Aus den Kliniken

Charité und PTB erforschen Krankheiten mit neuartigen Quantensensoren

21.10.2025 - Schizophrenie, Parkinson, Epilepsie: Diese und andere neurologische Erkrankungen sind noch nicht vollständig verstanden. Einen Schub neuer Erkenntnisse verspricht das neue OPM-MEG-Zentrum.

(vorn v.l.): Prof. Peter Krüger, Wissenschaftlicher Zentrumsleiter der PTB; Prof. Joachim Spranger, Dekan der Charité; Prof. Cornelia Denz, Präsidentin der PTB; Prof. Peter Uhlhaas, Wissenschaftlicher Zentrumsleiter der Charité. Hinten v.l.: Dr. Ina Czyborra, Berliner Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege; Dr. Arne Höll, Leitung Referat VI B2 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) Foto: Charité / René Krempin

Das Zentrum wurde von der Charité – Universitätsmedizin Berlin gemeinsam mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) heute in Anwesenheit der Berliner Wissenschaftssenatorin Dr. Ina Czyborra eröffnet. Erstmals werden hier die sogenannten OPM-Sensoren, die die winzigen Magnetfelder des menschlichen Hirns messen, in größerem Stil in der klinischen Forschung eingesetzt. Das Zentrum ist ein Beispiel dafür, wie aktuellste Quantenmetrologie in die medizinische Anwendung gebracht und zudem der Technologietransfer gefördert wird.

Wenn Neuronen im Gehirn feuern, dann fließen winzige Ströme. Die entstehenden Magnetfelder kann man mithilfe spezieller Quantensensoren messen. Das Verfahren nennt sich Magnetoenzephalographie (MEG) und liefert wertvolle Informationen über die Funktionen des Gehirns. So lassen sich beispielsweise Hirnrhythmen auslesen, die an den Bewegungsstörungen bei Parkinson beteiligt sind oder bei Psychosen eine wichtige Rolle spielen.

Ein neuer Typ der Quantensensoren sind optisch gepumpte Magnetometer (OPMs). Sie ermöglichen es, die Hirnsignale bei Zimmertemperatur mit einer bisher unerreichten Kombination aus Echtzeit- und räumlich hochauflösender Funktionsmessung zu erfassen. Anders als die bislang üblichen Sensoren, die extrem gekühlt werden mussten, haben OPM-Sensoren direkten Kontakt zum Kopf. Somit eignen sie sich auch für Patient*innen, die sich bewegen, wie etwa Kinder oder Menschen mit Parkinson.

Gebündelte Expertise

Um die vielversprechenden Möglichkeiten der neuen Technologie auszuschöpfen, haben Charité und PTB nun auf dem Campus Charité Mitte – also in größtmöglicher Nähe zu Patient*innen – ein OPM-MEG-Zentrum eingerichtet. Damit bringen beide Partnerinnen ihre jeweilige Expertise zusammen: Die PTB mit ihrer langjährigen Erfahrung rund um biomagnetische Messungen mit Quantensensoren und die dazu nötige Abschirmung wird für die gesamte Messtechnik und deren Weiterentwicklung zuständig sein. Diese setzt die Charité für Forschung im Bereich neurologischer Mechanismen und psychiatrischer Erkrankungen sowie für klinische Studien an größeren Patientengruppen ein. Die kombinierte Expertise verleiht dem Zentrum das Potenzial, zu einer führenden Anlage für das Verständnis, die Erkennung und die Behandlung psychiatrischer und neurologischer Störungen zu werden. Gleichzeitig soll die OPM-Messtechnik für eine breitere klinische Anwendung weiterentwickelt werden.

Das Herzstück des Zentrums bildet die neueste Generation eines Ganzkopf-OPM-Systems mit 96 OPM-Sensoren, finanziert dank einer Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Charité übernahm die Baukosten, die PTB stellt und betreibt die vom Bund finanzierte magnetisch geschirmte Kabine. Die schwachen magnetischen Signale des menschlichen Gehirns lassen sich nämlich nur messen, wenn man äußere Magnetfelder, etwa der Erde oder eines in der Nähe vorbeifahrenden ICEs, sorgsam abschirmt. In der neuen Kabine wird mit geringstmöglichem Materialaufwand ein höchstmöglicher Schirmfaktor erreicht.

Quantensensorik verbessern, Gehirn-Computer-Schnittstellen weiterentwickeln

Das neue Zentrum wird von Forschungsgruppen beider Einrichtungen genutzt werden. Die PTB-Wissenschaftler*innen fokussieren sich auf Forschung in der Quantensensorik, die Umsetzung verlässlicher Quantenmetrologie und eine beschleunigte Technologieentwicklung. Charité-Forschende wollen beispielsweise epileptische Herde im Gehirn insbesondere von Kindern exakter identifizieren, um deren chirurgische Entfernung zu erleichtern. Auch die Entwicklung von modernen Gehirn-Computer-Schnittstellen, die unter anderem die Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu verbessern suchen, soll in dem neuen Zentrum vorangebracht werden.

Um den komplexen Technologietransfer im biomedizinischen Bereich der Quantentechnologie zu beschleunigen, sind Forschungskooperationen mit weiteren Partnerinstitutionen aus Wissenschaft und Wirtschaft geplant. Nicht zuletzt werden junge Start-up-Firmen das Zentrum nutzen können und von Qualitätssicherung und Technologievalidierung profitieren. So trägt das neue OPM-MEG-Zentrum zu den Zielen der Berliner Initiative Berlin Quantum und Berlin UNITE bei, der jüngst gegründeten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Start-up Factory für Berlin-Brandenburg. 

Dr. Ina Czyborra, Berliner Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege: „Mit dem neuen Zentrum schaffen wir ideale Voraussetzungen für Durchbrüche in der biomedizinischen und klinischen Neuroforschung sowie bei der Entwicklung quantensensorischer Technologien. Diese Kooperation zweier Spitzeninstitutionen in einem starken Innovationsumfeld zeigt die Stärke des Berliner Ökosystems als exzellenter Wissenschafts- und Technologiestandort und setzt europaweit Maßstäbe. Als wegweisende Plattform für den Einsatz von OPM-MEG in der klinischen Forschung wird das Zentrum neue wissenschaftliche Exzellenz und innovative Start-ups anziehen und weitreichende Impulse für Forschung, Gesundheitsversorgung und Hightech-Industrie geben.“

Prof. Joachim Spranger, Dekan der Charité: „Die Neurowissenschaften gehören zu den Forschungsschwerpunkten der Charité, die herausragende Kompetenz unserer Wissenschaftler*innen spiegelt sich in Initiativen wie dem Exzellenzcluster NeuroCure, dem Sonderforschungsbereich RETUNE oder dem Einstein-Zentrum für Youth Mental Health. Mit dem neuen OPM-MEG-Zentrum stärken wir die neurowissenschaftliche Forschung an der Charité und in Berlin weiter – immer mit dem Ziel, Erkrankungen wie Schizophrenie, Epilepsie, Autismus oder Parkinson besser zu verstehen und behandeln zu können. Dafür ist die Verbindung unserer klinischen Expertise mit der technologischen Kompetenz der PTB außerordentlich wertvoll, und ich freue mich, dass wir gemeinsam einen so wichtigen Impuls setzen können.“

Prof. Cornelia Denz, Präsidentin der PTB: „Wir freuen uns, dass mit dem neuen OPM-MEG-Zentrum zwei Institutionen der Spitzenforschung jetzt noch enger kooperieren. Die PTB kann hier unter besten praxisnahen klinischen Bedingungen in einem Reallabor ihre Sensorsysteme weiterentwickeln und sie im Rahmen ihres Quantentechnologie-Kompetenzzentrums (QTZ) und des geplanten Berliner Transferzentrums für die Quantentechnologie (BT-Q) für eine industrielle Verwertung und Zulassung qualifizieren. Das neue Zentrum ist ein erstes Beispiel für den zurzeit äußerst spannenden Übergang der Quantentechnologien in die Kommerzialisierung.“

Über das OPM-MEG-Zentrum

Das Zentrum für Magnetoenzephalographie mit optisch gepumpten Magnetometern (OPM-MEG) steht unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Peter Uhlhaas (Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Charité) sowie Prof. Peter Krüger (Leiter des Fachbereichs 8.2 Biosignale der PTB).

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