KV-Safenet verbindet.
„Zusätzlich verfügt die Box über eine Verschlüsselungselektronik, die die Patientendaten auf ihrem Weg durch das eigens hierfür abgeschottete Netz wie durch einen Sicherheitstunnel schickt“, erklärt Netzwerkexperte Lüddeke.
Zudem schickt jede Mammographie- Einheit allmorgendlich über das Datennetz standardisierte Probeaufnahmen an das zuständige Referenzzentrum. Dort prüft ein Team von Medizinphysikern und Technikern die Aufnahmen.

Vernetzung von Vorsorge und Therapie
Für Sicherheit auf Patientenseite sorgt auch die Vernetzung der Ärzte. So wird jede Mammographie immer von zwei Fachärzten beurteilt.
Das Vier-Augen-Prinzip soll Fehldiagnosen vermeiden.
Ergibt sich beim Vorsorge-Screening ein positiver Befund, lässt das Programm die betroffene Frau nicht alleine.
„Wir empfehlen die Betroffenen in diesem Fall an das nächste Brustzentrum“, erklärt Prof. Heindel. Wenn die Frau ein Brustzentrum aufsucht, schickt die Screening-Einheit über das Datennetz die Mammographiedaten an den behandelnden Klinikarzt.
Das Screening-Programm sorgt hierbei nicht nur für die technische Vernetzung zwischen Vorsorge-Screening und klinischer Therapie.
Es bringt auch die Ärzte an einen Tisch. In so genannten interdisziplinären Konferenzen tauschen sich die Ärzte des Screenings mit Chirurgen, Gynäkologen und Pathologen der Kliniken aus.
„Die Konferenzen verhindern auch Missverständnisse und Kommunikationslücken“, fügt Heindel hinzu.
Stellt der Pathologe etwa keinen Befund in der Gewebeprobe fest, prüft die Konferenz anhand der Röntgenbilder, ob die Gewebeprobe an der richtigen Stelle vorgenommen wurde.
Von den ersten 1.800 Frauen, die in den letzten Monaten in Münster untersucht wurden, trugen 24 einen Knoten in der Brust.
Ohne die Vorsorge- Mammographie wäre der Tumor unter Umständen noch Jahre unentdeckt geblieben.

Michael Hermann, Köln

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