Richtiges Händewaschen: Die Temperatur ist nicht entscheidend
08.10.2025 - Welchen Einfluss hat die Wassertemperatur, die Waschdauer und die Wassermenge auf das Händewaschen? Zwei Studien der Medizinischen Universität Wien zeigen überraschende Ergebnisse.
Gründliches Händewaschen zählt zu einer der wichtigsten Maßnahmen, um die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern. Das ist unbestritten. Aber muss dafür das Wasser wirklich warm oder heiß sein oder reicht kaltes Wasser auch aus? Und muss man sich wirklich für mindestens 30 Sekunden die Hände waschen oder sind 10 oder 20 Sekunden genug?
Das untersuchte Prof. Dr. Miranda Suchomel vom Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie der Medizinischen Universität Wien mit ihrem Team. Dazu wurden im Prüflabor Händewaschversuche mit einer Lösung mit E. coli-Bakterien bei verschiedenen Temperaturen und Zeiten durchgeführt.
„Der Auslöser für diese Studie war, dass ich in der Literatur immer wieder gefunden haben, dass es egal ist, ob man sich die Hände mit kaltem oder warmem Wasser wäscht“, berichtet die Wissenschaftlerin. Bei diesen Studien ging es jedoch eher darum, welche Temperatur die Probanden als angenehm empfanden. Die Überprüfung der Wirksamkeit war dabei nie ein Thema.

Überprüfung anhand der Norm EN 1499
Suchomel und ihr Team verfolgten einen anderen Ansatz: überprüft wurde der Einfluss der Wassertemperatur und der Waschdauer auf das Händewaschen mit Hilfe einer abgespeckten und veränderten Version der Norm EN 1499. Anhand dieser Norm wird normalerweise am Institut von Suchomel die Wirksamkeit von desinfizierenden Seifen nachgewiesen.
Bei den Versuchen zur aktuellen Studie wurde jedoch die Seife beim Händewaschen weggelassen, um so allein die Wirksamkeit des kalten und warmen Wassers überprüfen zu können. „Normalerweise wird ja die Seife in den Händen verrieben und die Wassertemperatur kommt nur beim Abspülen zum Tragen. Also ist dann nur noch die Abspültemperatur relevant, nicht die Waschtemperatur“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Vorhergehende Studien hatten auch gezeigt, dass in öffentlichen Bereichen beim Händewaschen oft keine Seife benutzt wird oder auch gar keine Seife oder nur kaltes Wasser an den Waschplätzen vorhanden ist. In der Literatur wird auch beschrieben, dass die Waschzeit meist nur ganz kurz ist.
Um die Realität gut abzubilden, hat die Wissenschaftlerin bei ihren Versuchen daher auch ganz kurze Waschzeiten von jeweils 10 und 20 Sekunden angesetzt im Vergleich zu einer Minute Referenzwaschverfahren. Außerdem wurde 4 Grad kaltes und 40 Grad warmes Wasser verwendet.
Hohe Reduktion in kurzer Zeit
„Ich persönlich war vom Ergebnis erstaunt“, kommentiert Suchomel ihre erhobenen Daten. So zeigte sich, dass alle Varianten, ob 20 und 10 Sekunden, ob kaltes oder warmes Wasser, signifikant schlechter abschnitten als das Referenzwaschverfahren mit einer Minute – allerdings war der Unterschied gar nicht so groß. „Mit dem Referenzwaschverfahren mit einer Minute haben wir eine Keimreduktion von 2,7 Log-Stufen geschafft und in 20 Sekunden mit warmem Wasser immerhin noch 2,39 Log-Stufen. Das ist eine hohe Reduktion in der kurzen Zeit.“
Und auch die Variante mit 20 Sekunden Waschzeit und 4 Grad kaltem Wasser zeigte gute Ergebnisse: hier lag die Keimreduktion immerhin noch bei 2,2 Log-Stufen.
Allerdings war die Keimreduktion, egal ob bei 4 oder bei 40 Grad, bei einer Waschzeit von nur 10 Sekunden signifikant schlechter. Das heißt: der Driving-Factor war nicht das kalte oder warme Wasser, sondern die Zeit. „Es scheint also egal, welche Wassertemperatur man zum Händewaschen verwendet. Feststellen lässt sich jedoch: je länger man die Hände wäscht, desto besser“, so Suchomel.
Der Einsatz von kaltem Wasser hat laut der Wissenschaftlerin einige Vorteile, z. B. für den Hautschutz. So öffnen sich beim Händewaschen mit heißem Wasser die Poren, die Gefäße erweitern sich, die Haut wird aufgeschwemmt und es können Eintrittspforten für Mikroorganismen entstehen. Außerdem führe das Händewaschen mit kaltem Wasser zu einer Energieeinsparung.
„Auf der anderen Seite ist das Händewaschen mit extrem kaltem Wasser wie zum Beispiel mit 4 Grad Celsius, aber auch mit 10 Grad, nicht gerade angenehm. Das könnte dazu führen, dass man sich nicht die ganze Hand ausreichend lang wäscht, sondern vielleicht nur die Fingerspitzen benetzt“, so Suchomel.
Weniger Wasser, weniger Keime
In einer zweiten Studie der Wissenschaftlerin, die bisher noch nicht publiziert wurde, gab es ebenfalls überraschende Ergebnisse. So zeigte sich, dass ein geringeres Wasservolumen beim Abwaschen einer aufgebrachten E. Coli-Suspension zu einer höheren Reduktion von Keimen führt. Wenn weniger Wasser für den Waschvorgang zur Verfügung steht, werden anscheinend automatisch die Hände stärker gerieben und der mechanische Effekt wirkt sich positiver aus.
Der Hintergedanke beider Studien war, wie man beim Händewaschen Ressourcen sparen kann, ohne, dass die Hygiene darunter leidet. „Wenn es um das Händewaschen geht, haben wir Einsparpotentiale sowohl bei der Temperatur als auch bei der Wassermenge. Für uns war wichtig, dies einmal systematisch unter Anwendung einer europäischen Norm zu untersuchen“, so Suchomel.
Autorin:
Alexandra Höß, Hamburg
Der Beitrag ist in der M&K Ausgabe Oktober auf S. 10 erschienen.