IT & Kommunikation

Radikale Energieeffizienz in jedem Krankenhaus?

14.08.2025 - Der Gesundheitssektor ist für rund fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Mit viel Engagement bemühen sich Kliniken, ihren Energieverbrauch zu senken.

Energiepreise reagieren empfindlich auf geopolitische und gesellschaftliche Ereignisse. Die Energiepreiskrise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg führte dieses Problem deutlich vor Augen. Schätzungen gingen davon aus, dass den Krankenhäusern allein in den Jahren 2021 bis 2023 durch die hohen Energiepreise Mehrkosten von ca. drei bis sechs Mrd. € entstünden. Krankenhäuser benötigen durch ihre technischen Anlagen und Geräte im Dauerbetrieb konstant hohe Energiemengen: Ein Haus mit 400 aufgestellten Betten hat einen jährlichen Wärmeenergiebedarf von rund 10 Mio. kWh und einen Strombedarf von drei Mio. kWh. Selbst kleinere Energiepreissteigerungen können - absolut gesehen - zu hohen Mehrausgaben führen. Das Vergütungssystem der Krankenhausbetriebskosten (DRG-System) gleicht unterjährige Preisschwankungen nur mit zweijähriger Latenz aus. Ein Krankenhaus verbraucht im Jahr zwischen 15 MWh und 70 MWh Wärme pro Bett. Der Stromverbrauch schwankt üblicherweise zwischen drei MWh und 23 MWh - je nach Leistungsspektrum und Größe. Im Mittel werden rund 30 MWh Wärme bzw. 7 MWh Strom benötigt. Tippköter et al. zeigten, dass jährlich 119 kWh pro Quadratmeter Krankenhausfläche Energie in Form von Strom benötigt werden, oder anders formuliert, ein Klinikbett so viel Strom verbraucht, wie drei bis vier Einfamilienhäuser. Sowohl die Operations- als auch die Intensiveinheiten schlagen – bedingt durch z. B. Klimatechnik oder Dampfproduktion für die Sterilisationseinheit – besonders stark zu Buche. Ein Drittel der verbrauchten Energiemenge im Krankenhaus ist auf die Elektrizität zurückzuführen, verursacht aber etwa die Hälfte der anfallenden Energiekosten.

Volatile Energieeffizienz

Rund um die Uhr müssen die Notaufnahme, Operationssäle und Intensivstationen einsatzbereit sein. Dazu kommen Hightech-Geräte wie MRT und CT für die Behandlung und Diagnostik. Stromintensiv ist auch die Belüftungstechnik für keimfreie OPs, große Kühlungs- und Heizungssysteme für Gebäude und Beleuchtung. Sowohl durch die hohen Anforderungen und Standards als auch durch die Komplexität eines Krankenhausgebäudes wird der Stromverbrauch voraussichtlich immer überdurchschnittlich im Vergleich mit anderen Gebäuden bleiben. In Deutschland existieren circa 1.900 Kliniken, die durch den hohen Stromverbrauch zu beachtlichen CO2-Emissionen beitragen. Präliminäre Daten von Messreihen zeigten den Trend, dass voraussichtlich durch die Abschaltung ungenutzter Beatmungsgeräte eine kalkulierte Energieeinsparung von 24.687 kWh pro Jahr und damit eine Reduktion von 10,15 t CO2 zu erreichen wäre. Unklar bleibt bei den Berechnungen der Aufladezyklen und des Stromverbrauchs der Geräte für den Ladeprozess der internen Batterien sowohl im Stand-by- als auch im Aus-Modus. Verglichen mit dem Verbrauch großer Energiefresser wie z. B. Raumluftanlagen erscheint die Einsparung von Energie durch das Abschalten der Beatmungsgeräte zwar als winziger Beitrag, sie lässt sich aber im Gegensatz zu Einsparungsmaßnahmen in der Klimatechnik, die meist aufwendige Umbaumaßnahmen erfordern, einfach und sofort durchführen. Mögliche Änderungen von Lebenszeit und Ersatzteilbedarf der Geräte sind für die CO2-Bilanz noch nicht miteingerechnet. Bei sicherheitsrelevanten Geräten bedarf es eines Changemanagements, da die automatisierten Selbstchecks in den Nachtstunden erfolgen und das temporäre Ein- und Ausschalten allein für diese Geräte nicht ausreicht. Das Argument der prolongierten Dauer und/oder problematischen Inbetriebnahme nach Abschaltung kann bei einer Dauer von im Schnitt nur 35,5 Sekunden bis zur Betriebsbereitschaft und zum obligatorischen Kurzcheck der Funktionsfähigkeit des Narkosegerätes entkräftet werden. Allerdings ist es nach wie vor empfehlenswert, Geräte an vulnerablen Arbeitsplätzen wie Schockraum oder Sectio-OP nicht auszuschalten, um eine reibungslose Notfallversorgung zu gewährleisten.

Chancen müssen genutzt werden

Es ist möglich, durch einfachste Maßnahmen im medizinischen Alltag den Energieverbrauch und folglich CO2-Emissionen zu reduzieren. Leider fehlen bisher neue Normen und Routinen. Dazu sollte z. B. an die Hersteller die klare Forderung gestellt werden, energieeffizientere Geräte und regelbare Energiesparmodi für den Alltag im Krankenhaus zu entwickeln. Um die Ergebnisse in entsprechenden Anwendungen skalierbar zu machen, müssen Gebäude daher künftig konsequent digitalisiert werden. Das ist der erste entscheidende Schritt hin zu einem nachhaltigen Krankenhaus. Perspektivisch liegen auch bei der Beschaffung von medizintechnischen Geräten energetische Einsparpotenziale. Grundsätzlich kann ein hoher Strombedarf beim Betrieb von Linearbeschleunigern, MRT oder CT nicht gänzlich vermieden werden. Bislang war der Stromverbrauch bei Beschaffungsvorgängen selten ein relevantes Kriterium. Doch der Strombedarf für den Krankenhausbetrieb kann sich teils um Faktor zwei erheblich zwischen den Geräten unterscheiden. Hinzu kommt, dass der Strombedarf für den eigentlichen Betrieb von Großgeräten nicht den größten Anteil ausmacht. Denn zwischen 52 und 79 % des Stromverbrauchs entfallen auf den Stand-by-Betrieb, also die reine Betriebsbereitschaft. Der Energieverbrauch von Betrieb und Stand-by ist in der Regel nicht bekannt. Deshalb sollte es im Interesse der Kliniken sein, energiebezogene Aspekte bei Beschaffungsprozessen in den Blick zu nehmen. Durch die Effizienzsteigerung erfolgt ein schonender Umgang mit Ressourcen. Smart Hospital wird mit der nächsten Entwicklungsstufe zum Green Hospital. Die Optimierung oder gar Neugestaltung von Prozessen u.a. durch Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit wird die Krankenhäuser nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch besser aufstellen. Zudem regelt das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) die regelmäßige Durchführung von Energieaudits. Der finanzielle Druck in vielen Krankenhäusern ist jedoch enorm. Leistungsverdichtung und knappes Personal sowohl im pflegerischen als auch im technischen Bereich sind seit Jahren ein Dauerthema im deutschen Gesundheitssystem. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus nachvollziehbar, dass es vielen Gesundheitseinrichtungen schwerfällt, Maßnahmen für einen effizienteren Umgang mit Energie zu entwickeln und umzusetzen. Die enormen Einsparpotenziale im Bereich des Energieverbrauchs könnten den Häusern allerdings neue Spielräume für Investitionen jeglicher Art eröffnen.

Autor: Hans-Otto von Wietersheim, Bretten

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