Hygiene

Right pill? Right patient? Right time?

Patientensicherheit in der Arzneimittelversorgung

16.06.2010 -

Das EU-Interreg-4A-Forschungsprojekt der Fachhochschule Flensburg und 19 Krankenhäusern beschäftigt sich unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Bothe mit Maßnahmen, die zur Verbesserung der Patientensicherheit beitragen. Die beteiligten Kliniken auf deutscher und dänischer Seite haben sich zum Ziel gesetzt, den länderübergreifenden Austausch insbesondere auf Grundlage von Methoden und Instrumenten, die bereits erfolgreich in der Praxis getestet wurden, zu fördern.

Ein Teilaspekt, der Medikationsprozess, stellt im Krankenhaus ein enormes Sicherheitsoptimierungspotential dar: Die Medikation. Sie ist mit 30 Mrd.€ jährlich verordneter Tagesdosen in Deutschland das am häufigsten zum Einsatz kommende Therapieprinzip. Medikationsfehler stellen daher das quantitativ bedeutendste Risiko für die Sicherheit von Patienten dar. Eine aktuelle Bostoner Studie zeigt, dass in den USA 10 % aller Patienten im Rahmen ihres Aufenthalts eine falsche Medikation erhalten. Dabei kann es sich um ein falsches Medikament, eine falsche Dosierung oder um eine falsche Verabreichung handeln.

Neben der Einrichtung eines sanktionsfreien Meldesystems von Beinahe-Fehlern und aktiven Patientensicherheitsmessungen durch das IHI Global Trigger Tool, eine Software des Institute für Healthcare Improvement, haben sich die Projektpartner auch mit den Möglichkeiten der Verbesserung des bestehenden Medikationsprozesses beschäftigt. So gelang es beispielsweise dem Missouri Baptist Medical Center (MBMC) in St. Louis, USA, mittels Einführung eines elektronischen Medikamentenverteilungssystems die Anzahl der gemeldeten Medikationsfehler deutlich zu reduzieren. Waren es im Jahr 2002 noch bis zu 3,5 gemeldete Ereignisse je 1.000 Liegetage, konnten nach der Einführung diese Ereignisse auf weniger als 0,25 je 1.000 Liegetage reduziert werden.

Herkömmlichen Medikationsprozess ‚versichern‘
Grundsätzlich lässt sich der Medikationsprozess in die Phasen Informationsgewinnung, Verordnung, Arzneimittelbereitstellung, Arzneimittelverabreichung und Dokumentation der Arzneimittelverabreichung unterteilen. Fehler können in jeder Phase des Prozesses auftreten. Bereits jetzt ist eine verbesserte Medikationssicherheit in einzelnen Krankenhäusern wie im MBMC in St. Louis Realität. Elemente hiervon werden vereinzelt bereits auch in deutschen Häusern eingesetzt. Im Folgenden soll Schritt für Schritt ein optimierter Prozess dargestellt werden:

  1. Eindeutige Identifikation: Bei der Arzneimittelverabreichung ist die eindeutige Identifikation des Patienten mittels Identifikationsarmbänder ein zentraler Faktor. Auch das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. stellte in einer Empfehlung heraus, dass der Einsatz von Patientenarmbändern mit Namensaufdruck und Barcode einer Medikamentenverwechslung bei Vergabe vorbeugt.
  2. Computerized physician order entry (CPOE): Der behandelnde Arzt nimmt direkt am Patientenbett die notwendigen Verschreibungen digital vor. Unleserliche Schrift als Fehlerquelle wird ausgeschlossen.
  3. Beteiligung des Apothekers: Computergestützt finden Überprüfungen der neuen Verordnung in Bezug auf bestehende Verordnungen und klinische Parameter statt. Zudem wird durch den Krankenhausapotheker die Bestellung überprüft. Nach diesen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen können Stellungen von Medikamenten zum Beispiel im Unit-Dose-Verfahren beginnen.
  4. Unit-Dose: Die Medikamente werden maschinell aus dem Lager geholt, dosiert abgepackt und anschließend auf Station pro Gabe an die Pflegekräfte ausgegeben. Diese prüfen zusätzlich, ob die Daten des Medikaments mit den patientenindividuellen Daten übereinstimmen.
  5. Computergestützte Verabreichung: Bei der Verabreichung wird zwischen den Strichcodes auf den Medikamenten und den Armbändern des Patienten direkt durch einen Scanner abgeglichen. Außerdem verhindern sogenannte „Smart Pumps", anders als gängige Infusomaten, dass über Infusomaten zu verabreichende Medikamente außerhalb der vorgesehenen Geschwindigkeitsbandbreite laufen können.

Integratives Konzeptmit Potential

Die Anzahl von Medikationsfehlern verringert sich in den Beispielkrankenhäusern bei der Anwendung des dargestellten Maßnahmenbündels von Identifikationsarmbändern, CPOE, Unit-Dose-System und der Einbindung des Apothekers in den Kontrollprozess deutlich. Dem gegenüber stehen hohe Investitionskosten in leistungsfähige Hard- und Software. Auch die Einbindung verschiedener EDV-Systeme (Labor, KIS, Apotheke) ist notwendig. Dafür gibt es ebenso eine Vielzahl positiver Aspekte, die sich nicht nur im erheblichen Einsparpotential einer Klinik beim Arzneimittelverbrauch zeigen. Dies unterlegt u.a. ein Beispiel aus der Schweiz, das zeigt, dass Einsparungen bei den Arzneimittelkosten um bis zu 12% je stationärem Fall möglich sind.

Neben der stringenteren Befolgung zeitlicher Verabreichungsvorgaben sind als weitere Vorteile u.a. die sehr gute Unterstützung des Betäubungsmittel- und Verfalldatenmanagements und die elektronische Unverträglichkeits- und Wechselwirkungsprüfung zu nennen.

Die deutliche Reduktion von ‚neuralgischen Punkten‘ im gesamten Medikationsprozess trägt zu einer Verbesserung der Patientensicherheit in erheblichem Maße bei - unter der Voraussetzung, dass die Infrastruktur vorbereitet ist. Vermiedene Kosten eines verlängerten Krankenhausaufenthaltes aufgrund einer Fehlmedikation kommen hinzu

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