Medizin & Technik

Wenn die Pumpe streikt

Therapie der Herzinsuffizienz

11.03.2010 -

Die Zahl der Patienten mit Herzinsuffizienz nimmt immer mehr zu. Zwar sind nach wie vor mehr Männer als Frauen von der Funktionsstörung des Herzens betroffen, doch das weibliche Geschlecht holt weiter auf. „Insgesamt leiden zwei bis drei Prozent der Bevölkerung an Herzschwäche, unabhängig von der Altersgruppe", berichtet Prof. Dr. Georg V. Sabin, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Elisabeth-Krankenhaus in Essen. Bei Männern zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr ist Herzinsuffizienz sogar die häufigste Ursache für eine stationäre Aufnahme. Die Prognose ist „vergleichbar mit einem bösartigen Tumor", sagt Sabin. Klagen die Patienten bereits bei leichter körperlicher Belastung oder in Ruhe über Beschwerden, haben sie das dritte bzw. bei Notwendigkeit medikamentöser Unterstützung das vierte Stadium der Erkrankung erreicht.

Um die Überlebenschance bei einer Herzschwäche zu erhöhen, muss diese unbedingt behandelt werden. Je nach Schweregrad kommt eine medikamentöse oder eine nicht-medikamentöse Therapie in Verbindung mit einer Änderung des Verhaltens infrage. Beide Möglichkeiten richten sich jedoch nach dem Schweregrad der Erkrankung. Bei schwerer Herzinsuffizienz (Stadium III bis IV) und Beschwerden trotz Medikamententherapie kann die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) als die Behandlung der Wahl helfen. Sie kann die Pumpleistung des Herzens verbessern. Zudem profitiert ein größeres Patientenkollektiv von der CRT, da die Indikationsstellung in den vergangenen Jahren erweitert wurde.

Lassen sich die Patienten nicht stabilisieren, müssen Herzunterstützungssysteme als Überbrückung zur Herztransplantation (Bridge To Transplant), zur Erholung des Herzens (Bridge To Recovery) oder als langfristige Alternative zur Herztransplantation (Destination Therapy) eingesetzt werden. Bei den sogenannten Bridge-to-Bridge-Patienten mit schwerem kardiogenem Schock und unterschiedlicher Ätiologie, die eine kurzfristige Kreislaufunterstützung benötigen, handelt es sich häufig um jüngere Menschen unter 60 Jahren. Meist müssen sie unter Reanimationsbedingungen oder mit unklarem neurologischem Zustand und nach einer Reanimation aus anderen Kliniken verlegt werden. Da diese Patienten an beginnendem Multiorganversagen leiden, sind Kurzzeitunterstützungen - wie Zentrifugalpumpen und Abiomed - zunächst die Systeme der Wahl.

Eine Innovation innerhalb der unterstützenden Systeme ist das HeartMate II, das im April 2009 in den USA für die Destinationstherapie die Zulassung bekam. Das Gerät wird von einem rotierenden Pumpmechanismus betrieben, arbeitet einfach und leise. Es bietet einen gleichmäßigen Blutfluss durch ein Kreislaufsystem mit nur einem beweglichen Bauteil. Außerdem ist es kleiner und einfacher zu implantieren als ein Gerät, das das Blut pulsierend fördert.

„Die Behandlung der akuten und chronischen Herzinsuffizienz mit chirurgischen Verfahren hat in den vergangenen 20 Jahren erhebliche Fortschritte gemacht", berichtet Prof. Dr. Gero Tenderich vom Internationalen Herz- und Gefäßzentrum Rhein-Ruhr am Essener Elisabeth-Krankenhaus. „Die mechanische Kreislaufunterstützung hat viele Patienten vor dem sicheren Tod bewahrt, unterliegt aber noch einer verfahrensbedingten Morbidität."

Alternativen zu mechanischen Unterstützung


Bei nicht anders behandelbaren Patienten hat sich zudem die Transplantation als Goldstandard etabliert. Jedoch gibt es hier Argumente, die in vielen Fällen gegen eine solche Therapie sprechen. Tenderich: „Nach einer Transplantation haben 64% der Patienten in Deutschland gemäß den Zahlen der BQS eine Überlebensrate von einem Jahr. Bei einer derart geringen Rate muss überlegt werden, ob man die Therapieform überhaupt noch anbietet oder sie nicht besser einstellt."

Ein weiteres Problem ist die erhöhte Nachfrage für Spenderorgane bei einem geringen Angebot. „Mit der zunehmenden Zahl von Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz benötigen wir mehr Herzunterstützungssysteme oder Kunstherzen, die es unseren Patienten ermöglichen, eine optimale Lebensqualität bis zur Transplantation oder auch als Alternative zur Transplantation zu ermöglichen", sagt der Herzchirurg.

Derzeit existieren in Deutschland fünf größere Zentren, die regelmäßig Transplantationen durchführen. Dazu gehören Bad Oeynhausen, Berlin, München, Hannover und Hamburg. „In Bad Oeynhausen lag die einjährige Überlebenschance im Jahr 2008 bei 94%", so Tenderich. Unter der Leitung von Prof. Reiner Körfer wurden hier von 1989 bis Anfang 2009 mehr als 1.700 Herztransplantationen durchgeführt. Seit Mai 2009 ist Körfer nun am Internationalen Herz- und Gefäßzentrum Rhein-Ruhr tätig. Er gilt international als Experte auf dem Gebiet der Herztransplantationsmedizin und widmet sich insbesondere der Kunstherzforschung. So war der Herzchirurg an der Entwicklung vieler Kunstherzsysteme beteiligt gewesen und hat seit 1987 insgesamt mehr als 1.600 mechanische Kreislaufunterstützungssysteme implantiert. Gemeinsam mit Ingenieuren und Technikern des Helmholtz-Institutes der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) entwickelt er zurzeit das vollimplantierbare Kunstherz ReinHeart.

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