Hygiene

Bedeutung und Gefährdungspotential von Stechmücken

27.10.2025 - Die Bekämpfung der einstigen Lästlinge, heute mit humanmedizinischer Relevanz, verlangt nach einem ökologisch sinnvollen Umweltmanagement.

Stechmücken haben als Lästlinge und noch vielmehr als Überträger gefährlicher Krankheiten wie Malaria, Dengue, Chikungunya, Zika oder Gelbfieber eine herausragende Bedeutung für die Menschheit, weshalb sie seit Jahrhunderten intensiv untersucht und bekämpft werden. Bereits in der Antike hat Aristoteles sich mit der Biologie der Stechmücken befasst und Herodot das Schlafen unter Bettnetzen propagiert, um Stechmücken vom Stechen abzuhalten. Der Durchbruch in der medizinischen Entomologie wurde allerdings erst Ende des 19. Jahrhunderts verzeichnet, als Ronald Ross den Nachweis erbrachte, dass die Anopheles-Mücken Malaria übertragen und Walter Reed zeigen konnte, dass Aedes aegypti Gelbfieber überträgt.

Stiche mit letalen Folgen

Heute sind weltweit mehr als 3500 Stechmückenarten bekannt, davon sind mehr als 1000 Arten Vektoren (Überträger) von Krankheiten. In Europe kommen heute 102 und in Deutschland 52 Stechmückenarten vor. Die Stechmücken sind somit eine kleine Insektenfamilie, wenn man bedenkt, dass es nahezu 400.000 Käfer- oder mehr als 160.000 Schmetterlingsarten gibt. Aber man kann mit gutem Recht behaupten, dass es kein Tier auf der Welt gibt, das die Geschicke der Menschen so maßgeblich negativ beeinflusst hat, wie Stechmücken, da etwa jede Minute ein Mensch an einem Stechmückenstich stirbt.

Malaria weist trotz weltweit erheblicher Anstrengungen noch die höchste Sterblichkeit mit weltweit mehr als 600.000 Toten und etwa 260 Mio. Neuinfektionen auf. Es sind vorwiegend Kinder im Alter bis fünf Jahren in Afrika betroffen. Was die Zahl der Neuinfektion angeht, laufen die Arbovirosen (Viruserkrankungen, die von Arthropoden z.B. Stechmücken übertragen werden) seit geraumer Zeit der Malaria den Rang ab. Die WHO schätzt, dass weltweit etwa 390 Mio. mit Dengue-Viren und zunehmend auch mit Chikungunya- oder Zika-Viren infiziert werden.

Bekämpfung nach dem „One Health Prinzip“

In Deutschland waren die Stechmücken bis Anfang des 21. Jahrhunderts ausschließlich Lästlinge, wobei die Überschwemmungsmücken wie z.B. Aedes vexans und Aedes sticticus nach Hochwässern entlang von Flüssen und Seen mit Wasserstandsschwankungen oft zu erheblichen Plagen führen können. Dies reduziert nicht nur die Lebensqualität der Menschen, sondern führt auch zu großen ökonomischen Verlusten z.B. in der Gastronomie. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Ruf nach Stechmückenbekämpfung in Gebieten wie dem Oberrheingebiet laut ist.

Oft brüten die Überschwemmungsmücken in ökologisch wertvollen Gebieten, wie Auenbereiche mit einer hohen Biodiversität. Eine Bekämpfung muss daher nicht nur effektiv, sondern vor allem auch umweltverträglich sein. Sie muss nach dem „One Health Prinzip“ erfolgen, bei dem das Wohl der Menschen, das Wohl der Tiere und das Wohl der Natur gleichermaßen Berücksichtigung finden. Der Eingriff muss sehr sorgfältig geplant und so vorgenommen werden, dass diese Ziele erreicht werden. Dies gewährleistet der Einsatz von Formulierungen auf der Basis von Bacillus thuringiensis israelensis, dessen Eiweiße gezielt nur Mückenlarven abtöten und alle anderen Organismen unbeschadet lassen, sodass die Biodiversität nicht messbar beeinträchtigt wird.

Vom Lästling zur ernsten Bedrohung

Seit 2020 sind die Stechmücken in Deutschland nicht nur Lästlinge, sondern erstmals mit den ersten Fällen von West-Nil-Fieber bei Menschen von human-medizinischer Bedeutung. West-Nil-Fieber ist eine Zoonose, wobei die Flaviviren von Stechmücken auf Vögel übertragen werden. Menschen und Pferde sind Fehlwirte, bei denen allerdings in wenigen Fällen Infektionen tödlich verlaufen können. West-Nil-Viren werden vorwiegend von den Hausmücken Culex pipiens übertragen. Seit 2018 werden regelmäßig West-Nil-Infektionen bei Vögeln und Pferden berichtet und seit 2019 auch bei Menschen.

Die bekannten Infektionszahlen sind mit meist weniger als 30 schweren Infektionen bei Menschen/Jahr zwar gering, allerdings erkrankt nur etwa eine Person von 100 Infizierten schwer, sodass es eine große Dunkelziffer bei den Infizierten gibt. Bereits seit 2011 führt das Usutu-Virus – ebenfalls ein Flavivirus – in unregelmäßigen Abständen zu einem Massensterben bei Vögeln und zwar vorwiegend bei Amseln (Turdus merula). Für Menschen ist dieses Virus weitgehend ungefährlich.

Von den Tropen in die gemäßigten Breiten

Mit der Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) in Deutschland, die ein sehr guter Vektor von wichtigen Arboviren ist, wird die Problematik der von Stechmücken übertragenen Krankheiten wesentlich verschärft. Aedes albopictus führt in unbekämpften Gebieten durch ihr aggressives Stechverhalten auch am Tage oft zu erheblichen Belästigungen und kann darüber hinaus gefährliche Krankheitserreger wie z.B. Dengue-, Chikungunya- oder Zika- Viren übertragen.

Das Risiko hierfür ist in Deutschland zwar noch gering, nimmt aber mit der Klimaveränderung zu. Im mediterranen Raum kommt es seit 2007/10 regelmäßig zu bodenständigen (autochthonen) Übertragungen von Dengue- und Chikungunya- Viren (z.B. in Italien 2024: 213 Dengue-Fälle). Mit der ersten bodenständigen Übertragung von Chikungunya-Viren – sehr wahrscheinlich durch die Asiatische Tigermücke – im Elsass in diesem Jahr wird die Gefahr, die auch bei uns von der Tigermücke ausgeht, unterstrichen. Die Tigermücke wurde in Deutschland erstmals 2007 nördlich von Weil am Rhein an der A5 nachgewiesen. Seitdem hat sie sich explosionsartig in Südwest-Deutschland vorwiegend im Oberrheingebiet aber auch in Berlin, Dresden, Nürnberg oder München ausgebreitet.

Sie führt in unbekämpften Gebieten oft zu erheblichen Belästigungen, so dass betroffene Bewohner sich kaum ohne starke Stichbelästigungen im Freien aufhalten können. Sie gilt nach der afrikanischen Fiebermücke Anopheles gambiae und der Gelbfiebermücke Aedes aegypti wegen ihrer sehr guten Vektorkompetenz für Arboviren als die drittgefährlichste Mücke. Das Risiko hierfür ist in Deutschland zwar noch gering, nimmt aber mit der Klimaveränderung zu.

Brutgewässer identifizieren und eliminieren

Die Tigermücke ist eng an den Siedlungsbereich des Menschen gebunden und brütet dort in kleinsten, meist künstlichen Wasser­ansammlungen die mindestens fünf Tage Wasser enthalten, z.B. in Regentonnen, Gullys, Eimern, Gießkannen, Blumentopf-Untersetzern, ungenutzten Blumenvasen etc. Die Eier überstehen Trockenheit und auch kalte Winter.

Die Bekämpfung der Asiatischen Tigermücke muss auch nach dem „One-Health-Prinzip“ erfolgen und sollte zunächst bei den Entwicklungsstadien in den Brutplätzen ansetzen. Dort kann sie biologisch mit Eiweißen von Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) unterstützt durch ökologisch gerechtes Umweltmanagement und immer unter maßgeblicher Beteiligung der Bevölkerung kosteneffizient und effektiv bekämpft werden – Voraussetzung ist natürlich, dass die Bevölkerung intensiv aktiv mitwirkt.

In erster Linie gilt es alle unnötigen Wasseransammlungen auf den Grundstücken zu vermeiden bzw. zu entfernen. Brutgewässer wie ungenutzte Behälter (Gießkannen, Eimer oder Blumenkübel) sollten umgedreht stehen oder unter Dach lagern, damit sich kein Regenwasser ansammeln kann. Regenfässer können mit Mosquitonetzen lückenlos abgedeckt werden, damit Mückenweibchen nicht zur Eiablage kommen.

Erst wenn alle prophylaktische Maßnahmen vorgenommen wurden, sollte mit dem Biozid Bti behandelt werden. Neue Untersuchungen zeigen, dass die Kombination von Bti mit Kleinkrebsen (ca. 2,5 mm große Hüpferlinge) eine nachhaltige und langfristige Reduktion der Tigermücken in Regenfässern ergeben. Nach Behandlung mit Bti können Kleinkrebse als effektive Fressfeinde in Regenfässer eingesetzt werden, die nachhaltig über einige Wochen frischgeschlüpfte Erstlarven der Tigermücken vertilgen und sich ggf. in den Regenfässern vermehren. Dadurch können die Bekämpfungskosten reduziert und die Effizienz gesteigert werden. Kommt es allerdings zu einer bodenständigen Übertragung von Arboviren durch die Tigermücke müssen chemische Insektizide in Form von Pyrethroiden eingesetzt werden.

Autor:

Prof. Dr. Norbert Becker, Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung e.V. – Institut für Dipterologie (GFS-IfD), und Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) e.V., Speyer

Dieser Beitrag in der Sonderausgabe M&K Kompakt Hygiene auf S. 14 erschienen.

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